Power aus der Matrix A8 gegen S-Klasse ins rechte Licht gerückt
25.10.2013, 14:53 Uhr
Durch die neuen Scheinwerfer geschärft, bleibt es ansonsten bei sanften Retuschen.
(Foto: Holger Preiss)
Es sind die Innovationen bei den Großen, die die Kleinen beflügeln sollen. Insofern hat auch Audi nach knapp vier Jahren seinem Luxusliner eine Kur angedeihen lassen. Herausgekommen ist ein Auto mit einem einzigartigen Lichtkonzept, durchweg neuen sportlichen Motoren und einer dezent geschärften Optik.
Nachdem Mercedes seine S-Klasse in diesem Jahr auf Stand gebracht hat, haben jetzt auch die Ingolstädter nachgezogen. Auf der IAA feierte das neue Flaggschiff von Audi seine Weltpremiere und Mitte November soll es dann im Reigen der Premiumfahrzeuge wieder ganz vorne mitspielen. Und das aus gutem Grund. Hatte Audi doch, was Innovationen bei seinem Luxusgleiter betrifft, schon immer mit neuen Ideen auf sich aufmerksam gemacht. 1988 ist der Hersteller die erste Marke, die in der Oberklasse Allrad anbietet. 1994 überrascht man mit einer Karosserie, die komplett aus Aluminium ist, und wird so zum Vorreiter im Leichtbau. Mit der vierten Generation verfeinert man ab 2010 die Fertigung. Das Ganze wird detailorientierter und erhält Manufakturcharakter. Jetzt soll die fünfte Generation überzeugen und natürlich gilt es auch hier, Neues und Zukunftsweisendes zu präsentieren.
Um das in die richtige Form zu gießen, hat Audi die "sportlichste aller Luxuslimousinen", wie die Ingolstädter mit Stolz geschwellter Brust verkünden, schärfer gemacht. Die Motorhaube ziert jetzt eine Doppelsicke, die Lufteinlässe sind dynamischer in die gesamte Frontpartie integriert, das Heck gestrafft und bei allen Modellen mit zwei trapetzförmigen Endrohrblenden bewehrt. Lediglich den S8 mit seinen 520 PS zieren weiterhin zwei Doppeldiffusoren. Geht man zurück zur Front, fallen besonders die flachen Scheinwerfer mit ihrem LED-Kranz und der Wimperngrafik ins Auge.
Licht aus der Matrix
Und die Scheinwerfer haben es nicht nur optisch in sich. Hier steckt mit Abstand das meiste Know-how des neuen A8 drin. Für zusätzlich 2400 Euro bietet Audi nämlich innovativste Lichttechnik - unter anderem auch einen neuen Richtungsanzeiger. Der Oberklasse-Blinker baut sich aus nacheinander aufleuchtenden Lichtelementen auf, wodurch der Abbiegewunsch besser zuzuordnen sein soll. Doch das ist eher ein nettes Feature. Blinker in Fahrtrichtung gab es schon in den 1990er Jahren, nur nicht so fein ausgeprägt durch LED-Technik.
Viel interessanter ist hier die Funktion der so genannten Matrix-LED-Scheinwerfer. Die sind nämlich in der Lage mit variabler, kamera- und navigationsdatenbasierter Lichtverteilung bis zu acht Verkehrsteilnehmer einzeln auszublenden, ohne dass der Fahrer etwas dazutut. Im Zusammenspiel mit der Kamera und dem Nachtsicht-Assistenten wird das Fernlicht in Teilbereichen ausgeschaltet und nach Verschwinden des Objektes vollautomatisch wieder eingeschaltet. Dabei wird zwischen Personen, Fahrzeugen und Gegenständen unterschieden. Während die einen aus dem Lichtkegel verschwinden, setz die Matrix alles andere ins rechte Licht. Dank der einzeln anzusteuernden LEDs, ist der A8 auch das erste Auto, dessen Kurvenlicht ohne zusätzlichen Motor funktioniert.
Darf es etwas mehr Power sein?
Krachen lassen es die Ingolstädter so richtig bei den Motorisierungen. Müssen sie auch, denn schließlich haben sie sich auf die Fahne geschrieben, die sportlichsten Luxusliner aller Premiumhersteller zu haben. Und tatsächlich ist keines der Triebwerke in der fünften A8-Generation unbearbeitet geblieben. Was unter anderem zur Folge hat, dass alle Aggregate heute schon die Euro 6-Abgasnorm erfüllen. Die sportliche Lichtgestalt bleibt natürlich der S8. Einem Dampfhammer gleich beschleunigt der Achtzylinder, der aus seinem Hubraum von 3993 Kubikzentimetern satte 520 PS generiert und den um 231 Kilogramm erleichterten Business-Renner über die bewährte 8-stufige tiptronic in 4,1 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigt. Wie üblich ist der Geschwindigkeitsrausch bei 250 km/h elektronisch beendet. Mit Hilfe der Abschaltung der Hälfte der Zylinder bei Teillast, soll der Verbrauch bei lediglich 9,6 Liter Super liegen. Glaubhafter scheint nach einem ersten Ausritt aber eine Zahl im zweistelligen Bereich. Aber bei einem Einstiegspreis für den S8 von 114.700 Euro spielt das wohl auch keine Rolle mehr.
Wer luxuriös sparen will, der muss sich für den 3.0 TDI entscheiden. Er ist mit 74.500 Euro nicht nur preislich der günstigste Einstieg in das Oberhaus, sondern auch die sparsamste Variante aller Motorisierungen. Dabei überrascht der kleine Diesel mit seinen durchaus ausreichenden 258 PS und einem satten Drehmoment von 580 Newtonmetern. Die werden wie bei allen A8-Modellen – ausgenommen des Hybrids – sauber auf alle vier Räder verteilt. Wer sportlich von der Ampel startet, bringt es in 5,9 Sekunden auf 100 km/h und kann sich auch hier bis auf Tempo 250 beschleunigen. Das Ganze bei einem freundlichen Verbrauch von 7,6 Litern. Audi verbrieft in seinem Datenblatt sogar 5,9 Liter auf 100 Kilometer.
Den prozentual größten Leistungszuwachs hat der – und auch darauf ist man bei Audi stolz – bis dato weltweit einzige V8-Diesel bekommen. Der 4,2 TDI pranst jetzt mit 385 PS, das sind 35 PS mehr als beim Vorgänger, schiebt 850 Newtonmeter über den Asphalt und beschleunigt in 4,7 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Dabei soll sich der Achtender laut Werk lediglich 7,4 Liter Kraftstoff je 100 Kilometer gönnen und wäre damit vergleichsweise sparsam unterwegs. Am erstaunlichsten ist der Sound, den der dicke Diesel beim Kickdown entfacht. Für eine Sekunde hat es etwas von den tiefen Powerchords der Heavy-Metal-Gitarristen, die den Ton etwas verschleppen und dann stehenlassen. Sportlicher geht Diesel wirklich nicht.
Wer jetzt aber befürchtet im Klangfeuerwerk der Sportlichkeit Ohrenschmerzen zu bekommen, der kann an dieser Stelle beruhigt werden: Nichts was die Akustik des Wagens betrifft, wurde dem Zufall überlassen. Das geht sogar soweit, dass unangenehme Schallwellen durch das Erzeugen eines Gegentons, also durch das Schaffen von Interferenzen, aus dem Innenraum verbannt werden. Apropos, im Inneren hat sich bei Nummer Fünf wenig verändert. Das Cockpit ist klar und gut strukturiert und folgt auch weiterhin dem Anspruch der Designer: "Keine Linie ohne Funktion". Ein, so will es scheinen, dem Bauhaus entlehntes Konzept, bei dem man aber aufpassen muss, dass man sich nicht irgendwann in der eigenen zeitlosen Klarheit verliert.
Luxus im Überfluss
Dafür kann, was den Luxus im Innenraum betrifft, geradezu maßlos zugelangt werden. Das reicht von Sitzmöbeln, die mit pflanzlich gegerbtem Leder bespannt sind, über ein Bang und Oufsen-Soundsystem, das 1400 Watt Musikleistung hat, geht weiter mit einer Bar und Kühlbox in der Mittelkonsole der Rückbank und endet bei Liegesitzen für den Fond. Die gibt es aber nur in der Langversion des A8. Den treibt dann auch gleich ein Zwölfzylinder an, der flüsterleise seine 500 PS zu verbergen weiß. Die Käuferschaft für den knapp 140.000 Euro teuren W12 findet Audi vor allem im Reich der Mitte. Allerdings ist die mit durchschnittlich 37 Jahren auch am jüngsten.
Ob den verwöhnten Chinesen, die neben der Langversion auch den S8 kaufen können, das straffe Fahrwerk gefällt, bleibt abzuwarten. Denn über Querfugen rollt der Luxusbursche doch einen Tick zu straff ab. Aber die Ingolstädter stehen dazu und so kann die adaptive Luftpolsterung per Menüsteuerung gar noch einen Hauch straffer gemacht werden. Das hat natürlich im Zusammenspiel mit der elektromechanisch ausgeführten Lenkung auch einen entscheidenden Vorteil: Trotz seiner Größe lässt sich der A8 nämlich auch mal rasant ums Eck zirkeln, ohne das Gefühl zu vermitteln, dass hier gleich die Kontrolle verloren geht.
Um zu vermeiden, dass bei derartigen sportlichen Ausflügen der Wildbraten auf dem Kühler landet, erkennt der optionale Nachtsichtassistent für 2200 Euro extra jetzt auch Tiere und warnt akustisch und optisch auf dem großen Display zwischen den Rundinstrumenten vor derartigen Gefahren. So gewappnet gibt es kaum noch etwas, was die Fahrt im Ingolstädter Luxusliner stoppen kann.
Quelle: ntv.de