Unbändiger Formenreichtum Tony Cragg denkt mit Material
02.02.2017, 07:49 Uhr
Mit konventionellen Techniken schafft Tony Cragg unkonventionelle Kompositionen.
(Foto: Daniel Biskup)
Bronze, Holz und Marmor, Fundstücke. Tony Cragg lässt sich nicht auf einen Stil oder ein Material festlegen. Der britische Bildhauer bleibt auf der Suche nach der passenden Form.
Tony Cragg gilt als einer der weltweit anerkanntesten zeitgenössischen Bildhauer. In seiner künstlerischen Praxis verhandelt er kontinuierlich die Beziehungen zwischen der menschlichen Welt und der Welt der Dinge. Er nutzte im Laufe seiner Karriere unterschiedliche Materialien gleichermaßen: Von Stein, Holz, Glas und Stahl bis zu Bronze und gefundenen Objekten aus der Konsum- und Wegwerf-Welt.
Bereits in seinen frühen Arbeiten offenbart sich ein Drang zur Erkundung und Einordnung der Umwelt. Schon als junger Mann interessiert er sich für Naturwissenschaften und Materialkunde. Tony Cragg, eigentlich Anthony Douglas Cragg, wird 1949 in Liverpool geboren und verbringt nach der Schule zwei Jahre als Labortechniker an einem Material-Forschungsinstitut, eine Erfahrung, die ihn in seinem Umgang mit Materialität prägen sollte. Im Laufe seines Studiums, zunächst am Gloucestershire College of Art and Design und später am Londoner Royal College of Art, beginnt er sich insbesondere für Bildhauerei zu interessieren. In seinen frühen Arbeiten verarbeitet er gefundene Objekte, Kunststoffteile, Geröll von Baustellen und Haushaltswaren. Er schafft aus diesen Überbleibseln und Fragmenten von Zivilisationsmüll Skulpturen und dreidimensionale Arbeiten, aber auch Mosaiken. Er sägt und stapelt Ebenen und Elemente. Er sortiert, kompiliert und setzt neu zusammen. Form, Material und Bedeutung bedingen sich in seiner Arbeit stets gegenseitig.
1977 zieht der Engländer nach Wuppertal und bleibt. Der Liebe wegen. Ab den 80ern zeichnet sich eine Entwicklung in Tony Craggs Werk ab: Statt Plastik-Kompositionen widmet er sich raumgreifenden Skulpturen. Dafür nutzt er auch konventionelle Techniken: Arbeiten in Bronze und Holz. Doch diese setzt er nicht konventionell ein. Er wechselt Stile, lotet den Umgang mit Material und Form aus. Schicht um Schicht entsteht dabei etwas Neues. Cragg ist auf vielen bedeutenden internationalen Ausstellungen vertreten, nimmt an der documenta VII und VIII in Kassel und an der Biennale in Venedig teil. 1988 erhält er den renommierten britischen Turner-Preis.
"Ich bin ein Materialist"
Der Brite lehrt zunächst an der Kunsthochschule Düsseldorf, folgt jedoch 2001 dem Ruf an die Universität der Künste in Berlin. 2006 kehrt er an die Kunstakademie Düsseldorf zurück, wo er von 2009 bis 2013, als Nachfolger von Markus Lüpertz, Rektor wird. Craggs Skulpturen sind nicht naturalistisch, sie geben nicht vor, die Welt zu imitieren. Es sind eher Studien und Versuche einer Erläuterung der Formen und Gegebenheiten der Welt in der wir leben. "Die Kunst hat die Möglichkeit ergriffen, eine ganz neue Sprache und ganz neue Formerlebnisse zu schaffen", so Cragg in einem Interview. Der Großmeister der Bildhauerei ist permanent auf der Suche nach den passenden Materialien, wechselt diese und setzt sie ungewohnt in Szene. In seinen aktuelleren Arbeiten weitet er seinen Begriff des Abstrakten zunehmend aus und nutzt Formensprachen, die auch an Totems erinnern. Ein unbändiger Formenreichtum kennzeichnet Tony Craggs Werk, der von sich sagt: "Ich bin ein Materialist. Material ist alles. Meine Intelligenz, meine Emotionen sind Phänomene des Materials."
Die n-tv "Inside Art" - Doku "Tony Cragg - Zauberer der Formen" mit Wolfram Kons und andere Beiträge aus der Reihe finden Sie hier.
Quelle: ntv.de