Zum Tod von Miriam Pielhau "Das macht keinen Sinn"
13.07.2016, 17:42 Uhr
Für viele Frauen ein Vorbild: Miriam Pielhau.
(Foto: imago/Future Image)
Dieses Jahr lässt uns nicht durchatmen, eine Todesnachricht jagt die nächste. Nun müssen wir uns auch von einer Frau verabschieden, die alle mit ihrem positiven Denken in den Bann gezogen hat. Moderatorin Miriam Pielhau wurde nur 41.
Sollten wir uns bald eine Liste anlegen mit Menschen, die nicht tot sind oder gerade sterben? Wäre die eventuell kürzer? Es kommt einem fast so vor. Die Meldungen von Montag, dass zwei Frauen in einem Alter gestorben sind, in dem man nicht sterben sollte - Schauspielerin Martina Servatius mit 61, Sportmoderatorin Jana Thiel mit 44 - wird nun "überboten" durch die Tatsache, dass Moderatorin Miriam Pielhau dem "K." erlegen ist. Mit 41. Der "K.", so nannte sie den Krebs, hatte wieder unerbittlich zugeschlagen in Form von Leberkrebs. Nachdem sie den Brustkrebs überstanden hatte. Nachdem sie den Tsunami im thailändischen Khao Lak überstanden hatte. Nachdem sie eine Scheidung überstanden hatte. Dabei galt sie vor Kurzem noch als vom Krebs geheilt.
Leben wollte sie vor allem wegen ihrer vierjährigen Tochter. "Ich will für sie leben, will sehen, wie sie groß wird. Ich kann sie doch nicht allein lassen! Ich habe zu Gott gebetet: Du schenkst mir dieses zauberhafte Kind - und dann soll ich sterben? Das macht keinen Sinn. Deswegen habe ich den K. von Anfang an als Aufgabe, aber nicht als mein Ende gesehen," erzählte sie im März diesen Jahres der Zeitschrift "Gala".
Von einem optimistischen Ur-Vertrauen ins Leben sprach sie, das fand sie gesünder als das Gefühl der Angst. Dennoch ging Pielhau davon aus, dass "einschneidende Erlebnisse im Privatleben" zu ihrer Krebserkrankung geführt haben können. Darüber zu urteilen, wie weit so etwas stimmen kann, wäre vermessen. Zurück bleiben wir aber mit der Feststellung, dass es eine unglaubliche Tragik ist, dass diese Frau mit unfassbar jungen 41 Jahren nun tot ist. Eine Frau, die sich immer zuversichtlich gezeigt hat, die sich nicht versteckt hat, die sogar zwei Bücher geschrieben hat ("Fremdkörper" und "Dr. Hoffnung") über ihre Verfassung, ihre Wünsche, ihr Leben.
Dass die Frau, die noch vor drei Wochen den "Leading Ladys Award" - in der Kategorie "Gesundheit" - in Wien entgegennahm (übrigens überreicht von ihrer Kollegin Sylvie Meis, die auch gegen den Brustkrebs angekämpft hat), dass die nun gestorben ist, ist gemein, unfair und ganz einfach zum Kotzen! Oder ist es geradezu statistisch erwartbar, dass wir momentan so viele Tote zu beklagen haben, weil es einfach die Kinder der geburtenstarken Jahrgänge sind? Miriam Pielhau gehört allerdings gar nicht zu den sogenannten Babyboomern, die klassischerweise bis in die frühen und mittleren Sechziger Jahre hineingeboren wurden.
"Schlummerndes Material? Fresse halten!"
Bei ihrer ersten Diagnose habe sie es "sportlich" genommen, erzählte sie 2016 dem "Kölner Express", da wollte sie tapfer sein und ist drei Wochen nach dem Ende der Chemo einen Halbmarathon gelaufen, um ihrem Körper zu zeigen, dass er nicht mehr krank werden kann. Bei der zweiten Diagnose, Leberkrebs, wurde ihr sehr wenig Hoffnung gemacht, das Organ war übersät mit Metastasen. "Doch ich wollte nicht sterben, ich war noch nicht fertig mit diesem Leben."
"Hoffnung kann eine unschätzbare Kraft sein. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir nicht Spielball des Schicksals sind, sondern dass wir mit der Hoffnung die besten Mittel an der Hand haben, unser eigenes Leben zu gestalten." Miriam Pielhau
(Foto: dpa)
In dem Interview vor zwei Monaten sagte Pielhau: "Ich bin gesund. Aber ich weiß, wenn ich das sage, kann ich runterzählen, wann die erste Mail vom Professor einer Uni-Klinik kommt, in der steht, es sei verantwortungslos, so etwas zu behaupten. Mir würde jeder statistisch gläubige Schulmediziner sagen: "Bei Ihnen ist theoretisch noch so viel schlummerndes Material, das kann in einigen Jahren für großen Ärger sorgen!" Ich sage: "Das schlummernde Material kann auch theoretisch bis ans Ende meines Lebens seine Fresse halten."
Bekannt geworden ist Pielhau, als sie bei ProSieben das Magazin "taff" moderierte. 2003 und 2004 war sie für den Sender bei den Oscars in Los Angeles, 2008 und 2009 erklärte sie uns, wie die "Big Brother"-Container-Insassen ticken. Einen Grimme-Preis hatte sie, Spenden-Galas moderierte sie, und zwar immer mit viel Herz und Wärme. Ihre kleine Tochter wusste nichts von ihrer Krankheit. Vor ihr habe sie die perfekte Mutter geben wollen, so Pielhau gegenüber dem "Kölner Express".
Das ist ihr sicher gut gelungen, denn kaum eine war so optimistisch wie Miriam Pielhau, immer wieder hörte man von ihr Sätze wie: "Ich schaffe das". Für sie war klar, dass man mit einer positiven inneren Haltung die Heilung beeinflussen kann. Der "Bild"-Zeitung sagte sie: "Das Wort "Wunder" fiel bei meinen Ärzten, weil es eine absolut unwahrscheinliche Entwicklung war. Laut Statistik würde es mich heute nicht mehr geben."
Das war vor drei Wochen. Statistik war schon immer überbewertet.
Quelle: ntv.de