E-Mobilität war gestern PS-Rausch auf dem Genfer Salon
05.03.2012, 12:49 Uhr
Aston Martin tritt in Genf mit dem aufgehübschten V8 Vantage an.
Der Hype um die E-Mobilität, der noch auf der IAA im letzten Herbst wesentliche Akzente setzt, hat sich in Genf verflüchtigt. Jetzt geht es nach altem Muster wieder um wuchtige Motorleistungen und schnittiges Design. Der Salon wird von PS-Boliden überstrahlt.
Der Autofrühling beginnt in Europa traditionell mit dem Genfer Salon. Auf 102.000 Quadratmetern präsentieren sich im Messekomplex Palexpo rund 700 Marken. Bei der diesjährigen Frühjahrsschau gibt es 140 Premieren in allen Klassen. Was die Hersteller am Lac Leman enthüllen, spiegelt vor allem den Optimismus der Branche wider. Elf Tage stehen vor allem wuchtige PS-Boliden im Fokus der Genfer Messe-Bühnen. Öko- und E-Mobilität fristen hier eher ein Schattendasein.
Brachiale Poweroffensive
Die Poweroffensive geht quer durch die Hersteller. So greift BMW beim Grand Cabrio auf Basis des 6er in die Vollen. Der M6 als künftiges Topmodell des Zweitürers tritt mit 560 PS an. Vier weitere BMW-Modelle kommen in Zukunft in den Genuss eines Sechszylinder-Diesels mit 381 PS aus dem Programm der neuen "M Performance". Allerdings werden für die beiden stärksten 6er 123.600 beziehungsweise 131.000 Euro fällig.
Aston Martin hat den V8 Vantage geliftet und lässt Coupé und Cabrio mit einem 4,2-Liter-V8-Triebwerk antreten, das 450 PS leistet. Ebenfalls auf der Überholspur ist der auf 333 Exemplare limitierte Audi A1 quattro mit 256 PS, der als Kleinwagen das Konto um 49.900 Euro erleichtert. Damit aber nicht genug: Auf die Kraft aus acht Zylindern setzen die neuen Mittelklassemodelle RS5 Cabrio und RS4 Avant.
Beide werden von einem 4,2-Liter-Benzinmotor mit 450 PS befeuert. Den Allradantrieb gibt’s in Serie, ebenso ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. In einer neuen Top-Version ist der Audi TT zu sehen. Als TT RS Plus kommen Coupé und Roadster auf 360 PS und übertreffen die bisher stärkste Ausführung noch um 20 Pferdestärken.
Oben offen oder Sportbreak
Porsche hat aus seinen Ambitionen in puncto Leistung und Fahrfreude noch nie einen Hehl gemacht. So tritt der 911 erstmals in Europa als Coupé und Cabrio ins Rampenlicht, vorerst mit den bis zu 400 PS starken Sechszylinder-Boxer-Motoren. Mit der nächsten Generation des Boxsters feiert Porsche in Genf eine Weltpremiere. Dabei ist der "Kleine" aus Zuffenhausen ordentlich aufgemotzt. Im Basismodell sorgt der neue 2,7-Liter-Motor mit 256 PS für den Vortrieb, während der im Boxster S verbaute 3,4-Liter-Boxer aus dem 911 stammt und satte 315 PS leistet.
Mit dem XF Sportbreak will Jaguar die Oberklasse aufmischen. Die Kombi-Version des XF, die weniger ein Lademeister als vielmehr ein PS-Gigant ist, kommt mit bis zu 510 PS daher. Auch die XKR-Version des Cabrios ist mit 550 PS keine Schmusekatze. Nicht minder kraftvoll schickt Mercedes die sechste Generation des SL ins Rennen. Das Topmodell AMG SL 63 feiert in Genf seine Weltpremiere und wird in zwei Leistungsstufen angeboten: mit 537 PS und 564 PS. Als Feigenblatt bei so viel PS-Gedröhne hat Mercedes die neue A-Klasse auf dem Messestand geparkt.
Die US-Amerikaner runden das kraftvolle Bild in Genf ab. Ein aufgeladener 6,2-Liter-V8 mit 565 PS treibt die V-Version des Cadillac CTS an. Mit derartigen Leistungsparametern überstrahlen die PS-Boliden den Genfer Salon.
In der Nische klein und fein
Wer jetzt Angst hat, dass alles, was 2011 in Frankfurt an ökologischen Innovationen angestoßen wurde, hinfällig ist, kann an dieser Stelle beruhigt werden. Es präsentieren sich am Lac Leman auch kleine, innovative und sehr sparsame Autos, die zudem noch gut aussehen.
VW präsentiert seinen Straßenzwerg Up mit fünf Türen und die tschechische Tochter Skoda zeigt den Bruder Citigo. Toyota bringt mit dem Yaris den ersten Kleinwagen mit Hybrid-Antrieb. Der PSA-Konzern setzt als erster Hersteller auf den Diesel-Hybrid, der Verbrauchswerte und CO2-Emissionen deutlich unter die der Hybrid-Benziner drückt.
Ford läutet mit dem Van B-Max - der auf der Basis des Fiesta steht - die neue Generation der Einliter-Dreizylindermotoren ein. Renault ist der einzige Hersteller, der auch in Genf seine E-Auto-Flotte bewirbt.
Insgesamt hat sich der Hype der E-Mobilität aber verflüchtigt. Reichweitenprobleme und enorm hohe Kosten haben die durchweg innovativen und lobenswerten Ansätze bis dato in eine Sackgasse getrieben. Hinzu kommt, dass die ganz Großen des Autobaus und vor allem die Politik in dieser Frage noch nicht mitspielen. Insofern werden wohl auch auf künftigen Automessen wieder mächtige Pferdestärken gesattelt werden.
In einem Punkt bleibt sich Genf aber treu: Es wird auch weiterhin Verrückt-Verwegenes und Exzentrisches gezeigt. Dazu gehören die Studie des LF-LC von Lexus - die bereits in Detroit als schönstes Showcar prämiert wurde – ebenso wie der offenen Bugatti Veyron mit 1200 PS. Die Design-Schmiede Bertone enthüllt anlässlich ihres 100. Geburtstages die Studie "Nuccio Concept" und die italienische Hochschule für Gestaltung IED zeigt den schon lange von den Straßen verschwundenen Sportwagen Cisitalia als zukunftsweisendes Sportcoupé.
Quelle: ntv.de