Unterhaltung

Live fast, die young Bon Scott - fleischgewordener Rock 'n' Roll

In den späten 70er Jahren: Angus Young, Phil Rudd,  Bon Scott und Malcolm Young.

In den späten 70er Jahren: Angus Young, Phil Rudd, Bon Scott und Malcolm Young.

(Foto: imago stock&people)

Vor 36 Jahren verabschiedet sich einer der größten Rock 'n' Roll-Shouter in die ewigen Jagdgründe. Sein Name: Bon Scott. Heute feiert der Geist des ehemaligen AC/DC-Aushängeschildes seinen 70. Geburtstag - allerdings nicht auf Erden.

Sex, Drugs & Rock 'n' Roll: Das wohl überstrapazierteste Lifestyle-Klischee der Musikbranche hat schon lange ausgedient. 40 Jahre nach den musikalischen Outlaw-Hochzeiten präsentiert sich der berühmte Slogan nur noch als eingeritzte Tattoo-Zeile oder T-Shirt-Aufschrift. Die Krachmacher der Gegenwart tauschen untereinander lieber Smoothie-Rezepte aus. Kein Alkohol, kein Fleisch und Eheringe an den Fingern: Die Rockstars 2016 wirken ungefähr so bedrohlich und kantig wie die ihnen zur Seite gestellten Steuerberater.

Würde Bon Scott noch leben, müsste sich die Rockwelt am heutigen Tag bestimmt so einiges anhören. Wahrscheinlich würde der ehemalige AC/DC-Leader irgendwo auf einer Bühne dieser Welt 70 Geburtstagskuchenstücke in die Menge werfen, beide Stinkefinger in den Himmel recken und ein heiseres "Fuck You!" ins Mikrofon brüllen. Aber alle wissen: Bon Scott kann nicht mehr brüllen. Der Ex-Frontmann der australischen Starkstrom-Combo liegt nun schon seit 36 Jahren unter der Erde von Palmyra, einem Vorort von Perth, begraben.

Während dort tagtäglich dutzende Besucher mit Jeanskutten und langen Haaren niederknien, schenkt sein Geist vermutlich ein Glas Whiskey nach dem anderen ein. Für die Vorstellung braucht es nicht viel Fantasie: Arm in Arm mit Motörheads Lemmy schlägt er hoch oben auf Wolke 666 die Hände vors Gesicht. "Was ist bloß aus unserem Zirkus geworden?", fragt er seinen Kumpel von der Insel.

Erinnerungen werden wach an Zeiten, in denen noch echte Charaktere und Persönlichkeiten am Werk waren. Robert Plant sang sich unter dem Led Zep-Banner die Seele aus dem Leib. Gene Simmons mimte den durchtrainierten blut- und feuerspuckenden God Of Thunder. Und Ozzy Osbourne torkelte wie die Ausgeburt des Leibhaftigen über die Bühne.

Sicher, Robert Plant singt immer noch wie ein junger Gott. Und auch Gene Simmons und Ozzy Osbourne sind noch am Start. Aber die unbändige Energie des Ursprungs? Die ist schon lange verflogen.

Gier nach Exzessen

Bon Scott war zu Lebzeiten ein Sinnbild für fleischgewordene Energie. Mit nacktem Oberkörper und enger Schlagjeans enterte er Mitte der Siebziger die Bühnen, nahm seinen Riff-Raff-Buddy Angus Young auf die Schultern und predigte die Essenz des Rock 'n' Roll. Mit seiner rauen Stimme drückte er dem bluesgetränkten AC/DC-Sound seinen unnachahmlichen Stempel auf.

Bon Scott war ein Lebemann. Angetrieben von der Gier nach Exzessen lebte er nach dem Motto "Live fast, die young". Das Lösen des One Way-Tickets gen Himmel war aber mit einer Bedingung verknüpft: "Wenn es da oben keinen Rock 'n' Roll gibt, dann will ich dort nicht hin", gab er einst zu Protokoll. Die Erkenntnis kam spätestens im Frühjahr 1979. "Hey Mama, look at me, I'm on my way into the promised land", heißt es im Über-Song der Band "Highway To Hell". Die Richtung schien klar zu sein. Dort, wo das imaginäre Feuer brodelte, standen dem gebürtigen Schotten Türen und Tore offen.

Am 19. Februar 1980 war es dann soweit. Nach einer durchzechten Nacht in London schließt Bon Scott auf der Rückbank eines alten Renault 5 für immer seine Augen - er wurde 33 Jahre alt. Erstickt am eigenen Erbrochenen, heißt es. Der Bourbon hat ihn weggeschwemmt.

36 Jahre später ziehen folgende Bilder vor dem geistigen Auge vorbei: Wieder mit Whiskey angestoßen. Mit der Kippe im Mundwinkel und 70 Geburtstagskerzen vor der Nase, blickt Bon Scott gemeinsam mit Lemmy Kilmister durchs Schlüsselloch. Die AC/DC-Bühne ist mittlerweile dreimal so groß wie in den Siebzigern. Sein alter Kumpel Angus Young hüpft immer noch wie ein Derwisch in Schuluniform durch die Gegend. Doch wer steht da am Mikrofon?

Ein pummeliger Schreihals mit Gipsfuß röhrt seine Hymnen inbrünstig ins Mikrofon. Sein Name: Axl Rose. Der macht das gar nicht mal so schlecht. Scheint definitiv auch gerne mal etwas zu tief ins Glas zu gucken. Bon Scott applaudiert. Auch Lemmy nickt anerkennend. Aber beide wissen: Die "echten Kerle" gucken sich gerade lächelnd in die Augen. Die Lebenden geben sich Mühe, keine Frage. Aber die sprudelnde Quelle des Rock 'n' Roll brodelt schon seit Jahrzehnten in anderen Dimensionen: nämlich am Ende des "Highway To Hell".

 

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen