"Get On Up" huldigt James Brown Ein Denkmal für die "Sex Machine"
08.10.2014, 14:04 Uhr
"Get On Up": Der junge James Brown begeistert mit großartiger Stimme und mitreißender Show die Massen.
(Foto: Universal Pictures)
"Godfather of Soul" - wenige haben diesen Ehrentitel so verdient wie James Brown. Er schreibt Hits, prägt ganze Genres, seine Shows sind energiegeladene Messen. Eine Filmbiografie feiert nun seinen Aufstieg vom Gossenjungen zum Superstar.
Die Bezeichnung Legende sagt sich in Zeiten von B-Promis und permanenter Superstar-Shows recht schnell dahin. Wenn es aber um James Brown geht, ist der Titel mehr als berechtigt. Der "Godfather of Soul" war visionär, stilprägend und beeinflusste unzählige andere Musiker. Er legte den Grundstein für Funk, Disco und Hip-Hop. "Jeder hat auf seinen Platten etwas von mir drauf!", sagt er denn auch in der Filmbiografie "Get On Up".

Bald wird Brown von weißen Managern (Dan "Blues Brother" Aykroyd) entdeckt - doch er ist ihnen geschäftlich ebenbürtig.
(Foto: Universal Pictures / D. Stevens)
Ja, dem Mann mangelte es auch nicht an Selbstvertrauen. Aber er führte ja auch ein wildes, turbulentes und ekstatisches Leben. "Get On Up" bemüht sich, davon so viel wie möglich in die etwas mehr als zwei Stunden zu packen. Der Streifen zeigt den Jungen, der in ärmlichen Verhältnissen im US-Staat Georgia aufwächst, den jungen Mann (dargestellt von Chadwick Boseman), der herumhängt und wegen eines kleinen Diebstahls im Gefängnis landet. Er zeigt den begeisterten Musiker, der in einer Gospelband singt, den Rhythm & Blues entdeckt und schließlich zum Superstar des Soul wird.
"Sex Machine" und Prediger
Doch nichts wäre tödlicher für diesen Film, als ihn streng chronologisch zu erzählen. Das wäre nicht nur langweilig, man müsste dann auch viel zu lange auf die mitreißende Musik warten, auf Hits wie "Papa's Got a Brand New Bag", "I Got You (I Feel Good)" und "Sex Machine" oder die legendären Auftritte im New Yorker Apollo-Theater 1962.

Browns antreibender, herrischer Charakter belastet auch seine Freundschaft zu Bobby Byrd.
(Foto: Universal Pictures)
Regisseur Tate Taylor ("The Help") setzt deshalb auf Rückblenden, auf Querverweise, die hin- und herspringen zwischen dem Kind mit dem brutalen Vater, dem geläuterten Ex-Knacki, der geistliche Lieder singt, dem Rebellen, der mit wilden Rhythmen und visionären Ideen die Musiklandschaft für immer verändert, und dem zugedröhnten Patriarchen der 80er-Jahre.
Vor allem in musikalischer Hinsicht lohnt sich dieser Stil. Regisseur Tate zeigt, wie Brown die verschiedensten Einflüsse und Inspirationen zu seinem unverwechselbaren Stil verschmilzt: Mit seinem Vater singt er alte Traditionals, auf einem Volksfest lernt er Jazz- und Dixieland-Musik kennen, auch der Gospel prägt ihn tief. In einer Kirche sieht er schließlich einen Prediger, der auf dem Altar begeistert tanzt und seine Worte Rap-artig in den Raum ruft.

Der gealterte James Brown ist längst eine Legende - doch er steht noch immer auf der Bühne.
(Foto: Universal Pictures / D. Stevens)
Indem der Film die verschiedenen Begebenheiten und Zeitebenen nebeneinandersetzt, zeigt er (wenn auch etwas plakativ), wie all diese Elemente die spätere Musik von Brown prägen. Und an Musik spart der Film, der von Mick Jagger coproduziert wurde, nicht. Alle wichtigen Hits von Brown sind zu hören, von den frühen R&B-Krachern bis zu "Living in America". Hinzu kommen die powergeladenen Shows mit ihrer Mischung aus Gottesdienst und Tanzshow. "Mister Dynamite" singt, tanzt, leidet und predigt zu seinen Fans - bis ins hohe Alter. Bald gilt er als "The Hardest Working Man In Show Business".
Geschäftsmann und Tyrann
Diese Musikalität ist die Stärke des Films, sie macht ihn nicht nur zu einer kleinen Geschichte der Popmusik der 50er- und 60er-Jahre, sondern geht auch tief ins Ohr und bleibt dort lange haften. Browns persönliches Leben spielt da eher eine kleine Rolle. Von Mutter und Vater verlassen, muss er sich schon früh selbst durchs Leben schlagen. Die Gewissheit, es allein schaffen zu können, wird für ihn später zum bestimmenden Element.
Brown ist nicht nur Musiker, er ist auch ein geschickter und einflussreicher Geschäftsmann - in einer Zeit, in der Schwarze auf den Straßen für ihre Gleichberechtigung kämpfen müssen. Mit zunehmendem Erfolg und Reichtum gebärdet er sich immer tyrannischer. Er schlägt nicht nur seine Frauen, auch das Verhältnis zu seinem langjährigen und besten Freund Bobby Byrd (sehr sehenswert: Nelsan Ellis) leidet darunter.
Bis dahin hat der Film die verschiedenen Lebensstadien und Charaktereigenschaften von Brown erforscht, hat sie gegenübergestellt und in Beziehung zueinander gesetzt. Doch je länger der Streifen währt, desto gewöhnlicher wird er dann leider auch. Die Rückblenden nehmen ab, die letzten Karrierestationen werden mehr oder weniger lieblos abgehakt.
Dafür nimmt die Huldigung des "ersten Soul Brothers" beständig zu. Die dunklen Seiten der Legende werden nur angerissen: der Drogenkonsum, die Steuerschulden, die Gewalt gegen Frauen. Was den Film dann noch rettet, ist einerseits die Musik. Andererseits liefern Boseman als Brown und Ellis als Byrd glänzende Leistungen ab - sie helfen einem unterhaltsamen Film ins pathetisch geratene Finale.
"Get on up" startet am 9. Oktober in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de