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"Mick Jagger ist doch kein Aufreißer!" Joss Stone zeigt Gefühl

Go where it's warm, Honey!

Go where it's warm, Honey!

(Foto: dpa)

Sie war das Wunderkind, das mit 16 schon über eine Röhre verfügte, wie sie sonst nur ganz gestandene Sängerinnen mit vielen Erfahrungen, Zigaretten und Whiskey haben. Joss Stone ist immer noch ein Wunderkind, und zehn Jahre später schließt sie mit "The Soul Sessions 2" an ihr erstes Werk an. Im Gespräch mit n-tv.de berichtet sie, wie viel sie dabei von sich preis gibt.

Joss Stone hat fabelhafte Laune – und das, obwohl sie bereits beim Frühstücksfernsehen war, schon viele Interviews gegeben und noch einiges - inklusive Autogrammstunde – vor sich hat. Aber die 25-Jährige sprudelt geradezu über, ihre großen Ohrringe klimpern, beim Reden gestikuliert sie viel, man sieht das Tattoo, das sie in der Handinnenfläche trägt. Wehgetan hat das zwar, aber "was sind schon 20 Minuten Schmerzen, das kann man aushalten", das jedoch auf dem Fuß war die Hölle. Egal, wir wollen ja auch nicht über die Kunst der Körperbemalung sprechen, sondern über ihr neuestes Album, "The Soul Sessions 2".

n-tv.de: Stehst du gerne früh auf?

Joss Stone: Um Gottes Willen, ich hasse das! Ich liebe es, auszuschlafen, aber heute Morgen, das hat Spaß gemacht. Ich schlafe grundsätzlich recht viel, ich brauch' das. Aber dieses Interview heute war echt der Knaller. Die waren da soooo lustig und bei einem Lied konnte ich nicht mehr aufhören zu lachen, alles live. Ich hab' versucht, einfach weiterzusingen, aber ich konnte nicht aufhören. Sie hatten mir vorher das Nacktfoto von Harry gezeigt, ich kannte das noch nicht, und ich hab' mich die ganze Zeit gefragt: "Wer ist die Glückliche, die da mit ihm im Zimmer war?" (lacht) Ich konnte mich nicht mehr auf meinen Song konzentrieren, obwohl der echt ernst war, und musste immer wieder lachen.

Mick Jagger hat nicht mit ihr geflirtet. Warum eigentlich nicht?

Mick Jagger hat nicht mit ihr geflirtet. Warum eigentlich nicht?

(Foto: dpa)

Und wie hast du es dann doch noch hinbekommen?

Gar nicht! (lacht) Ich konnte nicht aufhören. Die haben aber auch nicht aufgehört, mich zu ärgern. (gackert) Aber zum Glück durfte ich fünf Songs spielen, die andere vier waren, glaube ich, okay.

Du kennst dich ja aus mit Live-Geschichten …

Ja, es war echt witzig.

Was ist denn, neben dem Frühstücksfernsehen, das Beste, was dir gerade passiert?

Was mir gerade passiert? Hmmmm … (überlegt), du meinst , jetzt gerade? Also das ist schwer. Oder auch gar nicht, denn eigentlich ist das Beste momentan ganz einfach, dass ich meine Musik promote. Ja, ich singe, ich rede über meine Songs, ich bin auf der ganzen Welt unterwegs, das ist toll. Das macht Spaß.

Und das Schlimmste momentan?

Ich habe Rückenschmerzen, weil ich auf dem Sofa eingeschlafen bin. Also das ist das Schlimmste, mit mehr kann ich nicht dienen (lacht). Ich brauche dringend eine Massage, fällt mir da ein. Oder besser noch, ich sollte mich einrenken lassen.

Uuups, das kann aber auch nach hinten losgehen …

Stimmt. Aber ich hab' das schon mal in Los Angeles machen lassen, da hat man mich vorher auf Eis gelegt, und dann – wumms – hat’s klick gemacht, und alles war wieder an der richtigen Stelle. Obwohl ich zwischendurch gedacht habe, diese Frau würde mich umbringen, die bricht mir das Genick! (lacht)

Sie möchte die Welt mit Musik verbessern.

Sie möchte die Welt mit Musik verbessern.

(Foto: dpa)

Lass uns nochmal kurz über "Superheavy", deine Zusammenarbeit mit u.a. Mick Jagger und Dave Stewart, sprechen. Wie war das, mit all den "alten Kerlen"?

(lacht) Das war super, die sind doch gar nicht so alt! Wir haben mit dieser Musik eine breite Masse von Leuten ansprechen können, weil das ein Sammelsurium verschiedenster Musikrichtungen ist. Es war cool, mit denen zusammenzuarbeiten. Mick für den Rock’n Roll, Stewart für die Elektro-Seite, Damian Marley brachte den Reggae da rein …

Und Mick Jagger? Ist er immer noch so ein Aufreißer, oder hat er was von einem lieben Großvater inzwischen?

(lacht) Also bitte, Mick Jagger ist doch kein Aufreißer, das ist ein ganz höflicher, feiner Typ, der mit einem professionell Musik machen möchte. Jeder hat mich danach gefragt: Und hat er mit dir geflirtet? Nein, überhaupt nicht!!!! Wollt ihr mich alle verarschen? So ist der nicht. Er behandelt einen mit ganz viel Respekt und er ist irre witzig! Er ist total verspielt, und er ist extrem jung geblieben. Und er ist intelligent!!! U-B-E-R-intelligent sogar, würde ich sagen. Das war schon fast unheimlich. Und er ist einer, der gibt und nicht nimmt! Sein Image stimmt überhaupt nicht! Alle denken, er ist dieser Rock’n Roll-Sex-Gott, der jeder Frau hinterherrennt, aber das macht er nicht.

Er ist eine Ikone, oder?

Ja, exakt, und er entspricht echt nicht diesem doch eher schlechten Image, gar nicht.

Du warst sehr jung, als du mit der Musik angefangen hast – wie bist du denn bei der eher "alten" Musik hängengeblieben?

Ich liebe einfach Musik, ich liebe alles daran! Einige Musikrichtungen natürlich mehr, weil ich die besser für mich verwerten kann, oder einen echten Bezug dazu habe, und bei anderer Musik habe ich nicht so den Zugang, da kann ich nicht teilhaben, aber ich kann sie trotzdem faszinierend finden, oder? Das bedeutet also, wenn man "Superheavy" mag, dann mag man ganz viel Musik. Ich mochte diese Erfahrung, auch mit den indisch inspirierten Parts, weil ich meine Stimme da mal in ganz andere Sphären trimmen musste.

Deine Sprechstimme hört sich tatsächlich so an wie deine Singstimme. Das passiert ja nicht so oft.

Oh, echt? Ich habe aber auch einen guten Vocal Coach, besser noch einen Vocal Doctor, der sagt mir immer, ich soll höher sprechen. Aber (spricht hoch) ich kann das nicht so gut, ich will mich nicht so verstellen. (lacht)

Wann hast du angefangen, dich für Musik zu interessieren, was war denn ausschlaggebend?

Also, die Rolling Stones waren es jedenfalls nicht!! (lacht) Meine Eltern haben die viel gehört, aber ich fand die erst später gut. Ich hatte erstmal meine Aretha-Franklin-Phase, und dann … (überlegt), was mochte ich denn bloß damals? Ich hatte so eine Kassette, auf der war 50er und &60er – Rock drauf, die habe ich geliebt. Dann kamen James Brown, Anita Baker, Whitney Houston … Das sind immer noch meine Idole!

Wie hast du dir deine Musik und die Musiker, mit denen du auf dem Album spielst, ausgesucht?

Ein Tattoo auf der Handinnenfläche stechen zu lassen dauert nur 20 Minuten.

Ein Tattoo auf der Handinnenfläche stechen zu lassen dauert nur 20 Minuten.

(Foto: dpa)

Ich mache das aus dem Bauch heraus. Die müssen natürlich einwandfrei spielen können, aber hauptsächlich muss die Chemie zwischen uns stimmen. Und dann arbeiten wir uns so durchs Programm. Ehrlich, ich war überhaupt nicht festgelegt, wir haben hier mal was probiert, da mal was probiert, manches will ich nicht singen, oder kann's nicht, und dann plötzlich – bamm – stimmt bei einem Song einfach alles und den haben wir dann eben aufgenommen. Es war ein langer Prozess. Ich war zuerst in New York, und da hat es erstaunlicherweise überhaupt nicht funktioniert. Keine Ahnung, warum. Nichts hat gesessen. Ich glaube, wir haben versucht, das heraufzubeschwören, was wir vor zehn Jahren gemacht haben, die "Soul Sessions", und das war's aber nicht. Da hab' ich dann darum gebeten, dass wir einen Cut machen, ich nochmal in mich gehe, und ich spontaner agieren kann, das macht auch mehr Spaß! Und es lässt einen direkter handeln, ohne so viel nachzudenken. Dann sind wir also nach Nashville gegangen und ich hatte diese Liste bei mir, die Steve Greenberg für mich zusammengestellt hat, der hat wirklich einen guten Geschmack, und dann sind wir die Liste durchgegangen. Ich hatte mir die Songs einmal angehört, weil es wichtig ist, dass der Text sitzt, aber ich will mich nicht so beeinflussen lassen von einer Version eines Songs.

Also haben wir meist zusammen entschieden, die Musiker und ich: Hey, hier, wollen wir den machen? Und dann haben wir ihn gespielt. Und deswegen haben wir auf dem Album auch lauter Cover, die sich total anders anhören als das Original. Ich wollte ja keinen Karaoke-Sampler aufnehmen.

Hast du, als du mit der Musik begonnen hast, manchmal Momente gehabt, wo dich so ein etablierter Musiker nicht so ganz ernst genommen hat? Weil du noch so jung warst?

Ja, ich versteh' schon, aber die haben mich eigentlich nie spüren lassen, dass ich nur das Mäuschen mit der netten Stimme bin. Das lief immer schon ganz cool ab. Aber es hat mich am Anfang auch schockiert.

Schockiert, warum?

Ja, ich wollte an die Hand genommen werden! (lacht) Mir sollte einer sagen, was ich tun muss! Stattdessen haben mich immer alle machen lassen … Das wollte ich zuerst nicht. Aus irgendeinem Grund haben die immer alle gedacht, dass ich schon weiß, was zu tun ist. Die hatten mehr Vertrauen in mich als ich.

Es hat ja alles geklappt – du bist seit fast 10 Jahren im Geschäft und erfolgreich …

… yeah, ich habe immer noch einen Job! Es läuft ganz gut!

Und bist du froh, dass du es ohne eine Casting-Show geschafft hast?

Ja, schon, aber es ist ein harter Weg. Ganz ehrlich, wenn jemand Musik machen will, dann muss er das machen, egal, wie er anfängt. Wenn Leute meinen, eine Casting-Show würde dabei helfen, gut, dann los. Es hören einem unter Umständen ja tatsächlich Millionen von Menschen zu – das passiert nicht all zu oft. Aber es geht auch anders … ich möchte aber nicht darüber urteilen, wie jemand es schafft, seiner Leidenschaft nachzugehen und sie zum Beruf zu machen, das steht mir nicht zu. Außerdem war ich mit 12 auch bei so einem Casting! Aber das war lange, bevor es inflationär wurde mit den Shows, das nimmt natürlich überhand. Und jetzt dringen sie auch zu sehr in dein Privatleben ein, das hätte ich zum Beispiel nie gewollt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Geschwister, Eltern, Freunde immer Lust haben, sich da im Fernsehen präsentieren zu müssen. Und oft ist es ja auch so, dass die Leute danach gezeichnet sind. "Das ist doch die, die ein der Casting-Show das und das gesagt, gemacht, getan hat" … und vielleicht bist du das gar nicht wirklich, was da gezeigt wurde. Puh, unheimlich. Als Künstler möchte man nur, dass einem zugehört wird, dass die Leute deine Musik mögen, oder die Rolle, aber mehr muss nicht sein. Bleib, wer du bist, würde ich raten.

Das nimmt auch etwas von dem Zauber und dem Geheimnisvollen, das einen Künstler meist doch umgibt.

Ja, wen interessiert es schon, ob mein Pudel krank ist oder wie meine Familie tickt? Ich gebe mit meiner Musik schon so viel von mir preis, als würde ich mein Tagebuch öffnen. Mehr geht eigentlich nicht. Ich würde gerne in jedem Land der Welt auftreten und den Leuten meine Musik präsentieren, denn sie kommt von Herzen und vielleicht kann so ein Lied einem Menschen Mut machen oder Freude oder die Einsamkeit vertreiben. Das ist doch irre viel, oder?

Du glaubst also daran, dass Musik die Welt verändern kann?

Ja, ich glaube, dass alle Menschen eine gewisse Liebe zur Musik haben, das ist doch sehr verbindend. Ich darf natürlich nicht überall auftreten, aber ich will es versuchen, ich würde gerne Brücken bauen. Oder wenigstens ein paar Leute dazu bringen, netter zu sein und sich nicht länger zu bekriegen.

Das ist ein ziemliches Programm - was machst du denn, um dich zu entspannen?

Ich geh' nicht so viel aus, vielleicht bin ich ein bisschen langweilig … (lacht) ich bin gerne zu Hause, geh' mit den Hunden spazieren, ich koche gerne, auch für Freunde. Meist bin ich lange wach. Ich gehe gerne spät schlafen, pussele so vor mich hin, und stehe auch gerne spät auf. Momentan bin ich auf einer Mission: Ich baue meine Wohnung um. Ich streiche hier was, bastle da was …

Sind deine Freunde eigentlich älter oder jünger als du?

Beides. Ein Mix. Aber ja, als ich noch jünger war, war ich mehr mit Älteren zusammen, es gab keine 15-jährigen Musiker, als ich angefangen habe zu singen. 

Wie gehst du mit schlechter Kritik um?

Gar nicht. Ich bekomm' ja keine (lacht). Nein ehrlich, was soll ich machen? Ich versuche, es nicht allzu sehr an mich heran zu lassen. Wenn mich ein Freund kritisiert, okay, dann denk' ich drüber nach. Aber ein Fremder? Pfff, der kennt mich doch gar nicht, was soll's also.

Hast du ein Motto für dein Leben?

Eigentlich leb' ich jeden Tag so, wie er kommt, aber nach einer Maxime richte ich mich gerne. Melissa Etheridge hat mir mal in einer echt harten Phase meines Lebens gesagt: "Honey, geh' irgendwo hin, wo es warm ist." Und sie hat recht: Wenn mal etwas nicht läuft, dann bringt es gar nichts, pausenlos darüber nachzudenken, lass' es einfach. Und daran halte ich mich bis heute.

Mit Joss Stone sprach Sabine Oelmann.

Joss Stone tritt am 11.9. in Hamburg, am 13.9. in Berlin und am 16.9. in Köln auf. Ihr Album "The Soul Sessions Volume 2" ist am 24. August bei Warner Music erschienen. 

Quelle: ntv.de

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