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Alternde Raubkatze im Test Jaguar XJR macht noch immer Druck

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Der XJR respektive Daimler Super V8 läuft noch immer rund.

(Foto: Jaguar)

Der Jaguar XJR gehört in den edlen Klub der Kult-Youngtimer. Die Raubkatze aus der Baureihe X308 bietet dank mechanischer Aufladung souveräne Fahrleistungen und hohen Komfort für kleines Geld. Aber es gibt auch einiges zu beachten.

Es muss schlimm gewesen sein für Jaguar-Fans, als der Nobelhersteller den Zwölfzylinder im Jahr 1997 endgültig einstellte. Immerhin bildete Jaguar seit den 70er-Jahren zusammen mit Ferrari und Lamborghini lange Zeit einen exklusiven Dreierclub mit dem König der Motoren. Der inzwischen auf sechs Liter Hubraum angewachsene Zwölfzylinder mit 311 PS war alt geworden, bot eine geringe spezifische Leistung, dafür aber einen fürstlichen Verbrauch.

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Die schnelle Raubkatze bietet viel Luxus für theoretisch wenig Geld.

(Foto: Jaguar)

Schon lange vor der Ford-Ära, also noch zu Leyland-Zeiten, begann Jaguar in Eigenregie mit den Entwicklungsarbeiten an einem neuen, verhältnismäßig effizienten Achtzylinder. Das fertige Triebwerk mit der internen Bezeichnung "AJ-V8" ging als Vierliter an den Start und löste als AJ26S respektive AJ27S die V12-Versionen des X300 ab in jener XJ-Baureihe, die seit 1994 angeboten wurde. Und so sehr der Verlust von vier Töpfen auch schmerzte - mit den neuen Leistungswerten war die Jaguar-Klientel wohl herumzukriegen. Immerhin wurde die nicht einmal 1,8 Tonnen wiegende Luxuslimousine jetzt von 363 PS befeuert, die noch dazu einem Kompressor-Triebwerk entstammten, was vor allem unten herum jede Menge Dampf bedeutete.

Der XJR respektive Daimler Super V8 (die Gentlemen-Version) läuft auch für heutige Verhältnisse noch richtig gut. Obendrein bietet sein Wandlerautomat fünf statt ehemals vier Gänge beim V12. Was hat heute eine Ausfahrt mit der alternden Raubkatze XJR zu bieten? Ihr Vierliter-Achtzylinder agiert nahezu unmerklich und bleibt selbst unter Ausnutzung des gesamten Drehzahlbandes geschmeidig. Obwohl heute durchweg besser gedämmt wird, ist der X308 auch Komfortliebhabern ein patenter Genosse.

Mäusekino lädt zum Schmunzeln ein

Fahrstufe "D" und los geht's: Druckvoll nimmt der Brite Fahrt auf. Wer das Gaspedal tiefer drückt, erlebt den Jaguar unter einem Soundmix aus dezentem Pfeifen und Säuseln. Sie kann es noch, die fast zwei Jahrzehnte alte, grazile Limousine. Besser vielleicht, als ihr mancher Verkehrsteilnehmer auf der linken Spur zutraut. Stramm marschiert die Tachonadel Richtung 200 km/h - gar kein Problem. Auch 250 km/h sind locker drin: 363 Pferdchen sind auch 2015 einfach noch eine Menge, über die selbst neue Oberklassen keineswegs zwingend verfügen.

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Dem Innenraum merkt man das Alter deutlich an.

(Foto: Daimler)

Dass dieser XJ jedoch nicht mehr ganz taufrisch ist, merkt man ebenfalls schnell. Beispiel Interieur. Infotainment wurde damals noch nicht so groß geschrieben, und über die grün beleuchteten Flüssigkristalle im Mäusekino muss man heute schmunzeln. Dennoch, es gab sogar ein integriertes Navigationssystem ab Werk - zwar nur mit vergleichsweise winziger Anzeige, aber durchaus zielführend. Die klassischen Rundskalen sehen schön aus und erfüllen ihren Zweck.

Und bei allem englischen Pomp, hat der Jaguar auch funktionale Züge. Dazu gehört die niedrige Dachlinie indes nicht gerade, die dem Luxusliner diese schöne Silhouette beschert, ihm aber andererseits auch viel zeitgenössische Kritik einbrachte. Hutträger können sich abschminken, den XJ elegant zu entern. Und die richtige Sitzposition zu finden, ist vor allem für Großgewachsene ein wahres Kunststück. Dafür sind die Polster recht kommod, und die Federung ist es auch. Ganz schön nobel geht es zu mit üppig eingesetztem Wurzelholz - freilich noch etwas mehr im langen Super V8 als im sportiv angehauchten XJR mit Maschendraht-Grill.

Was es beim Kauf zu beachten gilt

Viel Luxus gibt es theoretisch für wenig Geld. Ein Blick in die einschlägigen Autobörsen offenbart, dass man einen XJR bereits für unter 5000 Euro anschaffen kann. Doch wer etwas mehr Freunde an seinem Neuerwerb haben möchte, sollte ein paar Tausender mehr anlegen oder zumindest in der Hinterhand haben. Bei der Probefahrt ist vor allem auf eine polternde Hinterachse zu achten - ein klares Signal für das Dahinscheiden der Buchsen. Hinzu kommen nervende Kontroll-Lampen, die wegen etwaiger Elektronik-Probleme gerne mal aufleuchten.

Aber bevor die erste Testrunde vor dem Kauf überhaupt durchgeführt wird: Den X308 bitte gründlich auf Korrosion untersuchen. Das beginnt mit den üblichen Stellen wie beispielsweise der hintere Scheibenrahmen, geht über die Radläufe und endet nicht an schwer zugänglichen Ecken im vorderen Radkasten am Längsträger im Bereich der Federn und Stoßdämpferaufnahmen.

Als vergleichsweise wenig problematisch in Sachen Haltbarkeit darf der Motor gelten, der bei ordentlicher Wartung hohe Laufleistungen erzielt. Auch der Eaton-Kompressor ist eher pflegeleicht. Allenfalls auf den Kunststoffkettenspanner, der in den frühen Baujahren zum Einsatz kam, muss man achten. Unter dem Strich bietet der stark motorisierte X308 mit Aufladung jede Menge Auto für vertretbares Geld.

Quelle: ntv.de, kse/sp-x

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