Praxistest

Erste Ausfahrt mit Audis S4 'S'marter Bruder

Weniger ist mehr: Statt dem Acht- gibt es jetzt einen Sechszylinder-V-Motor.

Weniger ist mehr: Statt dem Acht- gibt es jetzt einen Sechszylinder-V-Motor.

Audi hat dem A4 eine Sportauflage verpasst. Die Neuauflage des S4 überrascht zunächst mit kleinerem Motor und weniger Leistung. Dass der Mittelklassesportler dennoch zu überzeugen weiß, hat die Rennfahrerin Vanina Ickx n-tv.de bei einer ersten Ausfahrt demonstriert.

Bei Audi werden die Sportler immer nachgelegt. Der neue A4 ist bestens im Markt angekommen, hat zahlreiche Preise kassiert und verkauft sich, gegen den Trend, hervorragend. In der aktuellen Statistik hat der Mittelklasse-Beitrag aus Ingolstadt einen beachtlichen zweiten Platz eingenommen. Vor namhafter Konkurrenz, wie dem VW Passat, der C-Klasse von Mercedes oder Opels Astra. Und vor allem vor dem Münchner Rivalen, dem 3er von BMW.

Das erfreut Audi und deshalb legt man jetzt den S4 nach. Mit der Sportversion der 4er-Baureihe hat man gute Erfahrungen und eine lange Tradition, die bis zum Ur-Quattro zurückreicht. Die Sportmodelle der Vierer-Reihe sind bezahlbar, bieten aber dennoch großen Sport. Keine schlechte Alternative für den Familienvater, der eben den Kombi braucht, dem aber gleichzeitig für den RS6 das nötige Kleingeld fehlt. Zusammen mit der Tochter der Rennfahrerlegende Jackie Ickx, Vanina, hatte n-tv.de Gelegenheit das Auto bei einer ersten Ausfahrt auf Mallorca zu testen.

Beim Kombi, genannt Avant, ist die Hecklippe am oberen Rand der Heckklappe montiert.

Beim Kombi, genannt Avant, ist die Hecklippe am oberen Rand der Heckklappe montiert.

Gelungener Kompromiss

Im Vergleich zum Vorgänger hat sich einiges getan. Die Downsizing-Welle ist auch in der S-Linie angekommen. Das verwundert zunächst, denn wer sich für ein Sport-Modell von Audi entscheidet, der gehört in der Regel nicht zu den großen Benzinsparern. Doch bei genauerem Hinsehen entpuppt sich die Lösung als ein gelungener Kompromiss.

Die größte Veränderung ist der Motor. Statt dem 4,2-Liter-V8 ist jetzt ein Sechszylinder unter der Haube zu finden. Hubraumfans dürfte das enttäuschen. Dann hat das Drei-Liter-Aggregat auch noch elf PS weniger zu bieten als sein Vorgänger. Ein Affront für den einen oder anderen S-Fan. Doch der Motor kann durchaus überzeugen. Er zeigt sich äußerst durchzugsstark und bietet in der Drehmomentkurve an nahezu jedem Punkt Potenzial zum Beschleunigen. Vanina Ickx machte davon naturgemäß reichlich Gebrauch.

Aufklärung: Vor der Fahrt erläutert Vanina Ickx die Technik des Audi S4.

Aufklärung: Vor der Fahrt erläutert Vanina Ickx die Technik des Audi S4.

Der Drei-Liter-TFSI im S4 leistet 43 PS mehr als der im A6 eingebaute. Schon daran merkt man, dass sich die Ingenieure genau überlegt haben, was sie da tun. Mit 333 PS ist er gegenüber dem Vorgänger immer noch sehr gut motorisiert. Mit 440 Newtonmeter Drehmoment hat er sogar 30 Einheiten draufgepackt. Daher lässt er in Punkto Sportlichkeit wirklich keine Wünsche offen.

Fahren wie auf Schienen

Kräftig aufgerüstet hat Audi aber in Sachen Fahrwerk. Quattro ist natürlich unumgänglich, aber die Betonung liegt zu 60 Prozent auf der hinteren Achse, wie man es schon vom RS4 kennt. Eine gute Idee, denn das Auto verhält sich fast wie ein Hecktriebler, ist aber um Welten stabiler, wenn es in Kurven wirklich zur Sache geht. Das Fahrwerk ist 20 Millimeter tiefer als beim normalen A4 und ausreichend straff abgestimmt. Im Kurveneingang zeigt der S4 noch keine klare Tendenz zum Unter- oder Übersteuern. Das kann irritieren, doch ein paar Ecken weiter hat man sich schon daran gewöhnt.

Dazu sollte allerdings das optionale Sportdifferenzial mitbestellt werden. Dieses verteilt die Kraft auf der Hinterachse variabel zwischen den beiden Rädern. Es kann sogar auf einem Rad bremsen, während es das andere Rad beschleunigt, um das Auto stabil zu halten. Damit fährt es sich wirklich fast wie auf Schienen, wie es Audi verspricht. Überhaupt verleiht das Fahrwerk ein gefährlich hohes Maß an Sicherheit, dass leicht zum Übermut führen könnte.

Der Sechszylinder-TFSI-Motor hat zwar weniger PS, ist aber keineswegs lahm.

Der Sechszylinder-TFSI-Motor hat zwar weniger PS, ist aber keineswegs lahm.

Empfehlenswert ist auch das Drive-Select-System. Damit lässt sich Fahrwerk, Gasannahme und Lenkung den Bedürfnissen anpassen. In drei Stufen kann zwischen Komfort und Sportlichkeit gewählt werden. Zudem lassen sich individuelle Einstellungen vornehmen. Geregelt wird das Fahrwerk durch die elektronische Dämpferregelung, die bis zu 1000 Berechnungen pro Sekunde vornimmt.

Sieben-Gang-S-Tronic schließt eine Lücke

Dann wäre da noch das neue S-Tronic-Getriebe. Da hat man bei Audi eine wirkliche Lücke im Sortiment geschlossen. Die sieben Gänge schalten butterweich und das Getriebe reagiert intelligent auf das Betätigen des Gaspedals. Fans von Handschaltern werden sicher bemängeln, dass es natürlich immer noch eine halbe Sekunde dauert bis zum Zurückschalten, aber ein Auto kann die Gedanken des Lenkenden eben (noch) nicht antizipieren. Für die Rastlosen steht auch ein Sechs-Gang-Handschaltgetriebe bereit. Für alle anderen dürfte es großen Spaß machen, den S4 mit der neuen S-Tronic zu bewegen, zumal sich mit dem siebten Gang auch tatsächlich Sprit sparen lässt.

Schöne Details: S4-Logos und gebürstetes Aluminium im Innenraum erhöht den Wohlfühlfaktor.

Schöne Details: S4-Logos und gebürstetes Aluminium im Innenraum erhöht den Wohlfühlfaktor.

Womit wir beim Verbrauch angekommen wären. Der S4 soll durch das Downsizing mit 9,7 Litern zu bewegen sein, beim Avant sollen es 9,9 werden. Das war auf unserer ersten Testfahrt noch nicht wirklich nachzuvollziehen. Erreichbar sind die Werte wahrscheinlich schon, doch für Fans der sportlichen Fortbewegung dürfte das mit erheblichen Schmerzen im Gasfuß einhergehen. Ein Auto wie den S4 möchte man fordern und daher dürfte sich in der Realität ein höherer Verbrauch ergeben. Dennoch wohl deutlich weniger als beim Vorgänger, der immerhin zwei Töpfe mehr füllen musste.

Erfreuliche Details

Optisch spricht der S4 eine klare Sprache von Sportlichkeit. Die schwarze Plastikeinfassung um die Nebelscheinwerfer könnte vielleicht einen Tick kleiner sein und Außenspiegel in Silber sind auch Geschmackssache. Aber beides passt sich durchaus stimmig ins Gesamtbild. Die Zehnspeichen-Leichtmetallfelgen passen sehr gut zum Single-Frame-Kühlergrill vorne und erlauben Einblicke auf Bremsscheiben samt Alugehäuse.

Schöne Details, wie das S4-Emblem auf der Bremsanlage, dem Lenkrad und den Türleisten, sowie ein Quattro-Schild in gebürstetem Aluminium über dem Handschuhfach sind Aufmerksamkeiten, die die Wertigkeit unterstreichen. Auf Wunsch gibt es zweifarbige Ledersitze mit Alcantara. Einziger Makel im Innenraum, der sonst tadellos verarbeitet ist, ist eine silberfarbene Abdeckung über Cockpit und Multimediakonsole. Diese fällt qualitativ doch ab und daher auf. Auf Nachfrage wird man dieses Detail möglicherweise überdenken.

Der Audi S4 ist ein gelungener Mittelklassesportler, der die Audi-typische, perfekte Mischung zwischen sehr guter Technik, starker Motorleistung und exzellenter Verarbeitung bietet. Die etwas geringere Leistung ist gut begründet und daher keinesfalls ein Makel. Das hat uns Vanina Ickx auf unserer Testfahrt eindrucksvoll demonstriert. Im Gegenteil, das Auto ist noch sportlicher und technisch ausgereifter geworden. Da der S4 sogar noch 4500 Euro billiger ist als sein Vorgänger, kann man nur sagen: Ein starkes Stück Auto.

Quelle: ntv.de

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