Unterhaltung

"Tatort" mit Wotan Wilke Möhring Graus am See

Einiges an Überdruck hinter der Stirn: "Damian" lässt grüßen.

Einiges an Überdruck hinter der Stirn: "Damian" lässt grüßen.

(Foto: NDR/Christine Schroeder)

Ökos als fanatische Sektierer, der Dorfplebs als wankender Tross zwischen Krankenstation und Demo, ein skrupelloser Energiekonzern - mittendrin Falke und Grosz, die den Mord an einem Iraner aufklären müssen: Fracking, bis der Arzt kommt.

Man kann es sich schon vorstellen, wie die "Tatort"-Autoren in der Ideenrunde plötzlich auf den Song von den Cranberries gekommen sind. Da ist zum einen Marvin Kren. Der Wiener hat neben drei Tatort-Folgen auch die Horrorfilme "Rammbock" und "Blutgletscher" unterm Gürtel. Sein erstes Skript für "Böser Boden" gefällt den Leuten vom NDR, aber Kren hat das Gefühl, ein Co-Autor könnte der Sache dienlich sein. Er findet ihn in Georg Lippert. Der hatte für seinen Kurzfilm "Sadakat" bereits einen Studenten-Oscar gewonnen, die beiden kennen sich von der Hamburg Media School. Lippert ist alles andere als begeistert, erinnert sich Kren: "Er las das Treatment und sagte: Nicht gut! Ich dachte, das ist ja mal ein guter Anfang."

Jan Kielsperg (Rainer Furch) traut nicht einmal mehr seiner Frau (Cristin König).

Jan Kielsperg (Rainer Furch) traut nicht einmal mehr seiner Frau (Cristin König).

(Foto: NDR/Christine Schroeder)

Und nachdem der gemacht ist, nimmt die Sache schnell Fahrt auf. Lippert macht "irrwitzige Vorschläge", Kren denkt sich: Das ist genau der richtige Mann. Lippert drückt auf die Tube und innerhalb kürzester Zeit steht das Drehbuch, irgendwo darin die Sache mit den Cranberries. Falke fährt durch die Nacht, im Auto läuft "Zombie". Und wer da noch überlegt, warum man den untoten 90er-Jahre-Gassenhauer ausgerechnet jetzt exhumiert, dem wird die Sache spätestens beim Anblick der Dorfbevölkerung klar: Wankend, Augenringe, lose Pflaster und Verbände, die Haut brüchig, eitrig, voller Geschwüre. Und schuld daran, dass hier jung und alt durch die Gegend taumelt, als wäre man auf dem Weg zum nächsten "Walking Dead"-Casting, hat natürlich jener Erdgaskonzern, dessen Türme hier in den niedersächsischen Himmel ragen.

Vor den Toren des Firmengeländes wird eines Nachts Arash Naderi ( Hadi Khanjanpour) tot aufgefunden, auf brutalste Weise ermordet. Erst wenige Monate zuvor ist der Iraner nach Deutschland gekommen. Zunächst denken Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) und seine Kollegin Julia Grosz (Franziska Weisz) an eine rechtsradikal motivierte Tat, aber der Fall entwickelt sich schließlich in eine andere Richtung. Da sind die Umweltschützer, deren fanatisch verbrämtem Rädelsführer Jan Kielsperg (Rainer Furch) augenscheinlich nicht nur die Ausdünstungen der Chemiefabrik zu Kopfe gestiegen sind.

Rechtsradikale? Oder Zombies? Mit wem haben es Grosz und Falke zu tun?

Rechtsradikale? Oder Zombies? Mit wem haben es Grosz und Falke zu tun?

(Foto: NDR/Christine Schroeder)

Da ist der Bruder von Arash , Hamed Naderi (Sahin Eryilmaz), dessen kleiner Sohn nicht nur den bösen Blick hat, sondern auch sonst einiges an Überdruck hinter der Stirn. Ein See, der ein dunkles Geheimnis zu bergen zu scheint, ein Waldschrat, der durchs Unterholz geistert. Und dann natürlich das Erdgasunternehmen mit seinen dampfenden Schloten, den zischenden Rohren, den zwielichtigen Gestalten.

Kren und Lippert versuchen sich hier an der Verbindung zweier Genres: Da ist zum einen der Ökothriller. Die Vorschriften in Sachen Fracking, der Rohstoffförderung durch den hydraulischen Aufbruch tiefer Erdschichten, mögen in Deutschland streng sein. Aber auch die herkömmliche Erdgasförderung birgt Risiken für Mensch und Natur, und dagegen wollen Kielsperg und seine stoischen Sympathisanten etwas tun, notfalls mit allen Mitteln.

Leider entzieht das zweite Genre, mit dem hier kombiniert wird, dem realistischen Background, und damit auch dem Edutainment-Faktor des neuesten Falke-Falls, den Boden. "Mich faszinieren diese unheimlichen Momente mehr als die genreüblichen Gore-Effekte, wenn das Blut spritzt und Menschen Menschen fressen" so Marvin Kren über seine Sympathie für für die ruhelosen Untoten.

Keine Frage: Regisseurin Sabine Bernardi verpackt die Story in stimmig-morbide Bilder, die Hautprobleme der Menschen am Rande des geheimnisvollen Sees sehen angemessen unappetitlich aus, dennoch: Hier das Ökodrama, dort der Zombiehorror - so richtig ernst nehmen kann man diesen Fall nicht.

Quelle: ntv.de

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