NDR zieht Vorschlag zurück Xavier Naidoo fährt nicht zum ESC
21.11.2015, 14:12 Uhr
Der Sänger Xavier Naidoo polarisiert.
(Foto: imago stock&people)
Die Nachricht, dass Xavier Naidoo beim Eurovision Song Contest startet, sorgt für Aufregung. Genauso überrascht der NDR, als er seinen Vorschlag zurückzieht. Naidoo selbst sieht's relativ gelassen.
Sänger Xavier Naidoo wird Deutschland doch nicht beim Eurovision Song Contest (ESC) im nächsten Jahr vertreten. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) zog überraschend seinen entsprechenden Vorschlag zurück. "Es war klar, dass er polarisiert, aber die Wucht der Reaktionen hat uns überrascht. Wir haben das falsch eingeschätzt", meinte ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber dazu.
Naidoo reagierte mit einem knappen Kommentar. Der NDR hatte am Donnerstag mitgeteilt, dass der 44-Jährige für Deutschland singen soll, ohne dass er sich in einem Vorentscheid gegen andere Kandidaten durchsetzen müsste. Dagegen regte sich heftiger Widerstand. Im Internet liefen mehrere Petitionen gegen die ARD-Pläne. Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) bezeichnete die Nominierung als "äußerst kritisch". Auch von Politikern kamen ablehnende Reaktionen. Der 44-Jährige hatte in der Vergangenheit mehrfach für Irritation gesorgt - etwa, als er am Tag der Deutschen Einheit 2014 vor rechtspopulistischen Reichsbürgern sprach, die Deutschland nicht als souveränen Staat anerkennen.
2012 sorgte der Text des Liedes "Wo sind sie jetzt" von Naidoo und Kool Savas für Ärger. Dort geht es in sehr vulgärer Sprache um Kindermorde. Kritiker hielten Passagen des Texts für schwulenfeindlich, weil Homosexuelle mit Pädophilen gleichgesetzt würden.
Naidoo: "Entscheidung ist ok für mich"
"Die laufenden Diskussionen könnten dem ESC ernsthaft schaden", meinte Schreiber. "Aus diesem Grund wird Xavier Naidoo nicht für Deutschland starten." So schnell wie möglich solle entschieden werden, wie der deutsche Beitrag für den ESC in Stockholm gefunden wird. Der NDR hat innerhalb der ARD die Federführung für den ESC. Schreiber betonte zugleich: "Xavier Naidoo ist ein herausragender Sänger, der nach meiner Überzeugung weder Rassist noch homophob ist."
Naidoo selbst bleibt auch nach der Absage durch den NDR kämpferisch und teilte mit: "Meine Leidenschaft für die Musik und mein Einsatz für Liebe, Freiheit, Toleranz und Miteinander wird hierdurch nicht gebremst." Er machte gleichzeitig klar, dass der Entschluss, nicht für Deutschland beim Grand Prix zu singen, einseitig gefasst worden sei. "Wenn sich nun kurz nach unserer vertraglichen Einigung mit dem NDR und dem Abschluss aller Vorbereitungen die Planungen der ARD durch einseitige Entscheidung geändert haben, dann ist das ok für mich."
Die ARD sei vor einigen Monaten auf ihn zugekommen und habe ihn gebeten, für Deutschland beim ESC anzutreten, erklärte Naidoo weiter. "Das war der alleinige Vorschlag der ARD", fügte er hinzu. "Ich habe nach reichlicher Überlegung schließlich zugesagt, weil dieser Wettbewerb ein ganz besonderes Ereignis für mich gewesen wäre."
Der Konzertveranstalter Marek Lieberberg ("Rock am Ring") hatte sich vor der Absage an Naidoo mit deutlichen Worten hinter den Sänger gestellt. Mit Blick auf die Vorwürfe gegen den Sänger aus Mannheim meinte Lieberberg: "Ich bin zutiefst erschüttert über die unglaubliche Hetze, die widerliche Heuchelei und den blinden Hass, für die es keinerlei Berechtigung gibt!" Er habe in mehr als 20 Jahren nie das Gefühl gehabt, dass bei Naidoo "auch nur der Hauch eines antisemitischen, rassistischen, xenophobischen oder nationalistischen Sentiments existiert".
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Niels Annen erklärte auf Twitter: "Richtige Entscheidung. Fehler passieren, gut wenn sie schnell korrigiert werden." Der Grüne Volker Beck schrieb: "Jetzt gilt: alles kann besser werden!"
Naidoo, Mannheimer mit indischen und afrikanischen Wurzeln, hat seine Alben in Deutschland millionenfach verkauft. Mit "Dieser Weg" lieferte er 2006 den Hit zum Fußball-Sommermärchen. Den Echo bekam er sechs Mal, zuletzt in diesem Jahr. Das nächste ESC-Finale findet im Mai 2016 in Stockholm statt, nachdem der Schwede Måns Zelmerlöw dieses Jahr mit seinem Song "Heroes" gewonnen hatte. Zelmerlöw hatte ebenfalls mit Homophobie-Vorwürfen zu kämpfen.
Quelle: ntv.de, jaz/dpa