Praxistest

Weniger kann mehr sein Opel Astra CNG - gegen zu viel Abgas

Schnell ist man mit dem Opel Astra CNG nicht unterwegs, aber dafür umweltschonend.

Schnell ist man mit dem Opel Astra CNG nicht unterwegs, aber dafür umweltschonend.

(Foto: Axel Busse)

"Wir brauchen den Diesel, um die CO2-Ziele zu erreichen", hört man gebetsmühlenartig von der Autoindustrie. Aber stimmt das wirklich? Im n-tv.de Praxistest zeigt der Opel Astra GNG, dass sich auch mit einem Ottomotor sauberer fahren lässt.

Schon einmal hat Opel versucht, Kunden zu Erdgas-Fahrern zu machen. Unter anderem war der Van Zafira mit dem alternativen Antrieb zu haben. Der Erfolg hielt sich in Grenzen. Da nun der Diesel in Verruf geraten ist, könnte es eine neue Chance für den CNG-Treibstoff geben, denn er hat unbestreitbare Vorteile. Das "Compressed Natural Gas" (CNG) erzeugt bei Verbrennung nicht nur weniger Kohlendioxid, sondern auch weniger Stickoxide und so gut wie keinen Feinstaub. Die ideale Waffe gegen Fahrverbote?

Äußerlich unterscheidet sich der Astra CNG nicht von seinen Brüdern, nur beim Kofferraumvolumen schwächelt er wegen des Gastanks mit 240 Litern.

Äußerlich unterscheidet sich der Astra CNG nicht von seinen Brüdern, nur beim Kofferraumvolumen schwächelt er wegen des Gastanks mit 240 Litern.

Der Antrieb ist bivalent ausgelegt, das bedeutet, der Wagen kann außer mit Erdgas auch mit normalem Supersprit gefahren werden. Allerdings setzen die verschiedenen Anbieter von Erdgas-Autos auch unterschiedliche Prioritäten, was die Mitnahme von Treibstoff angeht. In eine vorhandene Fahrzeug-Architektur lassen sich die Druckbehälter für das Gas nicht so ohne Weiteres integrieren, so dass stets eine Entscheidung zu treffen ist: Soll die Reichweite mit Benzin größer sein als die mit Gas oder umgekehrt?

Bei Opel hat man sich für große Gastanks entschieden, die ein Fassungsvermögen von 19 Kilogramm Erdgas haben. Stärker noch als bei Benzin ist das tatsächliche Volumen der Füllmenge abhängig von der Umgebungstemperatur. Es kann also sein, dass bei winterlichem Frost auch mal 21 oder mehr Kilo hineingehen. Im Falle eines Normverbrauchs von etwas mehr als vier Kg/100 Kilometer wären also wenigstens 450 emissionsgeminderte Kilometer Reichweite möglich. Der Benzintank ist dagegen schmal bemessen. Seine 13,7 Liter Inhalt sind eher als Notversorgung zu betrachten, wenn mal keine CNG-Zapfsäule in der Nähe ist.

Mehr Geld für weniger Leistung

Die Betankung mit CNG? Kein Problem. Vorausgesetzt, man findet eine entsprechende Zapfsäule.

Die Betankung mit CNG? Kein Problem. Vorausgesetzt, man findet eine entsprechende Zapfsäule.

Das ist nämlich das Problem bei den Gas-Autos: Das Tankstellen-Netz ist löchrig wie ein Schweizer Käse. Rund 900 von ihnen gibt es derzeit im Bundesgebiet, gegenüber mehr als 14.000 Zapfstationen für Benzin und Diesel. Zwar gibt es immer wieder Bekundungen, das Erdgas-Thema forcieren zu wollen - zuletzt versprach Volkswagen die Anzahl der Gas-Zapfen hochzufahren - doch es werden noch lange Zeit Lücken bleiben. Darauf muss man sich einlassen, will man von der bis 2026 festgeschriebenen Steuerbegünstigung für Erdgas-Kraftstoff profitieren.

Fahrverbote in Innenstädten braucht der CNG-Fahrer jedenfalls nicht zu fürchten. Die günstigen Emissionswerte garantieren freie Fahrt auch in Innenstädten. Freilich ist die Anschaffung teurer als die eines herkömmlich angetriebenen Opel Astras. Gegenüber der Benziner-Version mit 1.4 Litern Hubraum und 125 PS sind 3620 Euro mehr zu berappen, gegenüber einem gleichstarken Diesel sind es immerhin noch 1620 Euro. Klar, die zusätzliche Technik an Bord kostet einiges, wieso der CNG-Astra aber keine Start-Stopp-Technik besitzt, die beiden Schwestermodelle aber schon, ist nicht recht einzusehen.

Unter der Haube des Astra CNG sitzt der Vierzylinder mit 110 PS, der Gas ebenso verarbeiten kann wie Benzin.

Unter der Haube des Astra CNG sitzt der Vierzylinder mit 110 PS, der Gas ebenso verarbeiten kann wie Benzin.

Wer sich für den umweltfreundlicheren (und im Betrieb kostengünstigeren) Motor entscheidet, dem wird außerdem die Einwilligung abverlangt, mit weniger Leistung auszukommen, als die Kunden, die sich für einen 1,4er-Astra mit reinem Benzinantrieb vors Haus stellen. Die bekommen nämlich mindestens 125 PS, maximal sogar 150 PS. Die Leistungsminderung, sagt Opel, sei technisch bedingt, habe mit dem Thermomanagement und anderen Faktoren zu tun. Standfestigkeit und Betriebssicherheit gehe da vor Leistung. Dass man das manuelle Sechsgang-Getriebe einmal öfter bedienen muss, um dem Wagen etwas Spritzigkeit zu verleihen, ist also unvermeidlich.

Stickoxide sind kein Thema

Ein Kompaktwagen im privaten Haushalt muss meistens ein Multitalent sein. Deren Fahrprofil ist von Kurzstrecken geprägt, die Jahres-Kilometerleistung ist dennoch hoch. Wenn Verbote künftig Diesel-Kleinwagen in die Zwangpause schicken, bleiben Erdgas-Fahrer mobil. Und wenn Privatfahrer die innerstädtisch gelegene Schule, den Einkaufsmarkt oder den Arzt erreichen wollen, ist dies ohne drohende Einschränkung möglich.

Im Innentraum bleibt der Astra auch als CNG ein Astra.

Im Innentraum bleibt der Astra auch als CNG ein Astra.

Diese Vorteile werden nicht nur mit Euro, sondern auch mit Litern bezahlt. Genau 130 sind es bei der Astra-Limousine. Um dieses Volumen ist der Kofferraum des Fünftürers kleiner als der des reinen Benzin-Pendants, denn unter dem Boden des Gepäckabteils befinden sich die beiden Gas-Behälter. Es bleiben 240 bis 1080 Liter (bei umgelegter Rückbank) Ladevolumen, die Ladekante ist 70 Zentimeter hoch. Gastank und notwendige Zusatzsysteme erhöhen das Leergewicht um etwa 85 Kilogramm. In der Praxis mach sich das aber nicht bemerkbar, der Astra ist genauso handlich und komfortabel, unkompliziert und genügsam wie alle Modelle der Baureihe.

Die Ladekapazität ist die einzige Abweichung von der Nutzbarkeit des Standardmodells, die Kunden hinnehmen müssen. Getankt wird ähnlich unkompliziert wie mit einem Benziner. Der Stutzen für das Füllventil liegt hinter der gleichen Klappe wie der Tankverschluss. Mit wenigen Handgriffen ist der Doppelschlauch angeschlossen und verriegelt, die komplette Befüllung erfolgt automatisch und die Zapfsäule gibt ein optisches Signal, wann das Ventil wieder entfernt werden kann. Bei den gegenwärtig geltenden Preisen von weniger als 1,10 Euro/Kg kostet ein voller Gastank für den Astra etwa 20 Euro. Bei einem Realverbrauch von 4,5 Kg/100 km würde der Kilometer weniger als fünf Cent kosten. Ein Dieselauto, das 6 L/100km verbraucht, fährt zurzeit für etwa 7,5 Cent/Kilometer.

Steuervorteil bis 2026 fest geschrieben

Für die Insassen des Astra CNG gibt es auch in der zweiten Reihe keine Platzeinbußen.

Für die Insassen des Astra CNG gibt es auch in der zweiten Reihe keine Platzeinbußen.

CNG-Autos verfügen häufig über einen Schalter, mit dem der Fahrer den zu verwendenden Treibstoff selbst wählen könnte. Dies ist auch beim Astra GNG der Fall. Eine Taste mit Leuchtdiode zeigt die Betriebsart an. Sie ist gekoppelt mit der Füllanzeige, die sowohl Gas-, als auch Benzinvorrat visualisiert. Vom unbedingten Ausreizen der vermeintlichen Reichweiten ist jedoch abzuraten, denn die errechneten Werte sind nicht immer an den Kilometersteinen am Straßenrand nachvollziehbar. Insbesondere im CNG-Betrieb sind die Angaben zum Aktionsradius sehr stark von der Fahrweise abhängig.  

Um etwaige Begeisterung für ein Erdgas-Auto zu dämpfen, bliebe noch folgendes Argument: „Aber das ist doch auch ein fossiler Energieträger und der ist irgendwann alle!“ Für den Treibstoff, der aus dem Boden kommt, stimmt das tatsächlich. Doch das hauptsächlich aus Methan bestehende Erdgas ist auch synthetisch zu gewinnen – aus Strom, Wasserstoff und Kohlendioxid. Versuchsanlagen im industriellen Maßstab für das so genannte E-Gas gibt es bereits. Allerdings ist die Herstellung noch recht teuer, was sich mit wachsender Menge aber relativieren dürfte.

Der Erdgas-Astra wird in zwei Ausstattungslinien angeboten. Die höherwertige ("Innovation") kostet 27.025 Euro und ist serienmäßig mit Front- und Rückfahrkamera ausgestattet, Parkpilot vorn und hinten sowie Nebelscheinwerfer sind ebenfalls dabei. Elektrisch verstell- und beheizbare Außenspiegel, Reifendruck-Kontrollsystem, der Online-Servicedienst "OnStar", Zweizonen-Klimaautomatik, Tempomat, elektrische Fensterheber hinten, Isofix-Kindersitzbefestigungen und Zentralverriegelung ergänzen den Lieferumfang. Der Testwagen verfügte außerdem über sehr gut ausleuchtende Matrix-LED-Scheinwerfer (+1950 Euro), AGR-Eergonomiesitze (+685 €), sowie Lenkrad- und Sitzheizung (vorn und hinten, +610 €)

Fazit: Der Opel Astra CNG ist etwas für Menschen, denen beim Autofahren Wirtschaftlichkeit und Umweltbewusstsein gleichermaßen wichtig sind. Sie greifen gern etwas tiefer in die Tasche und erkaufen sich damit Verbrauchsvorteile und ein gutes Umwelt-Gewissen. Wer die Vokabel „Fahrspaß“ in persönliche Erlebnisse übersetzen will, ist mit diesem Astra nicht so gut am Start. Als solides Gebrauchsauto, vernünftig und mit breit gefächertem Nutzwert, sammelt er jedoch Punkte. Nicht umsonst war der Astra 2017 mal wieder die beliebteste Opel-Baureihe in Deutschland.

DATENBLATTOpel Astra CNG
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe)4,37 x 1,81 x 1,49 m
Radstand2,66 m
Leergewicht (DIN)1364 kg
Sitzplätze5
Ladevolumen240–1080 Liter
MotorVierzylinder, 1399 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Getriebe6-Gang-Manuell
KraftstoffartCNG/Benzin
AntriebFrontantrieb
Höchstgeschwindigkeit200 km/h
Tankvolumen CNG/Benzin19 kg / 13,4  Liter
Leistung81 kW / 110 PS bei 5600 U/min
max. Drehmoment (Systemleistung)200 Nm bei 2000 - 3600 U/min
Beschleunigung 0-100 km/h10,9 Sekunden
Normverbrauch (innerorts, außerorts, kombiniert)5,6 / 3,3 / 4,1 kg (Erdgas)
Testverbrauch (kombiniert)4,6 kg/100 km
Emissionen/CO2113 g/km
Grundpreis25.090 Euro
Preis des Testwagens31.350 Euro

Quelle: ntv.de

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