Praxistest

Seat Leon ST FR Spanischer Heißsporn mit großer Klappe

Kein Kombi aus dem Hause VW hat eine so scharfe Zeichnung wie der Seat Leon ST FR.

Kein Kombi aus dem Hause VW hat eine so scharfe Zeichnung wie der Seat Leon ST FR.

(Foto: Holger Preiss)

Mit dem neuen Leon setzt Seat Zeichen. Das reicht sogar für eine große Klappe. Die gibt es jetzt mit dem ST. Wer aber nicht nur Stauraum sucht, der sollte auf das Kürzel FR achten. Aber kann man damit auch als Pilot das Maul aufreißen?

Doppeltes Endrohr, LED-Leuchten und FR-Logo weisen den Leon ST als Sportler aus.

Doppeltes Endrohr, LED-Leuchten und FR-Logo weisen den Leon ST als Sportler aus.

(Foto: Holger Preiss)

Wer sich auf die Suche nach einem Kombi macht, der ist praktisch veranlagt und vielleicht auch durch die familiäre Situation oder den Beruf gezwungen, sich einen solchen Lademeister anzuschaffen. Es gibt natürlich Alternativen, die Kofferraumvolumen, große Klappe und Sportlichkeit miteinander vereinen. In der Regel werden solche Autos dann gerne als Designerkombis bezeichnet. Die Familie bekommt mutmaßlich Platz und Mama und Papa dürfen trotzdem eine scharfe Rakete fahren.

Wenn man die Autos aus dem Hause VW betrachtet, fällt auf, dass es einen so designten Kombi bis dato nicht gab. Hier ist es entweder simply clever, einfach das Auto oder der Vorsprung durch Technik angesagt. Wobei wohl der Wortgeber des letzten Claims noch am ehesten einen sportlichen Kombi offeriert, dessen Nutzwert aber eben genau wegen dieser Tatsache eingeschränkt ist. Die Rede ist natürlich vom A4. Aber selbst der flotte Ingolstädter kann optisch mit dem scharfkantigen Seat Leon ST nicht mithalten. Schon gar nicht, wenn er, wie der Testwagen als FR, daherkommt. Was für nichts anderes steht als "Formula Racing".

Der etwas andere Sport-Kombi

Für 800 Euro auf fette 18-Zoll-Alufelgen mit 225er Bespannung gestellt, wirkt der Leon ST wegen seiner abfallenden Dachlinie und den tief ins Blech gebügelten Sicken viel niedriger als ein "normaler" Kombi. Selbst die aufgesetzte Dach-Railing ist so dezent in die Form des Wagens gegossen, dass sie kaum wahrgenommen wird. Am Heck sitzen ein mächtiges Doppelauspuffendrohr und schnittige LED-Leuchten. Der Kühlergrill prangt in Wabenoptik und wird selbstredend vom schwarz-roten Hoheitszeichen FR geziert. Flankiert von Voll-LED-Scheinwerfern, die optional für 990 Euro geordert werden können, ist die Lichtgrafik, die sich wie alles im und am Leon-Design an der geometrischen Form des Dreiecks orientiert, so prägnant, dass bei entsprechendem Tiefflug auf der linken Spur, Vorausfahrende hurtig die Piste frei machen.

Seine markanten Züge weisen den ST auch von hinten als Dynamiker aus.

Seine markanten Züge weisen den ST auch von hinten als Dynamiker aus.

(Foto: Holger Preiss)

Wer derart flott unterwegs sein will, muss sich natürlich mit dem richtigen Triebwerk versorgen. Im Testwagen pumpte unter der Haube der 1,4 Liter TSI mit 140 PS. Klar, das ist kein Cupra bei dem die doppelte Anzahl Pferde die Fuhre vorantreibt, aber schwachbrüstig wirkt der Benziner deswegen noch lange nicht. In 8,4 Sekunden gelingt der Sprint auf Tempo 100. Das ist exakt eine Sekunde schneller als ein BMW 316i Touring. Einen ganz besonderen Spaß bekommt der Kickdown, wenn der Fahrmodi-Schalter auf Sport getastet wird. Ja, tatsächlich hat der FR serienmäßig vier Optionen die Fahrt, in eine für den Piloten genehme Form zu bringen. Neben der schon erwähnten dynamischen Spielart gibt es noch die Einstellungen Eco, Normal oder Individuell. Beim Einklinken der Modi werden die Gaskennlinie und die Empfindlichkeit der elektromechanischen Servolenkung verändert. Am deutlichsten sind die Veränderungen natürlich dann, wenn man aus dem Stadtverkehr kommend von Eco auf Sport schnippt, um den Leon ST FR bis an die 211 km/h-Marke zu peitschen.

Verbrauch geht in Ordnung

Bei allem Spaß gibt sich der FR ausgesprochen genügsam. Am Ende der fast 1000 gefahrenen Testkilometer schlugen im Schnitt lediglich 7,2 Liter Super zu Buche. Die im Datenblatt angegebenen 5,3 Liter kann man hier ganz schnell vergessen. Im täglichen Fahrbetrieb ein nicht zu erreichender Wert. Auch die Umstellung der Fahrmodi über längere Strecken auf Eco brachte nicht den gewünschten Spareffekt. Mag sein, dass sich hier auf langen Autobahn- oder Überlandfahrten noch ein gewisses Einsparpotenzial aufzeigt, im Wechsel von Autobahn und Stadtverkehr bleibt das im nicht messbaren Bereich. Immerhin lassen sich so mit einer Tankfüllung von 50 Litern knapp 700 Kilometer abspulen.

140 PS generiert das 1,4-Liter-Triebwerk.

140 PS generiert das 1,4-Liter-Triebwerk.

(Foto: Holger Preiss)

Das geschieht im Falle des Testwagens über eine straff abgestimmte Sechsgangschaltung, die sich sauber durch die Gassen führen lässt. Entsprechend seiner Kennung ist das Fahrwerk des FR straffer abgestimmt, als das seiner Brüder, die ohne das Race-Kürzel unterwegs sind. Die Festigkeit wirkt sich aber nicht unangenehm auf den Komfort aus. Selbst Querfugen überläuft der Spanier, ohne dabei ausufernde Informationen an die Insassen weiterzureichen. Dafür lassen sich Kurven mit dem Dreispeichen-Lederlenkrad in den Händen schnell und sauber durchlaufen. Das gelingt natürlich besonders gut, wenn wie beim Testwagen das adaptive Fahrwerk, das zusammen mit der Progressivlenkung im Dynamic Paket für 760 Euro angeboten wird, geordert wurde.

Der Fahrlehrer fährt mit

Damit der Pilot bei seiner Hatz nicht die Spur verliert, bietet Seat optional für den Leon ST FR auch einen Spurhalteassistenten, oder wie der Fachmann sagen würde: Lane Assist, an. Der sorgt ab einer Geschwindigkeit von 60 km/h dafür, dass kleine Ablenkungen nicht zum Desaster werden. Mit Hilfe einer Bordkamera, die hinter dem Rückspiegel in der Frontscheibe angebracht ist, misst er Seiten- und Mittelstreifen aus und zieht vollautomatisch den Seat immer wieder in die Spur. Selbst Kurven meistert die Automatik. Wer das Lenkrad zu lange fahren lässt, wird durch einen Signalton aufgefordert, es doch bitte wieder selbst in die Hand zu nehmen.

Mit 587 Liter Kofferraumvolumen fast der ST mehr als ein Golf Variant.

Mit 587 Liter Kofferraumvolumen fast der ST mehr als ein Golf Variant.

(Foto: Holger Preiss)

So weit, so sicher. Gewöhnungsbedürftig ist aber das ständige gegenlenken während der Fahrt. Ab und an fühlt man sich an den Fahrlehrer erinnert, der damals ins Lenkrad griff, weil er meinte, der Schüler würde zu weit von der Bahn abweichen. Wer aber der Sicherheit Vorschub leisten will, der sollte sich für 300 Euro diese Option ins Auto holen. Wer sich allein durch diese Beschreibung gemaßregelt fühlt, sollte es tunlichst unterlassen und das Geld für eine Einparkhilfe aufwenden, die der Testwagen nicht hatte.

Denn auch wenn sich der ST auf den ersten Blick nicht als klassischer Kombi zu erkennen gibt, so ist er doch einer. Mit 4,53 Metern in der Länge passt er dann auch nicht mehr in jede Parklücke. Und selbst wenn, könnte es doch passieren, dass man die Maße etwas aus dem Blick der abfallenden Heckscheibe verliert. Hinter der verbirgt sich auch ein Stauraum, der immerhin 587 Liter fasst. Wobei sich die Größe auch daran bemisst, in welche Stellung man den Ladeboden bringt. Entweder man schiebt ihn in Höhe zur Ladekante, oder man senkt ihn um etwa 5 Zentimeter ab. Wer will, kann per Zug im Kofferraum auch die asymmetrisch geteilte Rückenlehne umklappen. Hat die sich komplett flach gemacht, entsteht eine plane Fläche, die 1470 Liter fasst. Das sind 300 Liter weniger als beim Octavia und 150 Liter weniger als beim Golf Variant. Und weil wir ihn vorhin schon erwähnt haben, 30 Liter weniger als beim BMW 3er Touring. Aber nur, wenn die Rückbank umgelegt ist. Andernfalls hat der ST 82 Liter mehr als der Bayer aufzuweisen.

Starker Sound und Lederpolster

Mit etwas Feingefühl werden auch Kinder in der zweiten Reihe glücklich.

Mit etwas Feingefühl werden auch Kinder in der zweiten Reihe glücklich.

(Foto: Holger Preiss)

Auf der Rückbank ist aber mindestens genauso viel Platz wie im Golf, nicht aber so viel wie im Tschechen. Letztlich führt das aber nicht dazu, dass Knie, Kopf oder Schulter sich an irgendwelchen Stellen wetzen. Kinderfüße haben wie so oft auch hier das Problem, dass sie baumelnd von der Sitzerhöhung, an der Rückenlehne des Vordermanns anschlagen. Mit etwas Feingefühl bei der Einstellung des Gestühls kann dieses Problem aber im beiderseitigen Einvernehmen gelöst werden. Zumal die Polster ausgesprochen gut gelungen sind. Wer will, kann die, wie im Testwagen für 1290 Euro, mit genarbtem Nappa überspannen lassen. Im FR handelt es sich selbstredend um Sportsitze mit ausgeprägten Seitenwangen und Lendenwirbelstütze. Die bieten ausgezeichneten Seitenhalt und wem dennoch die Hitze beim Kurvenraub aufsteigt, der kann sich über die serienmäßige Climatronic Kühlung entgegenblasen lassen.

Die strömt aus den in Chromoptik gerahmten Luftdüsen, die im Doppelpack in der Mittelkonsole die Bedieneinheit für das Infotainmentsystem rahmen. Im Falle des FR handelt es sich um einen 5 Zoll Farb-Touch-Screen, mit CD-Player, SD-Kartenslot, USB- und AUX-in-Anschluss und natürlich mit Bluetooth-Schnittstelle und integrierter Freisprecheinrichtung. Beides funktioniert problemlos, was nicht bei allen Herstellern so ist. Das Smartphone lässt sich in Sekunden koppeln und die nette Dame versteht sogar ein wenig genuschelte Befehle. Wünscht sich aber natürlich eine deutliche Aussprache. Die Musik machen im FR acht hauseigene Lautsprecher mit der Aufschrift Seat Sound System. Und tatsächlich muss sich der Klang nicht hinter teuren Premiummarken verstecken. Richtig aufgedreht pumpen die Bässe satt in die eigene Karosserie und machen den Wagen für Außenstehende zum rollenden Subwoofer. Wer auffallen will hat hier die besten Chancen und das ganz ohne Aufpreis. Die Anlage ist nämlich Serie. Ein besonderes Feeling bekommt das, wenn bei nächtlicher Fahrt die Ambientebeleuchtung einen kühnen roten Schwung in die Türinnenverkleidungen zeichnet.

Der Arbeitsplatz des Fahrers ist übersichtlich. Fast alles lässt sich über den Touchscreen oder die Lenkradbedienung steuern.

Der Arbeitsplatz des Fahrers ist übersichtlich. Fast alles lässt sich über den Touchscreen oder die Lenkradbedienung steuern.

(Foto: Holger Preiss)

Die Bedienung der Infotainmentkomponenten erfolgt über den Touchscreen, der beispielsweise beim Navi die vier, in den einzelnen Ecken befindlichen Menüs auch nur über eine Handbewegung vor dem Monitor in den sichtbaren Bereich zurückholt. Aber auch über das Volant lassen sich Navi, Radio, Multimedia und Fahrdaten abfragen und einstellen. Die Informationen dazu sind nicht nur über den Touchscreen, sondern auch über das Zentraldisplay zwischen den klar strukturierten Rundinstrumenten abzulesen. So ausgestattet gibt sich auch der Preis des Seat Leon ST FR als freundliche Aufforderung über einen Kauf nachzudenken. Der Testwagen schlug bei allen genannten Features mit 29.420 Euro zu Buche. Das sind 1400 Euro mehr als beim Octavia und 3600 Euro weniger als für einen Golf Variant.

Fazit: Der Seat Leon ST FR ist optisch der sportlichste Kombi aus dem Hause VW. Er muss sich auch ausstattungstechnisch nicht verstecken und passt gut zu denen, die einen Kombi brauchen, ihr dynamisches Wesen aber nicht hinter purer Praktikabilität verstecken wollen, und dennoch preisbewusst denken. Insofern könnte der Seat sogar eine Alternative für die sein, die bis dato mit dem Gedanken spielten, sich einen Designerkombi aus dem Oberhaus anzuschaffen.

DatenblattSeat Leon ST FR
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,53 / 1,81 / 1,45m
Leergewicht (DIN)1275 kg
Sitzplätze5
Ladevolumen587 / 1470 Liter
MotorReihen-Vierzylinder mit 1395 ccm Hubraum
Getriebe6-Gang-Handschalter
Leistung103kW/140 PS ab 4500 U/min
KraftstoffartBenzin
AntriebVorderradantrieb
Höchstgeschwindigkeit211 km/h
max. Drehmoment250 Nm 1550 - 3500 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h10,2 s
Normverbrauch (innerorts, außerorts, kombiniert)6,6 / 4,5 / 5,3l
Testverbrauch7,3 l
CO2-Emissionen
(Normverbrauch)
121 g/km
EmissionsklasseEU5 plus
Grundpreis23.970 Euro
Preis des Testwagens29.420 Euro

Quelle: ntv.de

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