In Til Schweigers Restaurant Flasche Wasser kostet 4,20 Euro
24.01.2017, 12:34 Uhr
Bruno Labbadia (li.) nimmt lieber gleich ein Bier. In diesem Falle ein Bayreuther "Tils".
Zugegeben - sich über Til Schweiger aufzuregen, ist so einfach: Seine Sprache zu nuschelig, sein Look zu lässig, seine Rollen zu doof, an der Kinokasse zu erfolgreich, seine Mode zu kostspielig, und nun auch noch das Restaurant. Wo das Wasser teuer ist.
Eine Flasche Wasser mitten in der Hauptstadt kostet gerne mehr als fünf Euro (nicht aus der Leitung, aber irgendwas dran zu meckern gibt es bestimmt, weil aus Italien importiert oder so), beim Italiener gegenüber kostet's auch knapp unter fünf Euro. Und selbst an der schönen, aber doch eher unschicken deutschen Ostseeküste muss man für eine feine Karaffe Wasser mit Sprudel (für "lautes" übrigens genauso viel wie für "leises" Wasser) 4,50 Euro hinblättern. Da könnte man zucken, muss man aber nicht, wenn man weiß, dass dieses herrliche Wasser ja nun aus der herrlichen Leitung kommt und vor der Abfüllung in die Karaffe durch einen absolut sinnvollen Filter, der nicht billig ist, gelaufen ist. Und so eine Umkehrosmose-Anlage kostet auch an die 1400 Euro, wenn man die installieren lässt.
Okay, den Preis dürfte Til Schweiger in seinem "Barefood Deli" nun mittlerweise eingefahren haben, aber versucht das nicht jeder Gastronom? Und erspart man damit nicht das elendige Hin- und Hergefahre von Glas- oder noch viel schlimmer, Plastikflaschen durch die Republik oder gar die Länder von Italien bis nach Dänemark? Und spart somit auch Energie, in Form von Benzin oder Diesel?
Daher: Soll Til Schweiger seinen Luxus-Gänsewein doch weiter für 4,20 Euro verkaufen. Und ja, gut möglich, dass "Nick Tschiller" angesichts dieser Preispolitik in seinem Hamburg der Kragen geplatzt wäre - aber natürlich ist Tschiller reine "Tatort"-Fiktion und sein Darsteller Til Schweiger eben auch ein Geschäftsmann.
Laut oder leise, gähn ...
Schweiger, der sich für die Leitungswasser-Preise seines erst im November eröffneten "Barefood Deli" einige Kritik anhören muss - wie gesagt, 4,20 Euro für den Liter "Barewater Sprudel" oder "Barewater Still" sind ohne Frage ein gesalzener Preis (die "Hamburger Morgenpost" berichtete) - aber nun auch nicht so ungewöhnlich, dass es einen echten Aufreger wert wäre.
Immerhin: Gemäß der offiziellen Barefood-Deli-Maxime "ehrlich, authentisch und frisch" dürfte das Leitungswasser stets frisch gezapft sein. Zudem gönnt Schweiger seinen Kunden einen besonderen, nun ja, "Luxus", wie Angestellte der "Morgenpost" erklärten: "Das Leitungswasser ist zum Teil kalkhaltig und wir lassen deswegen unser Wasser durch ein gutes Filtersystem laufen." Ob man es so ganz "authentisch" finden mag, schnödes Leitungswasser als "Barewater" zu verkaufen - darüber könnte man freilich dennoch diskutieren. Wie auch andernorts.
Plus: man kann immer woanders essen gehen, wenn es einem nicht passt. Oder ins Ausland fahren. Da ist das Wasser meist billiger zum Essen. Was Til Schweiger selbst empfehlen würde, lesen Sie hier, denn wie man ihn kennt, lässt er so etwas nicht lange auf sich sitzen. In einem offenen Brief, den er auf stern.de veröffentlichte, verteidigt sich der Schauspieler - und teilt dabei wie üblich auch ein bisschen aus.
Was Til Schweiger dazu sagt
Zunächst bedankt sich der 53-Jährige in dezent ironischer Manier für den "hochklassigen und investigativen" Artikel und zollt der Tageszeitung seinen Respekt: "Während in der Weltgeschichte momentan einfach nichts Berichtenswertes passiert, ist es Euch gelungen, Wikileaks ein Thema höchster, gesellschaftlicher Relevanz wegzuschnappen: Der Preis des Wassers in meinem Barefood Deli!" Da würden die Prioritäten stimmen, es blieben "kaum Ansprüche an sorgfältigen Journalismus und gute Recherche offen".
Dann beginnt die offizielle Verteidigung, Ironie aus. Wasser sei nun einmal die Haupteinnahmequelle jeder Gastronomie, wodurch Einkauf, Service, Ambiente und, wie im Fall Barefood Deli, eine Wasseraufbereitungsanlage finanziert würde. Dafür sei der Preis im Vergleich zu anderen Restaurants verhältnismäßig gering. Die "Ursache hierfür ist ein Konzept, das in erster Linie durch seine Nachhaltigkeit besticht", erklärt Schweiger weiter. Schließlich müsse sein Wasser nicht extra transportiert werden. Durch den Filterprozess und Zugabe von Kräutern oder natürlichen Geschmacksstoffen erkenne man außerdem "das aufwändige Produkt dahinter".
Auch für den kritisierten Preis hat Schweiger natürlich eine einleuchtende Erklärung: "Wenn man jetzt bedenkt, was wir mit unserem Wasser alles anstellen, bevor es auf den Tisch kommt (filtern, zapfen, veredeln, etc.) und man die dafür erforderlichen Personalkosten einrechnet, liegt unser Deckungsbeitrag am untersten Ende dessen, was in der Hamburger Gastronomie Standard ist."
Zum Abschluss folgt noch einmal ein Seitenhieb in Richtung Zeitung, der es einmal mehr gelungen sei, mit seinem Namen Auflage für ihr Blatt zu generieren. "In einer Zeit, in der gegen freie Presse wetternde Populisten, rund um den Globus die Macht an sich reißen, solltet Ihr Euch fragen, ob Ihr mit dieser Art von Journalismus nicht auch einen Beitrag dazu leistet."
PS: Zur Einordnung - nach Angaben der Hamburger Wasserversorgung kostet ein Liter Leitungswasser in der Hansestadt (samt Abwassergebühren!) nicht mal einen halben Cent; genauer gesagt 0,0039 Euro.
Quelle: ntv.de, soe/spot