Bücher

Klassische Ohrwürmer Wo Zeichnungen zu Tönen werden

In den Bildern einer Ausstellung hört man die Marktfrauen schreien und die Rhapsody in Blue erklingt mal himmelhoch jauchzend, mal zu Tode betrübt: Ohrwürmer im besten Sinne.

Leiv Ove Andsnes.jpg

Es gibt Klassiker, in der Popularmusik würde man sie wohl Evergreens oder Ohrwürmer nennen, die kennt - fast - jeder. Gershwins "Rhapsody In Blue" gehört ebenso dazu wie Mussorgskys "Bilder einer Ausstellung". Vor allem das letztgenannte Oeuvre hat wie nur wenige andere dauerhaft Eingang in den Populärsektor gefunden und stellt darum die ideale Brücke dar, Popkonsumenten den Zutritt in den E-Sektor zu ermöglichen. Erinnert sei an die Einspielungen von Emerson, Lake & Palmer und Isao Tomita. In diesem Sinne sind beide Werke so etwas wie Benjamin Brittens "Young Persons Guide to the Orchestra", mit dem der einfallsreiche Engländer junge Menschen an die Klassik heranführen wollte. Und führte.

Im E-Bereich gibt’s die von dem großen russischen Komponisten eigentlich nur für Klavier geschriebenen "Bilder" als Ravel-Bearbeitung auch in orchestraler Form. Leif Ove Andsnes hat sich als Pianist von Weltrang natürlich für das Klavier entschieden. Es ist erstaunlich, was der Norweger draus macht. Mussorgsky hatte Bilder des Architekten Viktor Hartmann als Vorlage genommen und es verstanden, Zeichnungen in Töne zu übersetzen. Man meint sie zu sehen, die Marktweiber auf dem "Marktplatz von Limoges", wenn sie sich streiten, man glaubt die Küken in ihren Eierschalen hüpfen zu sehen, wenn die Finger von Andsnes über die Tasten … nicht fliegen, nein, hüpfen. Die Megalomanie des "Großen Tors von Kiew" drängt sich nachgerade körperlich auf. Eine Meisterleistung, dieses letzte Pianobild, umso mehr, wenn man bedenkt, dass das Tor in der Geburtstadt der Rus nie gebaut wurde.

Brillante Kinderszenen

Andsnes interpretiert auch Robert Schumannns "Kinderszenen" in brillanter Weise. Der aus dreizehn Klavierstücken bestehende Zyklus des Zwickauers, der dieser Tage vor zweihundert Jahren geboren wurde, gilt als Meisterstück der Romantik. Das wohl bekannteste Stück ist die "Träumerei", das siebte Stück des Zyklus’. Kindlich-verspielt auch der "Ritter vom Steckenpferd", "Am Kamin" vollzieht die Stimmung am offenen Feuer nach, das einem im Wortsinne warm ums Herze wird.

cd gershwin.jpg

Gershwins "Rhapsody in Blue" ist vielleicht DAS Orchesterwerk der US-amerikanischen E-Musik. Am 12. Februar 1924 in New York mit dem Komponisten am Klavier uraufgeführt, war die "Rhapsody" als "An experiment in modern music" angekündigt. Wenngleich erste Kritiken keineswegs überschwänglich waren, das Experiment gelang: Jazz und Klassik fusionierten so gut, dass tatsächlich etwas Neues entstand. Dem Hollywood Bowl Orchestra (HBO), bestehend aus freien Spitzenmusikern, gelingt eine wunderbare Interpretation, die sich streng an die Vorlage hält. Dass die Damen und Herren ihr Handwerk verstehen, wird nicht nur bei der mal himmelhoch jauchzend, dann wieder zu Tode betrübten "Rhapsody", sondern auch beim leichtfüßigen "Amerikaner in Paris" deutlich. "Porgy and Bess - a symphonic picture" ist nicht zu verwechseln mit der fast gleichnamigen Oper aus Gershwins Feder. Bei dem hier vorliegenden "symphonischen Bild" handelt es sich um eine orchestrale Version aus 1942 mit den besten Stücken aus der 1935 fertig gestellten Oper. Was für eine tolle Art von "Best Of …"! Von Morton Gould, einem leider weniger bekannten, trotzdem nicht weniger begabten, Zeitgenossen Gershwins, interpretiert das HBO die "Latin-American Symphonette", ein aus vier Sätzen - Rhumba, Tango, Guaracha und Conga - bestehendes, tanzbares Orchesterwerk, im Klang der "Rhapsody in Blue" nicht unähnlich.

Fazit: Zwei Scheiben mit Ohrwürmern im besten Sinne des Wortes, die "for ever green" bleiben werden.

George Gershwin – Rhapsody in Blue, An American in Paris, Porgy And Bess - A Symphonic Picture; Morton Gould – Latin American Symphonette im n-tv Shop bestellen

Pictures Reframed - Modest Mussorgsky: Pictures at an Exhibition; Robert Schumann: Kinderszenen Op. 15 im n-tv Shop bestellen

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen