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Howie hat nicht nur Haare schön Alles wird gut bei Howard Carpendale

On the road again ...

On the road again ...

"Deine Spuren im Sand", "Ti Amo", "Hello Again" - und jetzt alle! Auch, wer offiziell kein Schlager-Fan ist, kann mitsingen. An diese Erfolge möchte Howard Carpendale nun mit seinem Album "Viel zu lang gewartet" anknüpfen. n-tv.de traf den Sänger zu einem überaus offenen Gespräch.

Seine Musik begleitet uns seit fast 50 Jahren, deswegen kann man Schlager finden wie man will - Howard Carpendale ist einem nicht gleichgültig. Viele Höhen, aber auch einige Tiefen kennzeichnen seinen Weg, und nun, mit 67 Jahren, kann er voller Überzeugung sagen, bei sich und mit seiner Musik angekommen zu sein. "Howie", der so gar nicht so genannt werden will, zu interviewen ist, wie einen alten Bekannten zu sprechen. Mit ein paar Überraschungen im Gepäck.

n-tv.de: "Das Feuer es brennt, nach so vielen Jahren" singen Sie auf Ihrem neuen Album – wie schaffen Sie es denn, das Feuer am Brennen zu halten?

Howard Carpendale: Das ist gar nicht so einfach, eine Weile lang war es tatsächlich kalt. Aber jetzt brennt es wieder, und es hat zwischendurch auch immer geglimmt, sonst würde man in diesem Beruf ja gar nicht funktionieren. Durch das neue Album habe ich für mich eine neue Situation geschaffen, und den Impuls habe ich durch viele andere Menschen, mit denen ich an dem Album gearbeitet habe, bekommen. Die Leute waren überwiegend jünger, aber für mich war toll zu bemerken, dass, wenn man an einem Projekt arbeitet, es keinen großen Generationsunterschied gibt. Dann ist man ein Team.

Wo haben Sie die jungen Leute denn kennengelernt?

Wir haben die eingeladen. Und dann haben wir in einem Hotel in Berlin, das auch Studios zur Verfügung stellt, zusammengearbeitet. Da haben wir viele Tage miteinander verbracht und zusammen an Texten gearbeitet, die sehr authentisch sind. Weil ich weiß, wie wichtig Ehrlichkeit ist. Das habe ich dieses Mal gemerkt, und da wollte ich mich ganz reinbringen. Ich habe gemerkt, dass ich das in der Vergangenheit manchmal nicht so hundertprozentig hinbekommen habe, das wollte ich ändern.

Wann war das?

Nach meinem Comeback. Da haben wir angefangen, nur noch meinen Erfolg zu verwalten, und nicht mehr neue Wege zu gehen, nicht kreativ zu denken. Aber das ist kein guter Weg.

Braucht man dann den Input von jungen Leuten?

Junge Leute, die denken anders. Die formulieren Dinge anders. Es war auch keine reine Frage von Jung und Alt, es war einfach kosmopolitischer. Eine bunte Mischung von Menschen, die alle am gleichen Strang gezogen haben. Es war wie eine Sportmannschaft. Wir haben eine gute Zeit verbracht mit sehr menschlichen Momenten.

Ist der Song "Bedingungslos" eventuell ein Lied für Ihre Söhne? Oder eher für alle Väter, die ihren Kindern einen Tipp mit auf den Weg geben wollen?

Ja, ich wollten meinen Kindern ein Lied hinterlassen, das sie in 10, 20, 30 Jahren noch anhören und sagen: "Mensch, das ist von unserem Vater", (lacht) und deswegen habe ich dieses Lied auch alleine geschrieben, über Söhne im Allgemeinen.

Howard Carpendale hat viel vor!

Howard Carpendale hat viel vor!

Das Lied kann aber auch für Töchter gelten.

(lacht) Natürlich.

Woher nehmen Sie die Energie, die das Herausbringen eines neuen Albums so beansprucht?

Ganz einfach: Es macht wieder Spaß! Bei einer Karriere von fast 50 Jahren muss ich mich ja nicht schlecht fühlen, wenn man mal zwei drei Jahre nicht so performt hat, wie man eigentlich sollte, oder?

Sind Sie immer noch aufgeregt? Ob das Album ankommt, bei Konzerten?

Vor einem Album nicht, bei einer Tournee aber schon. Es ist wie bei einem Sportler, der will raus, der will arbeiten, der will was zeigen. Da gibt es unendlich viel Nebenarbeit, bevor so ein Produkt auf den Markt kommt, es ist ja immer das Problem, wie kriegt man das so weit, dass die Leute es hören wollen. Das ist in Deutschland gar nicht so einfach. Aber das eigene Bauchgefühl tut auch einiges dafür, dass es läuft. Vor allem, wenn man sich sicher ist, etwas Gutes abgeliefert zu haben.

Wenn Sie auf Tour sind, dann wollen die Fans auch Ihre alten Lieder hören – spielen Sie die noch gerne?

Es gibt wenig, was mich noch mehr ärgert, als wenn ein Künstler sagt, ich sing' den alten Scheiß nicht mehr.

Es gibt aber welche …

Ja, ich weiß, ich weiß auch wer, aber wenn die Leute das wollen, dann sing' ich das. Wenn ich auf ein Cliff-Richard-Konzert gehe, dann will ich auch ein paar alte Nummern hören, die ich schon als Südafrikaner gehört habe. Es gibt eine Ausnahme: "Schöne Mädchen" muss echt nicht sein, dafür entschuldige ich mich aber auch jedes Mal auf der Bühne. Das war ein ganz anderer Stil, mit dem ich mich noch nie so ganz identifizieren konnte. Aber das, was ich ab 1974 geschrieben habe, gehört immer in mein Programm.

Wie erklären Sie sich den Erfolg der alten Lieder? Wir haben gerade erst im Sommer dazu getanzt, sogar die Kinder haben getanzt. Was macht einen Song zeitlos?

(überlegt) Waren meine Lieder wirklich dabei? (lacht)

Ja! Na klar!

Ich brauch' so lange für die Antwort, weil ich nie ganz sicher bin, was da dann zugange ist. Da gab es einen ganz klaren Bruch, als die Neue Deutsche Welle auftauchte, dann gab es ein Revival, wo ich das Gefühl hatte, die Kids hören jetzt die Lieder, die ihren Eltern mal gehört haben und finden das jetzt ein bisschen lustig, und jetzt haben wir mal wieder einen tatsächlichen Erfolg bei einigen Sängerinnen …

... so wie Helene Fischer …

… oder Andrea Berg, ja. Warum das nur Frauen sind, kapier' ich nicht so wirklich, da ist kein neuer Mann in dieser Szene, der großen Erfolg hat. Es ist komisch. Es wird wohl Gründe haben, aber ich kann sie mir nicht erklären. Auch die junge Frau, die jetzt vor kurzem DSDS gewonnen hat (Anm. d. Red.: Beatrice Egli), das ist schon ein Phänomen.

Welches Lied hat dieses Hit-Potenzial auf Ihrem neuen Album?

Ach, jedes Lied hat seine Berechtigung auf dem Konzert. Das ist für mich wichtig, dass es Lieder sind, die auf der Bühne gut zu spielen sind. Ich glaube "In diesem Moment" wird ein Erfolg sein, das ist ein locker-flockiger Song, aber ich glaube eher, dass ich inzwischen ein Album-Künstler bin, und nicht so auf den einen Hit oder eine Single-Auskopplung fixiert. Ich denke, mein Album ist mehr eine Story, die im Gesamten funktioniert. Und die Leute auf einem Konzert zum Beispiel haben dann die Gelegenheit, mich ein bisschen besser kennenzulernen.

Er gehört definitv nicht zum alten Eisen.

Er gehört definitv nicht zum alten Eisen.

Können Sie sich vorstellen, so etwas wie Heino zu machen?

Das war eine geniale Idee von Heino! Das hätte ich schwören können, dass das klappt. Ich hab‘ schon immer Lieder von anderen Künstlern gesungen, aber Heino war der Einzige, der es wagen konnte, Rocktitel von jungen deutschen Künstlern zu singen. Für die Lieder, die er früher gesungen hat, ist die Zeit vorbei.

Würden Sie gerne etwas mit einem neuen deutschen Künstler zusammen machen?

Nur, wenn es wirklich überraschend ist (lacht). Ich bin kein Duett-Typ. Aber wenn, dann eher mit einem Mann, so jemand wie Sascha fällt mir da ein. Es gibt nur wenige, mit denen ich das machen würde.

Ihre Karriere hat schon sehr viel "Ups" erlebt, aber auch einige "Downs" – wie kommt man da durch?

Die Brüche in meiner Karriere sind ja eher üblich für so eine Karriere wie meine. Es gibt keine Karriere, die 40, 50 Jahre ohne solche Brüche läuft. Ich habe im Moment aber – ohne dass das hoffentlich arrogant klingt – die zweitlängste Karriere, die es jemals in Deutschland gab. Nur Udo Jürgens ist schon länger auf der Bühne als ich (lacht), und in den Charts stehen Madonna und Peter Alexander vor mir, wenn man es über die Jahre betrachtet. Die beiden würde ich gerne überholen (lächelt). Aber die Brüche, da haben Sie recht, da musste ich mich rauskämpfen. Und mein Team und ich, wir wussten manchmal wirklich nicht, wo und wie es weitergeht. Es kam uns so vor, als ob wir alles gesagt haben. Nach 700 Liedern ist das ja verständlich. Und dann brauchte ich neues Blut, um inspiriert zu werden, das war mir nie so klar bis zu dem Moment, wo ich es dann entschieden habe.

Ziehen Sie sich dann irgendwo hin zurück?

Früher, da war ich dann in den USA, aber dieses Hin und Her, das mache ich jetzt nicht mehr. Nur mal so als Urlaub, höchstens drei Monate.

Darf ich fragen, wie es Ihnen gesundheitlich geht?

Alles okay (lacht).

Muten Sie sich ab demnächst mit der Tour vielleicht zu viel zu?

Nein, ich glaube nicht, das schaffe ich. (zögert) Wir werden sehen.

Sind Sie eigentlich eitel? Sie bleiben Ihrem Stil ja seit Jahren treu!

Ich bin noch nie Modetrends gefolgt. Ich habe meine Basis, ich weiß, was nicht zu mir passt.

"Es wird alles gut – wenn du alles dafür tust" singen Sie? Ein Mutmach-Song?

Ja, ich gucke mir viele ältere Menschen na, wenn sie so durch die Straßen gehen und frage mich oft, was die wohl noch so vor sich haben. Ich singe auch zum Selbstschutz, ich will nie in die Situation kommen, wo man eigentlich nur lebt, um zu warten. Ich würde gerne Leuten Mut machen, etwas Neues zu probieren. Übernimm das Steuer und versuch' es! Das klingt jetzt so leicht gesagt, aber so ist es doch! Viele folgen nur noch so einer Art Navi – das finde ich nicht gut. Ich frage mich sowieso ganz oft, was sich wohl in meinem Kopf geändert hat, seit ich 50 bin – eigentlich wenig (lacht). Ich möchte das auch nicht. Ich will auch nicht mit älteren Menschen am Tisch sitzen und nur von damals reden. Das kann ich nicht ertragen. Es gibt ein Morgen, gestern ist vorbei!

Nochmal zur Schublade – "Lass uns innehalten" …

... das ist so ein wunderschönes Lied …

… das könnte auch von einem Liedermacher stammen, oder? So zart wie es klingt, so poetisch …

Ja, ich habe zwar nicht Deutsch studiert, aber dieses Lied wollte ich unbedingt machen, weil das Wort "innehalten" für mich so einen schönen Klang hat. Allein die Bedeutung "nach innen gehen und das Gefühl halten", das hat mich fasziniert. Liedermacher werde ich jetzt nicht mehr, um Gottes Willen (lacht), aber das ist eine wunderschöne Ballade.

Hatten Sie schon manchmal Angst in Ihrem Leben, dass Sie zu lange gewartet haben könnten? Dass Sie den Moment verpasst haben?

Ja, das passt zu den letzten Jahren, über die wir schon gesprochen haben. Da hatte ich schon das Gefühl. Ich hatte vor allem das Gefühl, nicht mehr authentisch zu sein, und das kann man nur, wenn man voll involviert ist. Und zu dem neuen Album kann ich vollkommen stehen, denn ich bin in jede Textzeile involviert, so nah war ich noch nie dran an der Entwicklung.

Im Pressetext steht: "Es ist auch das Zerstörerische, das zu einem Gutteil den Künstler ausmacht". Wie darf man sich das Zerstörerische denn bei Howard Carpendale vorstellen? Haare raufend? Geschirr zerschmeißend?

(lächelt) Ich mag, was Sting neulich in einem Interview gesagt hat, als man ihm ein bisschen Melancholie vorwarf. Und er entgegnete, dass Melancholie die schönste Atmosphäre für Kreativität bietet. Ich bin auch sehr melancholisch, ich setze mich gerne hin und denke über viele schöne Dinge nach. Am liebsten würde ich das dann spontan aufnehmen wollen, einfach drauflossingen. Und das Wort zerstörerisch, tja … (zögert) ein Künstler gibt eben sehr viel von sich preis.

Wie tief ist Südafrika, ihre ursprüngliche Heimat, noch in ihrem Herzen verwurzelt?

Ich bin schon eine Weile nicht mehr da gewesen, meine Mutter starb vor drei Jahren und jetzt bin ich dann eher in Florida, wenn ich so weit fliege, denn dort lebt mein Sohn Cass. Aber ich interessiere mich natürlich dafür, was in Südafrika passiert, und das macht mir schon Sorgen. Ich finde, man hat dort eine tolle Chance verpasst. Die Wende dort hat das Leben der meisten Menschen, fürchte ich, nicht wirklich verändert, nicht zum Besseren. Ich glaube, man wollte zu viel zu schnell. Das ist in Europa nicht anders. Das braucht aber mehrere Generationen. Europa ist für mich ein typisches Beispiel, wie versucht wird, einen egoistischen Traum – von einigen Politikern – durchzusetzen, ohne darüber nachzudenken, was das für die Menschen bedeutet. Jetzt haben wir 27 Nationen, die mentalitätsmäßig nicht viel miteinander zu tun haben und wir versuchen, die neuen Vereinigten Staaten daraus zu machen, das kann doch nicht richtig sein. Es ist ein schöner Gedanke, aber man kann nichts überstürzen. Das braucht mehr Zeit.

Bereuen Sie etwas?

Ich habe in meinem Leben schon einige private Entscheidungen getroffen, die ich jetzt anders handhaben würde, aber das ist hypothetisch. Ich kann nichts mehr ändern, aber ich komme auch gut klar mit dem, was ich entschieden habe. Ich habe nicht den leichtesten Weg gesucht, das ist wohl wahr.

Nochmal zu Ihrem Album: "Kann mir immer noch in die Augen sehen" heißt das wahrscheinlich intimste Stück auf dem Album – was sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen?

Das wird mein erster Titel bei den Live-Konzerten sein. Das ist der Moment, wo ich in der Bühnengarderobe nochmal in den Spiegel schaue und denke: "Na, geht's noch, kann ich so rausgehen?" (lächelt).

Und – geht’s noch?

(lacht) Ja, noch geht's! Ich hör' erst auf, wenn die Leute sagen, ich bin eine Parodie von mir selbst geworden. (zögert) Ich hoffe, dass man mir dann Bescheid sagt!

Mit Howard Carpendale sprach Sabine Oelmann

Quelle: ntv.de

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