Erfolgreich im Job "Bescheidenheit bringt uns nicht weiter"
02.06.2020, 18:09 Uhr
Einfache Übungen können helfen, im Berufsleben selbstbewusster aufzutreten.
(Foto: imago images/Westend61)
Frauen wissen im Berufsleben oft nicht um ihre Stärken und Vorzüge oder spielen diese nicht ausreichend aus, sagt Anouk Ellen Susan. Im Interview mit ntv.de gibt die Speakerin und Autorin Tipps für mehr Selbstbewusstsein und erfolgreiches Netzwerken.
ntv.de: Ihr Buch "Upgrade yourself" trägt den Untertitel "Souverän und selbstbewusst als Frau im Job". Wie hängen Selbstbewusstsein und beruflicher Erfolg zusammen?
Anouk Ellen Susan: Ich glaube, dass schon der Glaube an sich selbst Berge versetzt. Wer selbstbewusst ist, der kann authentisch sein - und diese Authentizität macht meiner Ansicht nach erfolgreich. Wir wollen keine Möchtegerns, sondern echte Persönlichkeiten. Die so sind, wie sie sind und denen man das auch abnimmt. Neben Selbstbewusstsein - und damit Authentizität - tragen auch Selbstentfaltung und Selbstmarketing zum Erfolg bei. Wer diese drei Sachen in sich birgt, der hat echte Aussichten auf Erfolg und Erfüllung.
Frauen tun sich in Sachen Selbstbewusstsein ja manchmal schwer.
Ja, man kennt das vielleicht: Eine Freundin sieht ein tolles Jobangebot, zögert aber, sich zu bewerben. Vielleicht, weil nach fünf Jahren Auslandserfahrung gefragt wird und sie nur vier Jahre vorweisen kann. Ein Mann würde sofort zusagen, mit dem Gedanken: Ich habe zwar nur vier Jahre Erfahrung und mein Englisch ist so lala, aber das lerne ich eben. Manchmal braucht es mehr Mut zu sich selbst, Mut, Neues zu tun, die Komfortzone zu verlassen, einfach mal zu machen und sich etwas zuzutrauen. In dieser Hinsicht können wir uns manchmal etwas von den Männern abgucken. Das heißt aber nicht, dass wir uns wie Männer verhalten sollten. Wir sind Frauen, lasst uns bitte auch Frauen bleiben! Ich glaube an die Stärken der Frau, trage immer meine Kleidchen und bleibe in meiner Weiblichkeit - Authentizität siegt auch hier immer.
Welche Übungen können dabei helfen, selbstbewusster und durchsetzungsfähiger zu werden?

Anouk Ellen Susan war Direktorin des Niederländischen Büros für Tourismus & Convention in Deutschland und ist Vorstandsvorsitzende der Deutsch-Niederländischen Gesellschaft. Inzwischen hat sie sich als Speakerin, Trainerin und Autorin selbstständig gemacht.
(Foto: Laurence Chataigne)
Zu Beginn reicht es schon, das Neinsagen zu üben. Zu sagen: Super, dass du mir das zutraust, aber ich mache Sachen gerne gut und habe momentan nicht genügend Zeit, um das meinen Erwartungen entsprechend umzusetzen. Solche Standardsprüche können helfen, manchmal kann auch ein schlichtes, aber konsequentes Nein reichen. Das kann schon ein erstes Schrittchen sein, um für sich einzustehen. Und was mir wirklich geholfen hat, ist eine 360-Grad-Befragung: Frag deine Freunde, Familie, Kollegen und Geschäftspartner, was deine Stärken und Vorteile sind - du wirst erstaunt sein, was du für ein Feedback bekommst. Frauen kommunizieren 25 Mal häufiger über ihre Schwächen und Fehler als über ihre Stärken und wissen oft gar nicht um ihre Vorteile. Da kann es helfen, wenn der Spiegel vorgehalten wird.
Welche Stolpersteine gibt es noch?
Der Verband deutscher Unternehmensberater hat festgestellt, dass einer der drei größten Karrierekiller falsche Bescheidenheit ist. Vor allem wir Frauen denken oft, dass die anderen schon sehen, was wir alles tun und was wir alles können. Aber das ist oft nicht so. Meine Devise ist: Work out loud - tue Gutes und rede drüber. Das geht übrigens auch super online - auf Xing, Linkedin oder im Intranet. Man muss nicht protzen und angeben, aber zeigen, was man kann. Bescheidenheit bringt uns nicht weiter.
Sie heben in diesen Zusammenhang die Bedeutung von Networking hervor. Welche Tipps geben Sie Menschen, denen das schwerfällt?
Es gibt viele Studien, die besagen, dass Frauen Netzwerke weniger und weniger effizient nutzen als Männer. Sie wollen sie nicht instrumentalisieren und stellen sich selbst in ihrem eigenen Netzwerk unter ihrem Wert dar. Es gibt aber Strategien, um Netzwerken zu lernen, eine heißt "Die magischen Zwei". Man schaut sich vor einer Veranstaltung die Teilnehmerliste an - wenn die DSGVO es zulässt - und sucht sich dann zwei Menschen aus, die aus der gleichen Stadt kommen wie man selbst, zwei, die den gleichen Beruf haben und vielleicht zwei, die einfach einen coolen Namen haben und die man kennenlernen möchte. Dann von Tisch zu Tisch zu gehen ist praktisch wie beim Fliegen Meilen zu sammeln oder ein Upgrade zu bekommen. Oft stehen Menschen bei Veranstaltungen bei den Leuten, die sie schon kennen. Ich möchte aber dazu aufrufen, sich zu den Unbekannten zu stellen. Und sich vorher drei oder vier Fragen zu überlegen, denn ehrlich gesagt redet jeder gerne. Zuhören und Fragen stellen zu können ist ein richtig großes Gut. Ich treffe mich dann einmal im Quartal mit drei oder vier Leuten aus meinem Netzwerk in einer Mastermind-Gruppe. Jeder darf zwei Stunden auf den Hotseat und bekommt Feedback zu einem Thema, über das er reden möchte.
Niederlagen gehören natürlich immer dazu. Was war für Sie ein Moment, in dem Sie am liebsten hingeschmissen hätten?
Ich hatte einen Tag, da schlug Murphys Gesetz voll zu: Ich war 30 Jahre alt, in den Niederlanden gerade zur Marketing-Managerin mit internationalem Team befördert worden und wurde dann eingeladen, um bei einem Kongress einen Workshop zu geben. Ich fühlte mich, als wäre ich ganz oben angekommen. Doch dann begrüßte mich der Direktor der Veranstaltung mit den Worten "Toll, dass du da bist, dann kannst du mir ja helfen, die Unterlagen zu verteilen." In dem Moment kamen die Teilnehmer und ich stand da wie seine Assistentin. Als er mich vorstellen sollte, fiel dem Direktor mein Name nicht ein und er fragte: "Darf ich dich Coco nennen? So hieß einmal eine Geliebte von mir.". Zu guter Letzt wurde dann auch noch mein Workshop gecancelt und andere Teilnehmer wurden aufgefordert, sich für ein Foto neben die "kleine Blonde" - also mich - zu stellen, weil das mehr hermachen würde. Diesen Tag nenne ich heute meinen Coco-Tag - da ist einfach alles zusammengekommen.
Wie sind Sie damit umgegangen?
In so einem Moment fühlt man sich natürlich wie ein Loser, aber das sind die Momente, in denen wir am meisten lernen. Ich habe hinterher gemerkt, dass ich vielleicht ein bisschen blauäugig war und nicht gewappnet für Angriffe. Dabei es wird immer Angriffe geben - es wird Menschen geben, die nicht nett zu dir sind, die versuchen dich zu verunsichern und zu manipulieren. Dafür muss man gewappnet sein mit Sprüchen und mit einem Plan B. Und wenn doch alles schiefgeht, hilft ein Perspektivwechsel. Man muss sich sagen: Das ist kein schlechtes Leben, sondern nur ein schlechter Moment.
Was würden Sie rückblickend Ihrem jüngeren Ich mit auf den Weg geben?
Als Kind hatte ich einen schweren Fahrradunfall, lag im Koma und als ich nach einer Woche wieder aufwachte, musste ich wieder mein Gedächtnis trainieren und neu laufen lernen. Meine Mutter saß an meinem Bett und sagte: "Anouk, es ist nicht das, was dir widerfährt im Leben, sondern das, was du daraus machst." Und: "Das Nein hast du, das Ja kannst du bekommen." Diese Sätze haben mich in meinem Leben begleitet. Heute würde ich meinem jüngeren Ich außerdem empfehlen, sich diese Fragen zu stellen: Was macht dich dankbar? Was sind deine Ziele? Wofür schlägt dein Herz? Und ihm dann sagen: "Glaub an dich, ich glaub an dich."
Mit Anouk Ellen Susan sprach Franziska Türk
Quelle: ntv.de