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Dickschiff wird zum Diät-Apostel Audi Q7 kehrt von Schlankheits-Farm zurück

Nach seiner Diät hat der Audi Q7 300 Kilogramm abgespeckt. Beachtlich für ein SUV dieser Klasse.

Nach seiner Diät hat der Audi Q7 300 Kilogramm abgespeckt. Beachtlich für ein SUV dieser Klasse.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Lästigen Pfunden den Kampf ansagen, ist für viele Menschen eine beliebte Frühjahrs-Übung. Unter den Autoherstellern hat Audi das Schlanksein zum Dogma erhoben. Beim Modell Q7 dürfen es gern gleich mal sechs Zentner weniger sein.

Am 12. Juni soll die neue Generation des SUV-Dickschiffs bei den deutschen Händlern stehen und der erste Blick darauf wird bei vielen Kunden für Irritation sorgen. Schlank und rank wirkt der Neuling, vom Heck her betrachtet mit fast filigranen Zügen, obwohl die Außenmaße mit denen des Vorgängers nahezu identisch sind. Chefdesigner Marc Lichte und sein Team haben tief in die gestalterische Trickkiste gegriffen, um diesen Effekt zu erzielen. Der vorher schon nicht gerade bescheiden dimensionierte Grill wirkt jetzt noch markanter und größer, die Dach- und Hecklinie sind erkennbar vom Styling des Q5 inspiriert.

Auf zu neuen Höhenflügen? Der Audi Q7 präsentiert optisch geschärft und mit neuen Assistenten gewappnet.

Auf zu neuen Höhenflügen? Der Audi Q7 präsentiert optisch geschärft und mit neuen Assistenten gewappnet.

(Foto: Busse/Textfabrik)

Dahinter steckt Methode: Der Q7 muss wenigstens optisch schrumpfen, damit für den Q9, der mit US-amerikanischen Maxi-SUV wie dem Cadillac Excalade oder dem japanischen Lexus LX konkurrieren wird, noch Platz nach oben bleibt. Erstmals seit der Premiere 2006 unterschreitet ein Q7 im Leergewicht die Zwei-Tonnen-Grenze. Laut Hersteller bringt die Variante mit Dreiliter-Kompressormotor (3.0 TFSI) 1970 Kilogramm auf die Waage, das Pendant mit Selbstzünder (3.0 TDI) 1995 Kilo. Bestellt man die dritte Sitzreihe hinzu, erhöht sich die Masse um jeweils rund 60 Kilogramm.

"Vorstufe zum autonomen Fahren"

Dass der optisch eher zurückhaltend auftretende Fünf- bis Siebensitzer ein Kennzeichen neuer Bescheidenheit bei Audi sei, kann man freilich nicht behaupten. Wohl als energische Reaktion auf den in letzter Zeit häufig genannten Vorhalt, das Unternehmen löse seinen Markenslogan "Vorsprung durch Technik" nicht mehr ein, wird ein noch nie da gewesenes Arsenal an Hilfs-, Warn- und Assistenz-Systemen aufgefahren. Ganz bewusst spricht der technische Projektleiter Steffen Scheunemann denn auch von einer "Vorstufe zum autonomen Fahren". Der akribische Zähler kommt auf mehr als 30, durch Kameras und Radarsensoren gesteuerte elektronische Wächter, die nicht nur die körperliche Unversehrtheit der Insassen sicherstellen sollen, sondern auch die von Fußgängern, Radfahrern und anderen Autofahrern.

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(Foto: Busse/Textfabrik)

Wer in diesen Tagen die Audianer erlebt, wie sie der internationalen Fachpresse ihr neuestes Produkt präsentieren, kann leicht den Eindruck bekommen, das Fahren werde zur Nebensache. Dabei ist es ein nicht zu unterschätzendes Vergnügen, die abgespeckte Wuchtbrumme durch kurvige Land- und Bergstraßen zu pilotieren. Mit hohem Komfortniveau, kernigen Spurtqualitäten und leichtfüßigem Handling kann man dort ein Premium-SUV erleben, dass durch zahlreiche Spar-Eingriffe in Kraftstoff-Verwertung und Karosserie-Konstruktion nichts von seiner Attraktivität eingebüßt hat. Agilität und Fahrdynamik werden dabei von der neuen Allradlenkung gefördert, die bei geringem Tempo das Auto wendiger macht, bei hohen Geschwindigkeiten die Hinterräder für wenige Grad gleichsinnig zu den Vorderrädern einschlägt.

Viel wichtiger noch als ein souveränes Fahrerlebnis ist der Audi-Mannschaft aber die Vermittlung von Inhalten, die der Minderung von Kollisions- und Gefahr-Szenarien dienen. Im schweizerischen Wintersportort Verbier wurde dazu extra eine etwa zwei Hektar große Testfläche aufgebaut, die Live-Demos der verschiedenen Neuerungen ermöglicht. Weitgehend sich selbst überlassen kann man das Auto auch beim Einparken. Dank der zahlreichen Sensoren rund um die Stoßfänger können passende Längs- und Querparktaschen erkannt werden. Freigabe erhält jede Lücke, die mindestens 95 Zentimeter länger oder breiter als das Fahrzeug selbst ist.

Innere Werte werden bei Audi von jeher hoch gehalten.

Innere Werte werden bei Audi von jeher hoch gehalten.

(Foto: Audi)

Gleichgültig ob vorwärts quer, rückwärts längs, ein- oder ausparken – wichtig ist nur, dass der Mensch am Lenkrad die Hände von demselben lässt und den Anweisungen auf dem Display folgt. So funktioniert das auch beim Assistenten für die Rückwärtsfahrt im Anhängerbetrieb. Der Kopf der Anhängerkupplung ist mit einem Sensor ausgestattet, der den Winkel der Deichsel aufnimmt und an die Bordelektronik meldet. Statt, wie im manuellen Betrieb nötig, entgegen der gewünschten Fahrtrichtung einzulenken, wird nun mit dem Dreh-Drücksteller des MMI-Systems dirigiert, und zwar genau in die Richtung, in die der Anhänger bugsiert werden soll.

Rundum-Sensorik erkennt Gefahren

Die adaptive Geschwindigkeitsregelung ACC wurde zum Beispiel um einen Stau-Assistenten erweitert, der im Kolonnenverkehr auf mehrspuriger Fahrbahn nicht nur Brems- und Beschleunigungsarbeit erledigt, sondern auch durch selbstständige Lenkeingriffe das sichere Mitschwimmen im Verkehr bewahrt. Von Null bis 65 km/h funktioniert das System, dann sind wieder Fahrer oder Fahrerin gefordert. Gewarnt werden kann vor unbedachtem Türöffnen, zu schnellem Ausparken bei Querverkehr, herannahenden Radfahrern und anderen Bedrohungen. Während diese und andere elektronische Helfer den ohnehin nicht ganz billigen Audi Q7, der ab 60.900 Euro einsteigt erheblich verteuern, ist das "Pre Sense City"-System jedoch aufpreisfrei. Es kann Fußgänger, Radfahrer und auch Fahrzeuge bis 85 km/h erkennen und bei drohender Kollision eine Vollbremsung einleiten. Der zu Demozwecken verwendete Dummy kam zuverlässig mit dem Leben davon.

Angesichts der versammelten Vollkasko-Sensorik könnte leicht in Vergessenheit geraten, dass Audi auch an anderer Stelle für nützliche Neuerungen gesorgt hat. Die zweite Sitzreihe ist jetzt so beweglich, dass das Einsteigen in die Dritte keine Akrobatik mehr erfordert. Head-Up-Display und virtuelles Cockpit sind gegen Aufpreis verfügbar, die Installation einer Bang&Olufsen-Musikanlage mit 3D-Klang eine Frage der akustischen Sensibilität. Möglich, dass beim Genuss fetter Bässe und kristallklarer Höhen die Tatsache untergeht, dass die beiden Motoren der Start-Aufstellung ebenfalls eine solide Musikalität aufweisen.

Die beiden Dreiliter-Aggregate wurden gründlich überarbeitet und im Spritkonsum um bis zu 28 Prozent reduziert. Das bedeutet für den Benziner einen kombinierten Verbrauch zwischen 7,7 und 8,3 Liter, für den Diesel zwischen 5,7 und 6,2 Litern je 100 Kilometer. Während der Selbstzünder 600 Newtonmeter Drehmoment und 272 PS mobilisiert, schafft der 333 PS starke Ottomotor immerhin 440 Newtonmeter. Im ersten Fahrtest wurde jeweils ein Zuschlag von 1,5 bis zwei Liter auf den Normverbrauch protokolliert.

Welche Erweiterungen das Antriebsangebot in der Zukunft erhält, wird Audi erst häppchenweise mitteilen. Als gesetzt gelten ein Plug-In-Hybrid mit Dieselergänzung, der unter dem Namen "e-tron" firmieret, sowie ein leistungsreduzierter Diesel im Dreiliter-Bereich. Darüber hinaus vertrauen Audi-Fans auf die Aussagen von Entwicklungschef Dr. Ulrich Hackenberg, wonach ein Vierliter-V8-Diesel mit elektrischem Lader ein Modell SQ7 befeuern dürfte.

Quelle: ntv.de

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