Unterhaltung

Der 1000. Tatort im Schnellcheck Depressiv im "Taxi nach Leipzig"

Sind wir schon da?

Sind wir schon da?

(Foto: dpa)

Es hätte so eine schöne Party werden können. 1000 Folgen "Tatort" und man schickt Borowski und Lindholm im Psychopathen-Taxi nach Leipzig. Die alles entscheidende Frage: Wer nickt zuerst ein - die Kommissare auf der Rückbank oder der Zuschauer?

Das Szenario

Am Rande einer Polizeitagung in Braunschweig, unter den Rednern der ehemalige Kommissar Franz Markowitz (Günter Lamprecht), laufen sich Klaus Borowski (Axel Milberg) und Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) über den Weg. Aus unterschiedlichen Gründen - Borowski gewohnt desinteressiert, Lindholm ein Date in Aussicht - verlassen die beiden die Veranstaltung und nehmen sich ein Taxi, um zum Hauptbahnhof zu fahren. Dessen Fahrer Rainald Klapproth (Florian Bartholomäi) entpuppt sich als Psychopath mit kurzer Hutschnur. Nicht nur, dass er seiner Ex und ihrem Neuen an den Kragen will, auch vom Sicherheitsgurt hält er wenig. Als ein weiterer Kripo-Kollege zusteigt und allzu arg aufs Anschnallen pocht, dreht Klapproth ihm kurzerhand den Hals um. Das alles unter den Augen der vor sich hindösenden Ermittler auf den hinteren Plätzen. Der Auftakt zu einer unfreiwilligen Ausfahrt nach Leipzig - Psycho-Analyse, wilde Wölfe, Unhappy End inklusive.

Die eigentliche Botschaft

Die vordergründige Message ist natürlich erst einmal: Es gibt etwas zu feiern. Die 1000. Folge (tatsächlich sind es ein paar mehr) steht an und dafür zitiert man sehr frei - letztlich nur im Titel und in der Wegverbindung - den allerersten "Tatort". Im November 1970 war Kommissar Trimmel zwischen Hamburg und Leipzig unterwegs, um einen Kindesmörder dingfest zu machen. Sonstige Sub-Messages des Taxis anno 2016: Gehste in den Krieg, kommste, wenn überhaupt, kaputt zurück. Anschnallen ist wichtig. Off-Sprechen will gelernt sein. Und eine schöne Idee macht noch keinen schönen Tatort.

Darüber wird in der Mittagspause geredet

Tja, das ist mal eine gute Frage. Nächste Frage. Vielleicht darüber, wie Borowski und Lindholm jemals an ihre Jobs gekommen sein mögen. Kommissare, die im Halbschlaf ihre Seminare absitzen. Vor deren Augen - wortwörtlich keinen halben Meter entfernt - jemand umgebracht wird und sie es kaum mitbekommen. Deren Gesprächsführungs-Skills nicht für das Callcenter eines Waschmaschinen-Herstellers ausreichen würden. Und denen Dates und belegte Brötchen mehr am Herzen liegen als der Kern ihres Berufsbildes.

Der Plausibilitätsfaktor

Gerade bei Borowski, dem die Lösung eines Falles oft eh nur irgendwie in den Schoß fällt, stellt sich die Plausibilitätsfrage klassischerweise selten, sind die Kieler Fälle doch zumeist eher Charakterstudien eines angemüdeten Freizeit-Autisten als klassische Kriminalfälle. Auch Lindholm hat mental, das dampft ihr aus jeder Pore, längst mit ihrem Job abgeschlossen. Ist das alles schlüssig? Vielleicht, wenn man die Message zugrunde legt, dass Dienstjahre Hundejahre sind und der Beruf des Kriminalen so arg zermürbt, dass am Ende nur ein trockener Keks in der Tasche und eine Notlüge am Telefon vom Tage übrig bleiben. Mental verrentet, in sich versunken, stoisch und trübsinnig - die Poesie der Depression. Plausibel? Entscheiden Sie selbst.

Die Bewertung

3 von 10 Punkten. 1000-mal berührt - diesmal ist nicht allzuviel passiert. Kommissare im Tiefschlaf auf einem Taxitrip ins Verderben. Wann sind wir da?

Quelle: ntv.de

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