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V10 für brachialen Fahrspaß Audi R8 - Wie aus der Zeit gefallen

Der neue Audi R8 wird ab Herbst wahlweise mit 540 oder 610 PS ausgeliefert

Der neue Audi R8 wird ab Herbst wahlweise mit 540 oder 610 PS ausgeliefert

(Foto: Textfabrik/Busse)

Es ist kein Mutter-Tochter-Verhältnis, sondern ein geschwisterliches, das Audi und Lamborghini verbindet. Bei Hochleistungssportwagen sind sie allerdings Konkurrenten. So wie beim neuen Audi R8, der technisch verwandt ist mit dem Lamborghini Huracán. Was ist echt am Ingolstädter Italiener?

Ein Auto wie der stärkste und schnellste je gebaute Serien-Audi wirkt wie aus der Zeit gefallen. Als trotziger Gegenentwurf zur aktuell in der Branche grassierenden Turbomanie lässt er den 5,2 Liter großen Zehnzylinder ohne Schaufelrad frei seine Verbrennungsluft einziehen. Er holt nach alter Väter Sitte Drehmoment aus Hubraum und Leistung aus Drehzahl. In zwei Leistungsstufen bietet Audi das Coupé an, und zwar mit 540 PS und 610 PS. Die stärkere Version ist an dem Namenszusatz "plus" zu erkennen und bietet identische Leistungswerte wie der Lamborghini Huracán.

Durch die Bank: Zehn Zylinder und 5,2 Liter Hubraum setzen 560 Newtonmeter Drehmoment frei.

Durch die Bank: Zehn Zylinder und 5,2 Liter Hubraum setzen 560 Newtonmeter Drehmoment frei.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Braucht man 610 PS, um von A nach B zu kommen? Das ist wohl zu verneinen, aber doch irgendwie reizvoll. So wie der Verzehr von Kaviar mit einem Perlmuttlöffel ein Stück Genuss-Kultur symbolisiert, sorgt das V10-Aggregat im neuen Audi R 8 für eine einzigartige Form der Fahr-Kultur. Und das sogar zu einem günstigeren Preis als Lamborghini: Man muss für den R8 V10 plus 187.400 Euro berappen und hat dennoch gegenüber dem Angebot aus Sant'Agata Bolognese rund 14.000 Euro gespart.

Ab Herbst zu haben

So lange es einen Markt dafür gibt, werden jene, die über das technische Know-how verfügen, Sportwagen mit überschwappender Leistung bauen - da es sonst jemand anders tut. Nach rund 27.000 verkauften Exemplaren weltweit schien es den Verantwortlichen in Ingolstadt an der Zeit, ihre Mittelmotor-Ikone zu renovieren. Mit diversen Le-Mans-Siegen im Rücken sieht sich Audi bei den kommerziellen Sport-Boliden längst auf Augenhöhe mit Ferrari, Porsche, Lamborghini oder Aston Martin.

Die Sideblades aus Carbon sind jetzt geteilt und lassen die Karosserie gestreckter erscheinen.

Die Sideblades aus Carbon sind jetzt geteilt und lassen die Karosserie gestreckter erscheinen.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Mit leichten Retuschen am Blech, neuen Scheinwerfern, geteilten Sideblades und einer insgesamt geschärften Optik startet der neue Audi R8 im Herbst zu den Kunden. Dass ein V10-Saugmotor genau das Richtige dafür ist, davon ist Audi-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg überzeugt: "Unsere Kunden lieben das", sagte er bei der Präsentation des R8 auf der Rennstrecke im portugiesischen Portimao. Und dass man sich jetzt gegen einen kleinervolumigen Motor mit Turboaufladung entschieden habe, "heißt ja nicht, dass wir nicht irgendwann noch etwas in Sachen Turbo tun könnten". Es gilt als ausgemacht, dass der Vierliter-V8-Motor, den Audi für seinen A8 und den Bentley Continental konstruierte, später im R8 die Einstiegsversion darstellen soll.

Größte R8-Dichte in Deutschland

Wie dünn die Luft im 300er-Club ist, veranschaulicht der Vergleich mit dem Schwestermodell, dem man die Vorsilben "Basis" gar nicht recht anheften mag. Im Standardsprint unterliegt es um 0,2 Sekunden (gegenüber 3,2 Sekunden des "plus"-Modells). Seine Endgeschwindigkeit liegt bei 323 km/h. Man muss also 70 PS mehr aufwenden, um sieben Stundenkilometer mehr herauszuholen. Der notwendige finanzielle Mehraufwand beträgt 22.400 Euro - umgerechnet also 320 Euro je Pferdestärke.

Die "Einstiegsversion" des R8 ist für 167.000 Euro zu haben, macht 309 Euro je PS.

Die "Einstiegsversion" des R8 ist für 167.000 Euro zu haben, macht 309 Euro je PS.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Der Einstiegspreis von 165.000 Euro sorgt zwar für eine natürliche Auslese unter den Interessenten, dennoch gehörte Deutschland in der Vergangenheit zu den Märkten mit der größten R8-Dichte. Ein Grund dafür könnte sein, dass der Besitz solcher Über-Audis staatlich gefördert wird - durch Autobahn-Abschnitte ohne Tempolimit. Doch auch in den USA, bekanntlich ein Land mit strengen Geschwindigkeits-Beschränkungen, gibt es viele R8-Fans. Für die zweite Generation haben Audis Vertriebs-Strategen den asiatisch-pazifischen Raum stärker ins Visier. Genommen. Vor allem China wird noch ein großer Nachholbedarf an potenten Sportwagen zugetraut.

Die Motor-Getriebe-Einheit des R8 V10 ist ein Technik-Trumm beeindruckender Ausmaße und neuerdings unter einer kreuzförmigen Verstrebung montiert - so hat Lamborghini das bereits beim Murchièlago vorgemacht. Rund 330 Kilogramm wiegen der Zehnzylinder und das dahinterliegende Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe zusammen. Umso erstaunlicher, dass das Coupé mit einer Achslastverteilung von 48:52 Prozent aufwarten kann.

Der Allradantrieb kann die Motorkraft beliebig zwischen den Achsen verteilen. Nötigenfalls ist der R8 auch als reiner Fronttriebler unterwegs - und als Fünfzylinder. Zur Zähmung seines immensen Verlangens nach Kraftstoff hat Audi eine Zylinderabschaltung spendiert, die eine komplette Zylinderbank stilllegen kann. So kommt ein offizieller Verbrauchswert von 12,3 Litern je 100 Kilometer zustande. Man(n) kann also davon ausgehen, dass es ab 15 Liter so richtig lustig wird.

Der Startknopf wurde von der Konsole ins Lenkrad verlegt, die Anzeigen komplett digitalisiert.

Der Startknopf wurde von der Konsole ins Lenkrad verlegt, die Anzeigen komplett digitalisiert.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Dass Frauen den R8 nicht lustvoll bewegen könnten, sei hier keinesfalls behauptet, in der Regel dürften es aber die Herren der Schöpfung sein, die den Ober-Macho unter den Audi-Erzeugnissen in ihre PS-Sammlung einreihen möchten. Um das Fahrzeug noch bissiger zu machen, wurde die Karosserie-Steifigkeit erhöht. Kardantunnel und der hintere Teil der Fahrgastzelle sind aus Kohlefaser-Verbundstoff gefertigt, was nicht nur 36 Kilogramm leichter, sondern auch verwindungsfester ist als das bisher verwendete Aluminium. Die Sitzposition wurde abgesenkt, was den Fahrzeug-Schwerpunkt noch näher an den Boden drückt und die Gangwechsel dauern nur noch 50 Millisekunden.

Fahrmaschine mit Suchtpotential

So gewappnet umkurvt der R8-Testfahrer den Rennkurs mit einer Mischung aus Faszination und Respekt, denn natürlich gelten auch für einen Allrad-Athleten auf serienmäßigen 20-Zoll-Reifen die physikalischen Gesetze, die Haftungsgrenzen definieren. Quellen wiederkehrender Freude sind die explosive Kraftentfaltung (die schon im Komfort-Modus spürbar ist), der bärige Ansaug- und Verbrennungs-Sound sowie die messerscharf ansprechende Lenkung, die Präzisionsarbeit beim Anpeilen der Curbes leistet ebenso wie unmittelbare Rückmeldung gibt, wenn der Grip mal auszugehen droht. Das neu gestaltete Lenkrad ist ein Augenschmaus, der linke Fuß nutzt dankbar die überarbeitete Stütze neben den Pedalen. Beide Fußhebel sollte man zunächst mit vorsichtiger Zurückhaltung benutzen, denn die Bremse fasst sehr kurzwegig und knackig zu und sorgt so für eine dem Beschleunigungsvermögen angemessene Verzögerung.

Besser noch als auf abgezählten Rennkurs-Runden ist der R8 V10 auf einsamen Bergstraßen zu erleben. Am Rande Europas findet sich so etwas leichter als in Deutschland. Eigentlich ganz gut, dass Man(n) den Platz hinterm Lenkrad irgendwann wieder räumen muss. Am besten, bevor das Suchtpotenzial der atemberaubenden Fahrmaschine ihre Wirkung entfaltet.

Quelle: ntv.de, Von Axel F. Busse, Portimao

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