Unterhaltung

"Polizeiruf 110" Keine Romantik in Rostock

Das Verhältnis der Kommissare Bukow (Charly Hübner) und König (Anneke Kim Sarnau) beginnt wieder Risse zu zeigen.

Das Verhältnis der Kommissare Bukow (Charly Hübner) und König (Anneke Kim Sarnau) beginnt wieder Risse zu zeigen.

(Foto: NDR/Christine Schroeder)

Marodierende Hooligans, desillusionierte Friseusen, kaputte Ehen und mit Bukow und König zwei Kommissare, die am Lebensrand entlangtaumeln wie ihre Verdächtigen. "Einer für alle, alle für Rostock" ist ein granithartes Stück Krimi-Entertainment.

Zwischen den Asphaltplatten haben die Unkrautsoden bereits begonnen, das Plattenbau-Viertel zurückzuerobern, die Kids bolzen auf einem Hartplatz und lassen ihren blutenden Kumpel einfach liegen, der Friseursalon heißt "Haarpune" - und das ist schon das Lustigste hier. Das Türschild "Klosett" steht für "geschlossen", dreht man es herum, zeigt "Ofen" an, dass Frauen wie Mandy hier willkommen sind, um sich Strähnchen färben zu lassen. Salon-Friseuse Doreen (Lana Cooper) schnippelt missmutig an ihren Kunden und hat in der Vergangenheit im Kreise der "Red Rostocks", einer Ultragruppe pilsgeschwängerter Brutalo-Fans von Turbine Rostock, den angestauten Frust abgelassen.

Momke (l) hat gleich wieder Ärger ...

Momke (l) hat gleich wieder Ärger ...

(Foto: NDR/Christine Schroeder)

Als im Zuge eines Hauerei-Dates zwischen Hamburgern und Rostockern der Zahnarzt und Freizeit-Hool Olaf Potensen vor einen Truck geschubst wird, kurz nachdem Doreens Ex-Lover Stefan Momke (Lasse Myhr) aus dem Knast freikommt, brechen alte Wunden wieder auf. Momke versucht mit allen Mitteln, seinen Platz in der "roten Rotte" zurückzuerobern, sucht die Nähe zu seinem vermeintlichen Sohn, den Doreen in der Zwischenzeit großgezogen hat und auch auf der anderen Seite des Gesetzes, im Rostocker Revier, befindet sich alles in Schieflage.

Katrin König (Anneke Kim Sarnau) ist doch nicht zum LKA nach Berlin gegangen und hat ihre Beinah-Vergewaltigung im Zuge des letzten Falles längst nicht verarbeitet. Kompagnon Sascha Bukow (Charly M. Hübner) hält sich mit zu viel Promille am Laufen, um die Trennung von seiner Frau halbwegs zu verdauen. Denkbar schlechte Vorzeichen, um einen haarigen Fall wie den des getöteten Ultra-Fans zu lösen.

Maximum an Romantik

"Einer für alle, alle für Rostock" nennt Autor Wolfgang Stauch seinen Fall, der den Zuschauer knietief in die archaische, brutale Welt der Fußball-Ultras hineindrückt wie einen Welpen ins Erbrochene. Schlägerei-Rituale und Hordentrieb, billige Tattoos, noch billigeres Bier und schneller Sex im Stehen - das sind hier die Koordinaten, oder wie es an einer Stelle heißt: "Ficken ist das Maximum an Romantik in Rostock". In der Tat: So beinhart wie sich hier das Leben Bahn bricht, gerät auch der neueste Fall um das so konträre wie beliebte Duo Bukow/König.

Dabei geht es Stauch und Regisseur Matthias Tiefenbacher gar nicht um die Entschlüsselung einer Parallelwelt am Rande der von Pyros rauchgeschwängerten Fankurven, vielmehr wird hier auf beiden Seiten der Gesetzeslinie Einblick gewährt in das Taumeln am Rande des Zusammenbruchs. So zerstört die "Red Rostocks" daherkommen, so desorientiert sind die Kriminalen am anderen Ende der Skala. "Wir sind nicht gut füreinander" - ein Satz, auf den Bukow und König wie auch Doreen und Momke sich einigen können.

Ein kleiner, zutiefst tragischer Konsens im neuesten, fulminanten Fall aus dem Rostocker Revier, der so unablässig pulsiert und schwankt, hadert und stolpert, dass man sich nach aufreibenden 90 Minuten wünscht, bei einer einschläfernden "Inspektor Barnaby"-Folge, von einem normalgebräuchlichen Eifersuchtsmord versöhnt, aus dem Wochenende dem Montag entgegenzudämmern.

Quelle: ntv.de

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