Zum Tod von Manfred Krug Adé, Liebling!
27.10.2016, 16:16 Uhr
Grantler mit Herz und großer Klappe: als "Liebling Kreuzberg" auch modisch ganz weit vorne.
(Foto: dpa)
Er war unser "Liebling Kreuzberg" und die Personifizierung eines Berliners, dabei stammte er aus Duisburg: Manfred "Manne" Krug. Doch nicht nur als Schauspieler ist er unvergesslich - auch als Sänger geht der ehemalige "Tatort"-Kommissar in die Geschichte ein.
So einer wie Manfred Krug ist eine "Type" - so nennt man doch diejenigen, die sich selbst nicht so ernst nehmen, stets mit einem Spruch kontern können, die die Palette von mürrisch bis herzergreifend drauf haben, die nicht modisch, aber doch ein bisschen eitel sind, die für jeden ein freundliches Wort übrig haben und sich dennoch Zeit für sich selbst nehmen. So war "Liebling Kreuzberg" und so stellt man sich auch Manfred Krug vor. Dabei war er natürlich noch viel mehr.
Er wurde 79 Jahre alt und hinterlässt seine Frau Ottilie, mit der er seit 1963 verheiratet war, drei gemeinsame Kinder und eine uneheliche Tochter. Des weiteren wissen wir, dass Krug an einem Rosenmontag (8. Februar 1937) geboren wurde und dass die häufigen Umzüge seiner Eltern ihn schließlich aus dem Ruhrgebiet vor die Tore Berlins führten, nach Hennigsdorf, da sein Vater, ein Eisenhütten-Ingenieur, dort eine Anstellung fand.
Eigenwillig mit Herz
Das Knurrige aus Berlin also und die Offenheit aus der Geburtsstadt - das machte Manfred Krug vielleicht zu diesem speziellen Menschen, der eine quasi unkaputtbare, seit Jahren gewachsene Fan-Basis verzeichnen konnte. Eine Menge erlebt hat er: Bombenangriffe auf seine Heimat, die Trennung der Eltern (Manfred blieb beim Vater, denn Mutter wurde in flagranti mit einem anderen Mann erwischt) und schließlich sein Leben in der DDR.
Krug wurde zum Stahlschmelzer ausgebildet - eine Narbe an seiner Stirn blieb ihm als ewiges Andenken von einem Spritzer flüssigen Stahls. Er holte sein Abitur nach und versuchte sich in Bertolt Brechts Berliner Ensemble.
Bahnbrechend für seine weitere Zukunft aber war wahrscheinlich das Leben in einer WG, wie man es von so einigen Künstlern kennt; in Krugs Ostberliner Wohnung lebte auch Schriftsteller Jurek Becker, der einer seiner engsten Freunde wurde und blieb. Aus dieser Zeit, den Anfangs-Sechzigern, stammt auch der Film "Spur der Steine", der in der DDR nach drei Tagen wegen "antisozialistischer Tendenzen" aus den Kinos genommen wurde und erst in der Wendezeit wieder gezeigt werden konnte.
Wenn man an Manfred Krug denkt, denkt man an "Auf Achse", "Jakob und Adele", an seinen Kommissar Paul Stoever im "Tatort", zusammen mit Charles Brauer, und den bereits erwähnten Straßenfeger "Liebling Kreuzberg", in der er einen eigenwilligen Anwalt mit Herz und unkonventionellen Methoden, der sich auch für die kleinen Leute einsetzte, verkörperte. Das Drehbuch schrieb anfangs Freund Becker, die Musik wurde von so großartigen Musikern wie etwa Klaus Doldinger komponiert. Kein Wunder, dass das lief wie geschnitten Brot und zwar von 1986 bis 1998. "Liebling Kreuzberg" ist ein Zeitdokument, das in der zuerst geteilten und dann wiedervereinigten Stadt vor allem bei seinen Bewohnern einen oberen Platz in der ewigen Bestenliste einnehmen dürfte.
"Baden gehen"
Aber nicht nur als Schauspieler, auch als Sänger ist Manfred Krug nicht wegzudenken aus der deutsch-deutschen Geschichte. Nachdem sein Ausreiseantrag genehmigt wurde, verließ Krug 1977 die DDR in Richtung Berlin-Schöneberg. Seine Karriere als Musiker geriet dadurch ins Stocken. An der Komischen Oper Berlin war er 1970 zum Beispiel in George Gershwins "Porgy and Bess" besetzt (Regie: Götz Friedrich), um sich dann der Gattung der Chansons zu widmen. Unter seinem Pseudonym Clemens Kerber verfasste er anspruchsvolle Lieder und feierte Erfolge mit Interpretationen von Klassikern wie "Es steht ein Haus in New Orleans". Doch während er als Schauspieler im Westen eine Rolle nach der anderen an Land zog (unter anderem auch in der "Sesamstraße"), konnte er als Jazz-Sänger nicht gleich punkten. Dabei sind Lieder wie "Baden gehen" oder "Wenn's draußen grün wird" absolute Knaller - zu sagen, sie steckten voller Sprachwitz, herrlicher Ironie und Leichtigkeit, ist eine gelinde Untertreibung. Mit seiner langjährigen Kollegin Uschi Brüning war er bis in den April 2016 noch auf Tour.
Fast überflüssig, zu sagen, dass Krug auch schrieb: seine Biografien "Abgehauen" und "Mein schönes Leben" wurden zu Bestsellern und teilweise verfilmt. Er wurde mit Preisen überhäuft - vom "Nationalpreis der DDR" über den "Bambi", die "Romy", die "Goldene Kamera", den "Grimme-Preis" und das Verdienstkreuz 1. Klasse bis hin zur "Paula", dem Filmpreis für Künstler, die sich zuerst in der DDR und später im gesamtdeutschen Film verdient gemacht haben, den er dieses Jahr noch vom Regierenden Bürgermeister Michael Müller erhielt. "Star" genannt werden wollte er deswegen aber noch lange nicht, im Gegenteil.
Krugs feines Gespür für die Belange der Menschen kann man auch daran erkennen, dass er sich für etwas entschuldigte, für das er gar nichts konnte: 1996 machte er Werbung für den Börsengang der Deutschen Telekom. Nach einer Interviewbemerkung, in der er sich für die Verluste entschuldigte, die die Telekom-Aktionäre erlitten hatten, trennte sich das Unternehmen von Krug. Über zehn Jahre später bezeichnete er die Werbespots als seinen "größten beruflichen Fehler". Krug erklärte gegenüber dem Magazin "Stern": "Ich entschuldige mich aus tiefstem Herzen bei allen Mitmenschen, die eine von mir empfohlene Aktie gekauft haben und enttäuscht worden sind."
Keine Sorge, das ist es nicht, was hängen bleiben wird, dessen darf man sich sicher sein. Krug starb bereits vor einigen Tagen in Berlin-Charlottenburg und wurde angeblich auch schon beerdigt. 'Laut seines Management ist Krug, "friedlich im Kreise seiner Familie und zu Hause eingeschlafen". Die Todesursache ist noch unbekannt.
Quelle: ntv.de