"A Star is born" Fotografie und Rock seit Elvis
02.08.2010, 10:51 Uhr
Der Star und die Menge: "David Bowie Worldtour 1983" von Denis O'Regan.
(Foto: picture alliance / dpa)
Kreischende Fans, posende Sänger, festgehalten auf einem Foto: Bilder machen Stars zu Popidolen. Das zeigt die großartige Schau "A Star is born".
Popmusik und Fotografie gehören untrennbar zusammen und Fotos (und später auch Videos) machen Stars zu Popidolen – diesen Zusammenhang stellt das Folkwang Museum in Essen in der Ausstellung "A Star is born - Fotografie und Rock seit Elvis" in allen Facetten dar.
Die Ausstellung präsentiert über 300 Exponate: Fotografien, Plattencover, Zeitschriften und Autogrammkarten aus sechs Jahrzehnten – von Elvis bis Franz Ferdinand. Auch kurze Filmausschnitte sind zu sehen – angefangen mit den hysterisch kreischenden Mädchen im Publikum der 60er Jahre bis zu den Großinszenierungen der Mega-Konzerte vor einer unüberschaubar großen Zuschauermenge.

Coverfotos der Musikzeitschrift Bravo aus den 1960er und 1970er Jahren.
(Foto: picture alliance / dpa)
Mit der Entstehung der Popmusik in den 1950er Jahren, vor allem mit Elvis Presley, wurde die Starfotografie populär – zu Beginn noch mit halbwegs authentischen (und daher aus heutiger Sicht oft amateurhaft wirkenden) Aufnahmen, unfrisiert, zufällig, aber bald mehr und mehr inszeniert. Elvis mit dem immer gleichen Schmuseblick und mit Tolle blickte von unzähligen Bravo-Titelblättern, ebenso natürlich die Beatles und die Rolling Stones, Peter Kraus und später Nena – DAS Bravo-Titelmädchen der 80er. Kaum ein Teenager, der nicht Poster seiner Idole an der Wand hatte. Zum Anhimmeln, Nachahmen, auch als modische Vorbilder. Und als Zeichen der Rebellion gegen die Eltern-Generation.
Und Rebellion hat viele Gesichter: Auch die Punk-Bewegung wird ausführlich dargestellt – vom legendären "London Calling"-Album von The Clash über Punk Fanzines bis hin zu Fotografien von Punks in der DDR. Ein bekanntes Bild-Beispiel: "Sid Vicious. Covered in Blood" 1978 beim Konzert in Dallas, festgehalten von Bob Gruen. Vicious' Oberkörper und Gesicht von blutigen Kratzspuren gezeichnet - ein Sinnbild für die aggressive und selbstzerstörerische Kraft des Punk. Ähnlich bekannt: der Oberkörper des "Godfather of Punk" Iggy Pop, der bekanntermaßen bevorzugt mit freiem Oberkörper auftritt.
Legendäre Plattencover
Aber nicht nur die Darstellung auf Postern, Titelblättern und Plakaten gehörte zum Repertoire eines internationalen Rockstars – auch die Plattencover waren Teil des Gesamtkunstwerkes. Einige schafften es gar zu generationenübergreifender, legendärer Bekanntheit wie etwa die "Bananenplatte" der Band Velvet Underground, gestaltet von Andy Warhol, oder das "Abbey Road"-Album der Beatles – das mit dem Zebrastreifen.
Mit dem Abschied vom Format der Langspielplatte, welches noch Platz für aufwendiges Artwork bot, und dem Siegeszug der CD verlor die Rock- und Popfotografie jedoch entscheidend an Bedeutung. Seit der Ära der Videoclips hat sich dieser Trend noch fortgesetzt. Mehr und mehr verlagert sich die Präsenz der Musiker ins Internet - viele Nachwuchskräfte vermarkten sich dort selbst und bieten ihre Musik gar nicht mehr auf CD an. Damit sei der vorläufige Schlusspunkt der Symbiose von Rock und Fotografie erreicht, so die Kuratorin Ute Eskildsen: "Man spürt, dass eine Ära zu Ende geht."
Einige der Fotografen sind nicht weniger berühmt als die abgelichteten Stars – darunter so große Namen wie Richard Avedon, Anton Corbijn, David LaChapelle, Annie Leibovitz, Pierre & Gilles und natürlich Jim Rakete. Sie hatten (und haben) an der Mythenbildung entscheidenden Anteil. Sie hielten neben den inszenierten, gestellten, durchgestylten Kunstporträts, wo jedes Haar da sitzt, wo es soll, magische Momente fest: Mick Jagger mit seiner unwiderstehlichen, aggressiv-erotischen Bühnenpräsenz etwa, im roten Leibchen, mit wehendem Haar, oder Pete Doherty beim buchstäblichen Bad in der Menge, die Zuneigung der Fans genießend – für mich zwei der eindrücklichsten, aussagekräftigsten Fotos der Ausstellung.
Die Schau ist eines der Hauptprojekte der Kulturhauptstadt RUHR.2010. Sie läuft noch bis zum 10. Oktober 2010 - für Musikliebhaber sicher eins der kulturellen Höhepunkte des Kulturhauptstadt-Jahres und ganz sicher einen Besuch wert.
Begleitend zur Ausstellung erscheint ein ausgezeichneter Katalog mit Interviews, Essays – und natürlich mit vielen Fotos. (deutsch/englisch, 335 Seiten, 30 Euro im Museum Folkwang, Edition Folkwang/Steidl)
Quelle: ntv.de