Auto

Am Anfang war das Rad Skoda - seit 125 Jahren Bestseller

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Der Octavia von 1959 und sein später Nachfahre aus dem Jahr 2020.

(Foto: Skoda)

Unter dem Firmenlogo L&K beginnt die Geschichte Skodas auf zwei Rädern. Doch erst mit dem Auto startet eine kaum bekannte Erfolgsgeschichte, die mit allen Höhen und Tiefen bis heute anhält.

Skoda, das ist diese ambitionierte Tochtermarke des VW-Konzerns, die in Deutschland seit Jahren mit preiswerten Modellen den Platzhirschen Ford und Opel auf die Pelle rückt. Weniger bekannt ist, dass die Tschechen zu den vier ältesten bis heute existierenden Fahrzeugherstellern zählen.

Noch stiller wird es sogar in Fachkreisen, wenn es um technische Trends wie frühe Elektromobilität geht, die dieser global erfolgreiche Volumenhersteller mit Wurzeln im böhmischen Jungbunzlau, dem heutigen Mladá Boleslav, seit 1895 erfolgreich initiiert.

Laurin und Klement

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Vom Fahrrad über das Motorrad zum Auto. So war es auch bei Skoda.

(Foto: Skoda)

Damals, noch in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, hatte sich der Buchhändler Klement zu oft über die Unzuverlässigkeit seines Fahrrades aus deutscher Produktion geärgert und deshalb den Fahrradmechaniker Laurin überzeugt, eine eigene Fahrradfertigung unter dem Namen Laurin & Klement (L&K) einzurichten. Tatsächlich wurden die L&K-Zweiräder des Typs Slavia ein voller Erfolg, ebenso die ab 1899 gebauten Motorräder. Sechs Jahre später präsentierte L&K sein erstes Automobil, eine kleine Voiturette mit 1,0-Liter-Zweizylinder-Motor.

Es war der Start zum Aufstieg in die Liga der renommiertesten Automobilbauer - seit 1925 unterm Skoda-Dach - und zur Nummer eins in Osteuropa durch robuste Alltagshelden, rasante Sportler, ultraluxuriöse Limousinen, kreative Designerstücke und technische Pionierleistungen. Sogar während der Ära des Eisernen Vorhangs wurde bis zu 80 Prozent der Skoda-Produktion exportiert - in den Westen! Warum? Um Devisen für die unter der russischen Knute stehende Tschechoslowakei zu generieren.

Begehrenswerte Spezialitäten zu Billigpreisen, das ist seit 125 Jahren das Erfolgsrezept des Fahrzeugherstellers Skoda beziehungsweise seines Vorgängerunternehmens L&K, an das heute noble Ausstattungslinien etwa bei Skoda Superb oder Kodiaq erinnern. Bis in die 1920er Jahre präsentierte L&K mehr als 60 verschiedene Automodelle aller Klassen, die weltweit vertrieben wurden. Darunter schon 1908 ein 4,6-Liter-Vierzylinder, der vom Elektroingenieur Frantisek Krizík zum Hybridfahrzeug aufgerüstet wurde, und als erste Modelle unter Skoda-Signet ab 1925 der Typ 110 mit fast konkurrenzlos vielfältigen Karosserieaufbauten. Die Fusion mit dem Maschinenbaukonzern Skoda brachte L&K die notwendige Kapitalspritze im Konkurrenzkampf mit den erstarkten einheimischen Marken Tatra und Praga.

Einst finanzkräftig wie kein anderer

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Auch das ist ein Skoda: der Popular Monte Carlo.

(Foto: Skoda)

Skoda war so finanzkräftig, dass 1930 trotz Weltwirtschaftskrise die fortschrittliche Fließbandfertigung eingeführt wurde und der preiswerte Skoda Popular wenig später als erstes tschechisches Volksfahrzeug durchstartete. Nun kannten Erfindergeist und Aufbruchstimmung im Fahrzeugprogramm keine Grenzen mehr. Ein in Serie gebauter Transporter mit Elektroantrieb zählte ebenso dazu wie die beliebten Typen Rapid und Favorit, der dynamische Popular Monte Carlo oder das noble Sechszylinder-Flaggschiff Superb. Doch dann tauchten die Schatten des Zweiten Weltkriegs an der Wand auf und damit das Ende weiterer Expansion.

War Skoda während des Krieges zwangsweise Teil eines deutschen Rüstungskonzerns, folgten Ende 1945 Verstaatlichung und Vorgaben der Planwirtschaft. Das spiegelte sich auch im neuen Namen AZNP Skoda (Automobilwerke Nationalbetrieb) wider, unter dem die aufgefrischten Vorkriegstypen Skoda 1101 und 1102 ausgeliefert wurden.

Anschluss an die Avantgarde fand Skoda mit dem Typ 1200, der sich 1952 im modischen Ponton-Design zeigte. Die perfekte Basis für eine globale Bestsellerkarriere, Skoda-Fahren war schick, auch in Deutschland, wo 1959 besonders das elegante Cabriolet Felicia für Furore sorgte, aber auch der Auftritt der Limousine Octavia nicht nur von Knauserigkeit kündete. Ganz im Gegensatz zum Einstiegspreis von 3995 Mark, mit dem Skoda 1964 warb und mit dem die Tschechen das Ziel erreichten, die billigste Vierzylinder-Limousine anzubieten.

Ein bunter Mix

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Der Skoda 1000 MB erfreute sich auch im westlichen Ausland großer Beliebtheit.

(Foto: Skoda)

Als einziger Staatsbetrieb sozialistischer Planwirtschaft beherrschte Skoda bis zum Fall des Eisernen Vorhangs im Jahr 1989 die Kunst, einerseits die automobile Grundversorgung zu garantieren, andererseits aber aufregende Typen für Individualisten und Adrenalinjunkies hervorzubringen. Es war ein bunter Mix aus preiswerten Heckmotor-Modellen wie Skoda 1000 MB (ab 1964), S 100 bis 120 LS (ab 1969 als erster Skoda in Millionenauflage) und noch besser verkauften S 105 bis 130 (ab 1976), aber auch schnellen Sportlern der Typen 110 R bis 130 RS (ab 1970, von Fans als Porsche des Ostens gefeiert), extravaganten Zweitürern 1000 MBX (ab 1966) oder Rapid/Garde (ab 1981) sowie frechen Offroadern (Trekka) und verwegenen Buggies und Concept Cars. Mit diesem Programm wurde Skoda in Westeuropa derart erfolgreich, dass die Produktionskapazitäten kaum reichten, den Heimatmarkt ausreichend zu versorgen.

Ein politisch angeordnetes Kooperationsprojekt mit der DDR für einen Nachfolger von Wartburg 353 und Skoda S 105-130 scheiterte zwar 1979, aber Skoda konnte nun Stardesigner Bertone engagieren, der 1987 den Favorit als frontgetriebenen Fünftürer moderner Art in Form brachte. Sogar einen batterieelektrischen Favorit gab es. Als Skoda 1990 zum Verkauf stand, interessierten sich deshalb mit BMW, Renault und Volkswagen gleich drei Kandidaten für die Übernahme des Staatsunternehmens. Prag entschied sich zugunsten von Wolfsburg, das Skoda 1991 als vierte Marke in den Konzern integrierte und 2014 in die Liga der globalen Giganten mit jährlich weit über einer Million produzierter Autos aufsteigen ließ.

Octavia bringt den Imagewandel

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Mit dem Felicia trieb es Skoda nach der Wende ganz schön bunt.

(Foto: Skoda)

Ein selbst die Fachwelt verblüffendes Kunststück, zu dem strategische Entscheidungen wie Absatzschwerpunkte in China und Indien, vor allem aber natürlich die passenden Modelle beigetragen haben. Erstmals richtig abheben konnte Skoda unter VW, als 1994 der Favorit zum Felicia weiterentwickelt wurde und dann zwei Jahre später ein neuer Octavia vorgestellt wurde. Dieses Kompaktklasse-Modell auf Golf-Plattform war Symbol für Aufschwung und Imagewandel der Marke. Weiter ging es mit dem kleinen Fabia (1999), dem Flaggschiff Superb (2000) und einer durch den Yeti 2009 gestarteten SUV-Offensive.

Künftig umfasst das Skoda-SUV-Programm neben Kodiak, Karoq und Kamiq auch den rein elektrischen Enyaq, der passend zum 125-jährigen Unternehmensjubiläum die Pionierleistung des hybriden L&K Typ E von 1908 in eine lokal vollkommen emissionsfreie SUV-Zukunft überträgt. Für den VW-Konzern dürfte Skoda so weiterhin ein Garant für Erfolgsmeldungen bleiben – und ein Rivale der Wolfsburger Produkte sowie der spanischen VW-Tochter Seat. Schon mit den beiden gefällig geformten und preiswerten Baureihen Fabia und Octavia verkaufte Skoda zu Beginn dieses Jahrtausends mehr Autos als viele Marken mit großem Portfolio. Heute sind es insgesamt neun Modellreihen, die Skoda in Deutschland eine dauerhafte Pole-Position unter den Importeuren sichern. Ach ja: Fahrräder gibt es auch noch, so wie vor 125 Jahren.

Quelle: ntv.de, Wolfram Nickel, sp-x

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