"Ich habe die Kugeln lieb gewonnen" Das Los der Lottofee
28.06.2013, 15:44 Uhr
Lottofee mit neuer Jobbeschreibung: Franziska Reichenbacher.
(Foto: picture alliance / dpa)
"Der Aufsichtsbeamte hat sich vor dieser Sendung von dem ordnungsgemäßen Zustand des Ziehungsgerätes und der 49 Kugeln überzeugt." Dieser Satz wird wohl für immer in die ewigen Jagdgründe der TV-Geschichte eingehen. Mit der Live-Ziehung der Lotto-Zahlen im Fernsehen ist nach dem 29. Juni Schluss. Ende einer Ära für die Zuschauer, aber auch für Franziska Reichenbacher, die nach 15 Jahren als Lottofee im Ersten das Zaubern neu erlernen muss. Mit n-tv.de sprach sie über Abschied, Pannen, Lieblingszahlen und natürlich das Glück.
n-tv.de: Nach 48 Jahren endet am Samstag die Live-Ziehung der Lotto-Zahlen in der ARD. Wie schwer fällt Ihnen der Abschied von dieser Ära?
Franziska Reichenbacher: Das ist schon einschneidend. Hier geht etwas zu Ende - das ist mir sehr bewusst. Ich habe das Ziehungsgerät und die Kugeln im Laufe der Jahre richtig lieb gewonnen. Und es war immer eine sehr schöne und auch erfolgreiche Sendung. Deshalb habe ich mich schon während der Sendungen in den vergangenen Wochen damit auseinandergesetzt und innerlich für mich Abschied genommen.
Über die Gründe für die Abschaffung des Formats wurde durchaus spekuliert. Manche mutmaßten gar, es könne mit der Panne beim Mittwochs-Lotto im ZDF vor Kurzem zusammenhängen ...
Nein. Ich kann da nur die Erklärung, die das ZDF bereits abgegeben hat, bestätigen. Die Gespräche hierzu liefen definitiv schon lange vorher und auch der Beschluss war bereits gefallen, als die Panne passiert ist. Beides hat nichts miteinander zu tun.
Die Ziehung in ihrer bisherigen Form wird es im Fernsehen zwar nicht mehr geben, aber Sie werden auch weiterhin eine Lotto-
Sendung moderieren. Wie sieht die aus?
Das Studio wird gerade aufgebaut. Ich werde darin künftig jeden Samstag live um 19.57 Uhr im Ersten vor einer großen Videoleinwand alle Gewinnzahlen des Tages verkünden. Die Lotto-Zahlen werden eine halbe Stunde zuvor in einem Studio in Saarbrücken gezogen.
Das ZDF will für das Mittwochs-Lotto indes kein vergleichbares Format mehr auflegen und schickt Ihre Kollegin Heike Maurer in den "Lotto-Ruhestand". Bedauern Sie das?
Sagen wir es so: Ich halte die Entscheidung der ARD, diesen emotionalen und spannenden Moment weiterhin menschlich zu präsentieren, für richtig. An diesen Zahlen hängen ja Träume und Erwartungen. Das kann man mit einer Moderation menschlicher, freundlicher und wärmer vermitteln. Auch in den 90 Sekunden der Sendung bleibt noch Zeit, es für die Zuschauer ein wenig abzufedern, wenn es mal wieder nicht die richtigen Zahlen gewesen sein sollten. Zugleich aber unterstreicht die künftige kurze Fassung den informativen Charakter der Sendung.
Wie ist das eigentlich: Spielt eine Lottofee wie Sie selbst Lotto oder dürfen Sie das womöglich gar nicht?
Doch, ich darf Lotto spielen und tue das auch. Nicht nur, weil auch ich gerne mal sechs Richtige hätte und brauchen könnte, sondern um mich in die Haltung der Zuschauer vor dem Fernseher hineinversetzen zu können. So kann ich bei der Moderation nachvollziehen, wie sie der Sendung begegnen - ich verstehe die Hoffnung aufs Glück.
Viele Menschen sind beim Lotto ja sehr abergläubisch oder schicksalsgläubig. Deswegen setzen sie immer wieder auf ganz bestimmte Zahlen oder Zahlenkombinationen. Sind Sie auch abergläubisch?
Ich denke, es ist nicht so sehr Aberglaube. Sehr oft setzen sich diese Lieblingszahlen ja aus Zahlen zusammen, die eine ganz bestimmte Bedeutung haben - für die spielende Person oder deren Familie. Ganz klassisch sind das etwa Hochzeitstage oder Geburtstage von lieben Menschen. Es ist schön, zu Zahlen eine besondere Verbindung zu haben. Ganz abgesehen davon: Es erleichtert auch die Kontrolle des Tippscheins im Nachhinein, weil man diese Zahlen schneller erfasst.
Spielen Sie auch mit solchen Lieblingszahlen?
Nein, ich selbst mache das nicht. Ich würde sonst in der Sendung womöglich live vor einem Millionenpublikum erkennen, dass ich gerade gewinne. Ich könnte mich da sicher nicht sehr gut beherrschen. (lacht) Bei der Schlagzeile "Lottofee knackt Jackpot" würde mir schon mulmig werden.
Haben Sie trotzdem eine Glückszahl?
Ja, ich mag zwei Zahlen besonders: die 4 und die 49. Die mische ich auch immer in meine Tipps rein.
Sie haben in Ihren bisher knapp 700 Sendungen rund 1050 Menschen zu Lotto-Millionären gemacht. Hat sich da auch mal
Stabübergabe: 1998 trat Reichenbacher in die Fußstapfen von Lottofee Karin Tietze-Ludwig (r.).
(Foto: picture-alliance / dpa)
jemand persönlich bei Ihnen bedankt?
Hin und wieder - rein zufällig - werde ich von dem einen oder anderen Gewinner angesprochen. Wenn das passiert, sind das immer sehr lustige Begegnungen mit einem Lachen und Augenzwinkern, über die sich beide Seiten freuen. Den Leuten ist natürlich bewusst, dass sie den Millionengewinn nicht unmittelbar mir zu verdanken haben. Obwohl, wer weiß? (lacht) Ich bin schließlich die Mittlerin zwischen den Millionenträumen und dem Ziehungsgerät.
Was war denn in Ihren bisherigen 15 Jahren als Lottofee besonders bemerkenswert?
Wir sind immer sehr stolz, dass wir bei der ARD in fast 48 Jahren so gut wie keine Panne hatten. Nicht nur, was die Ziehung an sich angeht, sondern auch mit Blick auf die Fernsehtechnik - Kameras, Licht und dergleichen. Es gab nur einen berühmt gewordenen Vorfall: 1999 zerbrach eine Kugel beim Mischen im Gerät für das Spiel 77. Das wurde aber sofort bemerkt und auch sofort darauf reagiert. Eine Panne ist nicht so tragisch, wenn man sie schnell erklären kann, so dass der Zuschauer Bescheid weiß. Aber je länger es von einer Panne bis zur Aufklärung dauert, umso problematischer wird es.
Sie sind also ganz froh, dass Ihnen so etwas wie beim Mittwochs-Lotto im ZDF nicht widerfahren ist …
Ja und toi, toi, toi, dass am Samstag nichts passiert. Wenn wir das noch schaffen, können wir wirklich stolz sein.
Ihre Tätigkeit hat Sie auch dazu bewogen, sich generell intensiver mit der Frage des Glücks auseinanderzusetzen. Sie haben zu dem Thema etwa eine CD veröffentlicht und vertreiben auch Glückwunschkarten. Was sagen Sie - macht Geld glücklich?
Natürlich wäre die Standard-Antwort darauf: Geld macht nicht glücklich, aber es beruhigt. Ich würde es mal so sagen: Zu wenig Geld zu haben, ist sicher ein Hauptgrund für große Sorgen und viele Probleme. Im Umkehrschluss gilt das aber nicht - wenn man viel und ausreichend Geld hat, ist man deswegen nicht automatisch ohne Probleme und ohne Sorgen. Im Grunde geht es bei der Ziehung nicht ums Geld, sondern um den Traum von finanzieller Unabhängigkeit. Das ist etwas ganz Wunderbares, weil es einem mehr Entscheidungsfreiheit gibt und man Dinge im Leben ändern kann, die sonst vielleicht nicht zu ändern wären.
Wie würden Sie persönlich Glück definieren?
Die finanzielle Unabhängigkeit wäre natürlich auch für mich ein Traum. Aber ansonsten ist es unglaublich wichtig, dass man Menschen um sich hat, die einen lieben und denen man blind vertrauen kann. Das halte ich für das Allerwichtigste, um im Leben glücklich zu sein. Wenn man das hat und dazu ausreichend Geld und trotzdem nicht glücklich ist, dann ist man wirklich selber schuld. (lacht)
Mit Franziska Reichenbacher sprach Volker Probst
Quelle: ntv.de