Unterhaltung

Der Wundertüten-Song-Contest Es könnte wirklich "Glorious" werden

Kann sie in Malmö doch mehr erreichen als von vielen gedacht? Cascada-Sängerin Natalie Horler.

Kann sie in Malmö doch mehr erreichen als von vielen gedacht? Cascada-Sängerin Natalie Horler.

(Foto: picture alliance / dpa)

Wer zuckt, hat verloren. Beim Eurovision Song Contest gilt das traditionell allemal. Den Gewinner vorauszusagen, geht fast immer in die Hose. Dennoch kristallisieren sich im näheren Umfeld der Show stets rasch Favoriten heraus. Auch in Malmö werden einige Kandidaten besonders heiß gehandelt. Darunter, oh Wunder, eine gute Bekannte.

Wir sind raus. Uns trifft keine Schuld. Sie haben das falsch gemacht! Ja, Sie! Beim Ranking in unserer Kandidaten-Bilderserie zum diesjährigen Eurovision Song Contest (ESC) hatten wir uns schließlich auf Ihre Abrufe der Teilnehmer-Videos bei YouTube gestützt. Und was kam da raus? Montenegro auf Platz 1. Und was ist passiert? Montenegro ist bereits ausgeschieden. Im Halbfinale! Als eines der gerade mal sechs von 16 Ländern, denen schon beim ersten Vorentscheid am Dienstag die unschöne Narrenkappe aufgesetzt wurde.

Sind bereits davon geschwebt: Who See aus Montenegro.

Sind bereits davon geschwebt: Who See aus Montenegro.

(Foto: picture alliance / dpa)

So viel dazu. Doch die beiden Halbfinale - das zweite ging am Donnerstagabend mit der Auswahl weiterer zehn Finalisten aus 17 Ländern über die Bühne - hielten noch andere Überraschungen bereit. Nicht nur Montenegro ist raus. Auch Slowenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien durften gleich wieder die eben erst entleerten Koffer packen. Was ist denn da los? Seit Jahren schien die post-sozialistische Balkan-Connection doch wie ein Standbild von Tito in Stein gemeißelt zu sein. Und nun, nachdem Bosnien-Herzegowina von Vornherein aus finanziellen Gründen seine diesjährige Teilnahme am Song Contest abgesagt hat, findet das Finale auf einmal ohne einen einzigen Vertreter aus Ex-Jugoslawien statt. Sachen gibt's.

Türkei mosert und meutert

Bosnien-Herzegowina ist ein gutes Stichwort. Denn tatsächlich hat das Favoritensterben in diesem Jahr schon eingesetzt, ehe der ESC überhaupt begonnen hatte. Okay, Bosnien-Herzegowina ist vielleicht keines der Länder, die man grundsätzlich immer mal auf dem Zettel haben sollte. Wohl aber die Türkei. Und auch die hat - ebenso wie Polen, Portugal, die Slowakei und Tschechien - ihre Teilnahme an der Show 2013 bereits im Vorfeld abgesagt. Begründung: Man sei mit den vor wenigen Jahren vorgenommenen Änderungen am Abstimmungsmodus, nach denen neben den Zuschauern auch wieder Jurys über die Punktevergabe mitbestimmen, nicht einverstanden. Und überhaupt schmecke einem auch die Sache mit den automatisch für das Finale qualifizierten "Big 5" (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien) nicht.

Heizen im nicht allzu warmen Malmö ordentlich ein: Koza Mostra und Agathon Iakovidis aus Griechenland.

Heizen im nicht allzu warmen Malmö ordentlich ein: Koza Mostra und Agathon Iakovidis aus Griechenland.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ja, sagt mal, liebe Türken, wer soll denn e urer Ansicht nach die Chose finanzieren? Eure alten Kumpel aus Griechenland vielleicht? Die trinken sich die Eurovision in diesem Jahr mit ihrem Beitrag "Alcohol Is Free" lieber schön. Und sind damit auch ins Finale vorgestoßen - ätsch. Mal ganz abgesehen davon: Jurys hin oder her - über eure jüngsten Platzierungen (und die Punkte, die ihr regelmäßig aus Deutschland rübergeschoben bekommen habt) könnt ihr euch doch wohl nicht ernsthaft beschweren, oder?

Der griechische Beitrag von Koza Mostra featuring Agathon Iakovidis erweist sich bei den Fans in Malmö im Übrigen als wahre Stimmungskanone. Sobald die Herren vom Peloponnes in ihren Schottenröcken über die Bühne hopsen, hopst beinahe das ganze Publikum mit. Möglicherweise ist dies - angesichts der Alkoholpreise in Schweden, die jeden verschütteten Tropfen zur unermesslichen Katastrophe ausarten lassen - nur eine Solidaritätsbekundung mit der feucht-fröhlichen Freibier-Fantasie der Griechen. Vielleicht aber ja auch ein Hinweis, dass die Schunkel-Nummer den Party-Nerv der Zuschauer trifft?

Welchen Nerv der Falsettgesang des Rumänen Cezar dagegen trifft, lässt sich nicht so genau bestimmen. Aber feststeht: Sein "It's My Life" macht müde Malmöer ratzfatz munter. Und man mag es kaum zugeben - inzwischen ertappt man auch sein eigenes Bein beim Mitwippen.

Ein Kuss mit Folgen

Dass auch die Beiträge aus Finnland und Norwegen in Schweden besonders gut ankommen, ist angesichts der skandinavischen Völkerfreundschaft wenig überraschend. Allerdings: Dass Krista Siegfrids am Ende ihres Auftritts mit der finnischen Hochzeitsmarsch-Version namens "Marry Me" ihre Background-Sängerin knutscht, bringt wirklich Fans aus aller Herren Eurovisions-Länder zum Johlen. Darüber freut sich nicht nur die homosexuelle Zielgruppe.

Auch (oder gerade?) Journalisten können falsch liegen.

Auch (oder gerade?) Journalisten können falsch liegen.

(Foto: n-tv.de)

Norwegens Vertreterin Margaret Berger indes hat mit "I Feed You My Love" einen ähnlich elegant unterkühlten Song wie Lenas "Taken By A Stranger" am Start. Der bewegt nicht nur die Massen in Schweden, sondern auch viele tatsächliche oder selbst ernannte Experten. Die Journalisten im Malmöer Pressezentrum etwa, die vor den beiden Vorentscheiden über ihre jeweiligen Favoriten abstimmten (siehe Bild rechts), sahen den norwegischen Beitrag im zweiten Halbfinale ganz vorne. Auch die Reaktionen auf das besinnlich-schöne "Birds" der niederländischen Chanteuse Anouk fallen auffallend positiv aus, obwohl es der Song im Presse-Voting zum ersten Semifinale "nur" auf Platz 5 geschafft hat.

Ohnehin: Wer glaubt schon Journalisten? Wenn es nach ihnen gegangen wäre, dann hätte auch San Marino den Finaleinzug locker gemeistert. Doch wie schon im Vorjahr mit exakt der gleichen Konstellation ist der Zwergenstaat mit Sängerin Valentina Monetta und Komponist Ralph Siegel abermals bereits im Halbfinale ausgeschieden. Siegel, der sich im n-tv.de Interview ob der an sich positiven Signale vor der Entscheidung noch hoffnungsfroh gezeigt hatte, ist nicht zu beneiden. Vielleicht klappt es ja im nächsten Jahr. Angesichts der gerade mal etwas mehr als 30.000 Einwohner San Marinos (wie viele Sänger kann es da eigentlich geben?) böte sich ja eventuell der Hattrick mit Valentina Monetta an.

"Tonight we can be glorious"

Wenn es um die Favoritenfrage beim diesjährigen Song Contest geht, fällt jedoch vor allem stets und überall der Name eines Landes: Dänemark, Dänemark und nochmals Dänemark. Man kann es nicht leugnen - "Only Teardrops" von Emmelie de Forest hat scheinbar alles, was für einen Eurovisions-Erfolg vonnöten ist: Ethno-Touch, Trommel-Dramatik, Pop-Appeal und einen Refrain, der sich geradezu unverschämt in den Gehörgängen festbeißt. Allerdings: Der Song klingt vor allem in den Ohren von Mitteleuropäern und denen der schwedischen Nachbarn toll. Ob man das etwa in Albanien genauso empfindet, bleibt abzuwarten. Dennoch: Mit Emmelie de Forest muss man rechnen. Das sieht auch Natalie Horler von Cascada so. Im n-tv.de Interview bescheinigte die deutsche Vertreterin ihrer dänischen Konkurrentin beste Siegchancen.

Dabei brauchen Deutschland und Cascada ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Ja, es ist wahr: Unser Beitrag "Glorious" kommt an. Und zwar richtig. Sobald er in Malmö irgendwo zu hören ist, findet sich mit Sicherheit binnen kürzester Zeit eine bunte Schar vom Schweden bis zum Südländer, die freudig-erregt mitklatscht. Und nicht nur das: Auch Natalie Horler gewinnt Herzen und präsentiert sich in Malmö als ausgesprochen charmante Frohnatur. Ihr Auftritt, Show-Treppe und Pyrotechnik inklusive, lässt es krachen. Da kommt auch der Autoscooter im hintersten osteuropäischen Freizeitpark auf Touren. "Tonight we can be glorious", träumt Natalie Horler im Text zu ihrem und unserem Eurovisions-Song. Kein Witz, tatsächlich könnte die Zeile Samstagnacht wahr werden und Deutschland sich am Sonntagmorgen ziemlich verwundert und verkatert die Augen reiben. Könnte natürlich nur. Aber sagen Sie nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt.

Quelle: ntv.de

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