Mit Fliege und Torte Simonischek erhält Lubitsch-Preis
30.01.2017, 18:05 Uhr
Toni Erdmann - ein Vater, der seine Tochter liebt.
(Foto: dpa)
Der Preisregen für "Toni Erdmann" will nicht aufhören: Für den Oscar Ende Februar nominiert, hat Hauptdarsteller Peter Simonischek nun den Ernst- Lubitsch-Preis für die beste komödiantische Leistung erhalten.
Dieser Film setzt seinen Siegeszug unbeirrt fort - und mit ihm sein Hauptdarsteller. Es ist zwar nicht ganz richtig, dass Peter Simonischek seinen "Durchbruch" jetzt, mit 70 und mit einem Film, der weltweit erfolgreich ist wie schon lange keine deutsche Komödie mehr, feiert, aber ein bisschen fühlt es sich so an. Am Sonntag bekam der Mann, der mit der Titelrolle des "Toni Erdmann" einen Triumph nach dem anderen feiert, den Ernst-Lubitsch-Preis in Berlin verliehen.
In Christiane Pauls Laudatio auf den österreichischen Schauspieler schwingt viel Wärme, als sie sagt, dass Simonischek es schafft, seiner Figur so viel Gestalt und Tiefe zu geben. Sie hat mit ihm "Die Welt der Wunderlichs" gedreht und dort seine Tochter gespielt - nicht, ohne vorher ein wenig in Ehrfurcht zu erstarren und nicht, ohne hinterher voll des Lobes und der Dankbarkeit zu sein für die Zusammenarbeit mit einem Mann, von dem sie viel gelernt hat, ohne dass er sich wie ein Lehrmeister aufgeführt hätte.
Simonischek jubelt zwischendurch und freut sich. Als er auf die Bühne springt, um den Preis entgegen zu nehmen, bindet er sich noch rasch eine Fliege um: "Ohne Fliege kann man so einen Preis nicht entgegen nehmen", sagt er und bedankt sich dafür, dass er mit einem so tollen Team arbeiten durfte. Mit Maren Ade und Sandra Hüller, der Regisseurin und der Schauspielerin, die beide seine Töchter sein könnten. Die Rolle des pensionierten Musiklehrers, der sich unter anderem Namen, mit Perücke und einem Karnevalsgebiss in das Leben seiner verbiesterten, abgestumpften Tochter einschleicht, um ihr wieder Freude und Lebensmut einzuhauchen, den sie als Unternehmensberatern verloren zu haben scheint, ist dem dreifachen Vater auf den Leib geschrieben. Die Preisverleihung sei für ihn etwas Besonderes, sagte Simonischek. "Lubitsch ist einer der größten der Filmgeschichte", und in dem Film "Toni Erdmann" habe er von Anfang an großes Potenzial gesehen. "Das Besondere daran: Er geht ins Verrückte." Und trotzdem sie dieser "Toni Erdmann" ein Mensch, dem man folgen kann und der tatsächlich möglich ist."
Der Welt den Spiegel vorgehalten
Bei der Uraufführung in Cannes 2016 gab es minutenlange Standing Ovations, auch wenn der Preis dann nach Großbritannien ("I, Daniel Blake") ging. Aber den Europäischen Filmpreis bekam Maren Ade und ihr Team - fünf Mal, um genau zu sein: Bester Film, Beste Regie, Bestes Drehbuch (alle Maren Ade), Beste Darstellerin (Sandra Hüller) und Bester Darsteller (Peter Simonischek). Und nun der undotierte Ernst-Lubitsch-Preis, der seit 1958 jährlich vom Club der Filmjournalisten Berlin verliehen wird. Diese Jahr mit der Begründung: "Simonischek gelingt es, hinter der Narrenmaske dieses nur äußerlich tumben Einfaltspinsels eine gelassene Weisheit aufblitzen zu lassen, mit der er wie ein moderner Till Eulenspiegel einer durchgetakteten Geschäftswelt den Spiegel vorhält."
Begeistert von "Toni Erdmann" und Peter Simonischek ist auch der Ehrengast der diesjährigen Preisverleihung: Nicola Lubitsch. Die Tochter des legendären Regisseurs, der am 29. Januar 125 Jahre alt geworden wäre, kam extra aus Los Angeles in die alte Heimatstadt ihres Vaters, um mitzufeiern und eine wunderbare Torte anzuschneiden. Es sei äußerst bewegend für sie, hier zu sein, und zu erleben, wie sehr ihr Vater geschätzt werde. Zwei Mal habe sie den Film gesehen, und in Los Angeles liebe man den Film "selbst wenn man nicht alles versteht", erzählt sie gut gelaunt im Kino Babylon, wo die Preisverleihung stattfand. Am Abend selbst wurde der Lubitsch-Klassiker "Blaubarts achte Frau" mit Gary Cooper und Claudette Colbert gezeigt – und jeder, der den Film kennt, kann sich vorstellen, warum ein Schauspieler sich einfach freuen muss, diesen Preis überreicht zu bekommen: Lubitschs Witz hat nichts an Charme, Aktualität und Einfallsreichtum eingebüßt.
Dominic Raacke, Axel Milberg, Monika Hansen, Ursela Monn, Gerd Wameling, Volker Schlöndorff und viele mehr waren gekommen, um dem Kollegen aus Österreich zu gratulieren. Und Peter Simonischek wird auf jeden Fall in Hollywood sein, wenn es am 26. Februar heißt: "And the Oscar goes to ..."
Ein ausführliches Interview mit Peter Simonischek lesen Sie hier in Kürze.
"Toni Erdmann" wird in einzelnen Kinos weiterhin aufgeführt.
Quelle: ntv.de