Unterhaltung

"Polizeiruf 110" Ein bisschen "Fast & Furious" in Magdeburg

"Gerdy (Axel Zerbe) rastet aus.

"Gerdy (Axel Zerbe) rastet aus.

(Foto: MDR/filmpool fiction//Stefan Erh)

Eine Frau wird überfahren und ist tot, Brasch und Köhler nehmen die Ermittlungen auf. Dabei stoßen sie auf eine Gruppe junger Männer, die illegale Autorennen austragen. "Crash" beginnt als PS-starker Krimi und nimmt dann durchaus unterhaltsam den Fuß vom Gas.

Die Sache mit Hauptkommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) und Hauptkommissar Dirk Köhler (Matthias Mattschke) - so richtig in Fahrt gekommen war das bislang ja nicht zwischen den beiden. Sie chronisch sorgenumweht und mit festgezurrtem Skepis-Graben zwischen den Augenbrauen, er ein passionierter Freizeit-Misanthrop, mit einem Füllhorn an Floskeln ausgestattet, zusammen ein Kommunikationsvakuum, wie von Harold Pinter ausgedacht.

Mit dem vierten gemeinsamen Fall des Duos stellt sich nun tatsächlich so etwas wie Kommunikation ein. Zwischen sein Murren und Munkeln schleichen sich zuweilen normalgebräuchliche Sätze, ihr bekommt die Anwesenheit von Niklas Wilke (Steven Scharf) besser, als sie das zunächst wahrhaben will. Auch die Zusammenarbeit mit Kriminalrat Uwe Lemp (Felix Vörtler) hat ein paar Dezibel runtergedreht und bewegt sich neuerdings in nahezu sachlichen Bahnen. Bleibt zu hoffen, dass das so bleibt, denn ausreichend böse Buben gibt es nachwievor in Magdeburg.

Brasch (Claudia Michelsen) und Köhler (Matthias Matschke) machen sich ein Bild.

Brasch (Claudia Michelsen) und Köhler (Matthias Matschke) machen sich ein Bild.

(Foto: MDR/filmpool fiction//Stefan Erh)

Henry (Anton von Lucke), Tommy (Dennis Mojen), Axel (Gerdy Zint) und René (Jeff Wilbusch), den alle Renate nennen, sind vier dieser Typen. Nachts treffen sich die losen Vögel und liefern sich illegale Straßenrennen, tagsüber hangeln sie sich durch ihre grundverschiedenen Existenzen, Henry im Kamelhaar-Mantel, Tommy mit Hals-Tattoo, René mit schwulem Alter Ego und Zocker-Vorliebe und Axel mit schwerer Goldkette. So unterschiedlich die Typen sein mögen, eine gemeinsame Bekannte hatten sie: die junge Sara. Als die nächtens über den Haufen gefahren wird und stirbt, pirschen sich Brasch und Köhler an die Jungs heran, im Glauben, der Täter müsse sich unter ihnen befinden. Als die Obduktion schließlich auch noch ergibt, dass Sara im zweiten Monat schwanger war, schiebt sich auch ein mögliches Motiv in den Fokus.

Und dann ist da noch Saras Vater, der zwischen Vogelkäfigen, Brote schmieren und 70er-Jahre-Tapete ein Schattendasein im Plattenbau führt. Ben Becker spielt den frustrierten Alleinstehenden mit all seiner Körperlichkeit, innerlich verkümmert, dabei bebend vor Wut, mit trauriger Plautze und noch traurigeren Gesichtszügen.

Drehbuchautor Wolfgang Stauch ("Polizeiruf 110 - Einer für alle, alle für Rostock") lässt den Zuschauer  bei diesem "Crash" lange im Dunkeln. Zur Abwechslung sind die Kommissare dem Zuschauer eine Nasenlänge voraus, erst gegen Ende wird klar, was den beiden da in den Verhören an Insiderwissen übertragen wurde. Zwischendurch gibt es ein paar rasante Rallye-Aufnahmen, Beinah-Showdowns auf dem Friedhof und blaugraue Kamerafahrten durchs wolkenverhangene Magdeburg.

Die Interaktionen der Gang untereinander, der Dialog Ben Beckers mit dem schnöseligen Henry, der überdrehte Gestus von Renate, all das durchzieht die artifizielle Dramaturgie einer Theater-Inszenierung, angefüllt mit Dialogen, die eher zu Shakespeare als nach Magdeburg-Kannenstieg passen. In seiner Konsequenz aber bringt Regisseur Thorsten C. Fischer dieses "Rennen" spannend bis zum Finish über die Ziellinie. Dass "to crash" zudem auch noch eine andere Bedeutung als den Zusammenprall hat, nämlich bei jemanden zu nächtigen, auch das erfährt am Ende - ohne zuviel zu verraten - seine dramaturgische Umsetzung.

Quelle: ntv.de

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