Norwegian Sweetheart Marit Larsen kommt nach Hause
16.12.2011, 07:17 Uhr
Marit Larsen: Lustig, ...
Nix da mit schwermütigem "Norwegian Wood", wie die Beatles bereits sangen. "Here Comes The Sun", um mal Beatle-esk zu bleiben. Marit Larsen ist ein Sonnenschein, ihre neue Single heißt "Coming Home", und so fühlt sich das Album "Spark" auch an: Wie ein Neuanfang und Nachhausekommen gleichzeitig.
Nach "If A Song Could Get Me You" musste sie erstmal eine Pause machen. Sehr groß war schließlich der Druck, nach diesem Erfolg einen weiteren Hit beziehungsweise ein ganzes erfolgreiches Album zu landen. Aber das schien kein Problem - in ihrer Heimat war Larsen wochenlang die Nummer 1, und im deutschsprachigen Raum erreichte sie spielend Gold-Status. Es folgte ein Leben auf Tour - und wo andere Kollegen oder junge Künstler schnell mal überfordert wären, schöpft die zarte Skandinavierin Kraft und Inspiration. Doch ein bisschen Konzentration brauchte sie natürlich - und so kaufte sie sich ein One-Way-Ticket nach New York und blieb sieben Monate in the city that never sleeps. "Es war schön, ein bisschen isoliert zu sein und Zeit zu haben, eine Bestandsaufnahme zu machen. Wer bin ich, wenn niemand zuhört? Was schreibe ich, wenn niemand irgendetwas erwartet? Es fühlte sich gut an", beschreibt sie die Zeit, "es war eine wichtige Reise, sowohl auf einer persönlichen Ebene als auch für mich als Komponistin."
Nach der Zeit in New York war sie wieder bereit für Oslo. Und sie sagt, was man beim Hören ihres Albums unwillkürlich denken muss: Jedes Lied ist ein Hit. Das sieht nicht nur sie so. n-tv.de trifft die Künstlerin in Berlin in den Räumen einer Radio-Station - ein bisschen erschöpft wirkt sie, aber auch glücklich.
n-tv.de: Hallo Marit, wie geht's?
Marit Larsen: Oh, es geht mir gut.
Kennst du eine Band, die Boy heißt?
Nein, leider nicht, das tut mir leid.
Oh, kein Problem, aber als ich dein Album jetzt gehört habe, musste ich unweigerlich an die beiden Frauen denken. Vor allem bei "Keeper of The Keys" erinnerst du mich an sie.
Ich werde mir das mal anhören, gerne.
Das ist aber natürlich Quatsch von mir, das zu sagen, da du ja zuerst da warst, also müssten sie mich eigentlich an dich erinnern. Egal, eigentlich wollte ich dich fragen, ob du auch den Eindruck hast, dass die Menschen sich nach ruhiger, angenehmer Musik sehnen, so wie du sie machst. Und wie du dir das erklärst.
Oh, erstmal danke für das Kompliment, wahrscheinlich hast du recht, dass das so ist. Ich hoffe es zumindest, denn ich finde auch, dass es wichtig ist, in unserer Zeit ab und zu zur Ruhe zu kommen und auch mal den Texten zu lauschen. Man schreibt und komponiert - und ab und zu hat man das Gefühl, dass niemand vorher jemals einen Text aus genau dieser Perspektive geschrieben hat oder man meint, dass man diese eine Melodie einfach nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Wenn andere dann auch das Gefühl habe, dass sie diesen Song nicht mehr aus dem Kopf bekommen, dann bin ich glücklich.
Ich habe zum Beispiel für jede Gelegenheit eine andere Art von Musik. Wenn ich auf Reisen bin, höre ich gerne akustische Musik, sowas wie Joni Mitchell, aber ich mag auch gerne neue Musik, zum Beispiel von "The Belle Brigade". Das musst du dir anhören, sie klingen wie eine moderne Version von Fleetwood Mac.
Und ich glaube, dass das eigentlich bei allen Menschen gleich ist, jeder hat für seine unterschiedlichen Bedürfnisse unterschiedliche Musik. Ich liefere eben den ruhigeren Soundtrack.
Glaubst, dass deine Fans genau das erwarten? Ein Album, das sie von Anfang bis Ende hören können, ohne Überraschungen, also im negativen Sinne?
Das wäre für mich zumindest ein großes Kompliment, wenn es so wäre. Ich erwarte wirklich nicht von jedem Song, dass er ein großer Hit wird, aber wenn die Leute sagen, dass es ihnen überwiegend gefällt, dann habe ich alles richtig gemacht.
Ich möchte, um es genau zu sagen, dass mein Album für den Zuhörer so etwas ist wie eine Reise. Sie können es anmachen, sich zurücklehnen und genießen. Auf "Spark" jetzt gibt es das Lied "Keeper of the Keys", sehr melodisch, sehr ruhig, und dann "Don't Move", da sitzt ein 17-köpfiges Orchester, und da ist natürlich eine ganz andere Kraft dahinter. Grundsätzlich möchte ich mit jedem Song eine Geschichte erzählen, aber am Ende sollen sie ein großes Ganzes ergeben.
Und wo nimmst du die Ideen für so viele Geschichten her?
Die passieren mir, es geht eigentlich immer irgendwie um mein Leben. Aber ich klaue auch Geschichten bei meinen Freunden (lacht), und verfremde sie dann so, dass sie sich nicht wieder erkennen! Aber ich beichte es ihnen immer, es hat sich noch keiner beschwert, ich tausche ja auch immer die Namen aus.
Aber auch eine Geschichte, die ich gelesen habe oder die ich im Kino gesehen habe, kann mich inspirieren. Manchmal passiert es mir auch in einem Gespräch, dass da plötzlich ein Satz ist, der mir die Vorlage gibt, einen Song daraus zu machen.
Bist du denn kreativer, wenn du traurig oder wenn du fröhlich bist? Oder ist es egal?
Ich glaube, ich bin auf eine gewisse Art und Weise immer kreativ. Aber tatsächlich ist es so, dass ich mehr Output habe, wenn ich unglücklich bin.
Glaubst du, das ist typisch für Songwriter?
Ja, wahrscheinlich! Denn ich habe oft das Gefühl, dass mein Klavier mein bester Freund ist, der alle meine Probleme lösen kann, wenn ich bloß lange genug spiele. Manchmal entsteht bei dem Geklimper dann ein neuer Song, manchmal spiele ich aber auch nur Stücke von anderen Musikern, einfach so zum Spaß.
Und ja, wenn ich wirklich sehr glücklich bin, dann fühle ich mich gar nicht so inspiriert. Dann bin ich so damit beschäftigt, mich gut zu fühlen, dass ich gar nicht ans Komponieren denke.
Spark beschreibt die kleinen Momente im Leben, sagst du. Die, die alles verändern: Der erste Funke von etwas Neuem - sei es ein neuer Anfang oder der Anfang von einem Ende. Hattest du so einen Moment?
Ja. Spark bedeutet, dass ein kleinerGedanke dazu führen kann, dass jemandem das Herz gebrochen wird. Oder auch, dass man sich verliebt. Oder seine Richtung total ändert. Diese Momente hatte ich in meinem Leben schon recht oft, sowohl, dass ich mich verliebt habe, aber auch, dass mir das Herz gebrochen wird.
Aber ich kann ja nicht nur aus meinem Leben schöpfen, es gibt so vieles in meiner Umgebung, in meinem Freundeskreis, worüber man einen Song machen kann ...
Mein Lieblingsthema ist aber die Liebe: Wir glauben doch, schon alles darüber zu wissen, weil wir so viel darüber gelesen und gehört haben, aber wenn es uns passiert, wenn zwei Menschen zusammentreffen, dann ist es immer wieder aufs Neue einzigartig. Das ist doch ein Gefühl, dass so noch nie existiert hat. Es ist also gleichzeitig etwas Besonderes und etwas Allgemeingültiges, weil jeder es erfahren kann.
Bist du denn eine große Romantikerin?
Ich glaub' schon. Ich hoffe es, ehrlich gesagt. Ich glaube, es ist wichtig.
Das verstehe ich, aber in Norwegen war es dieses Jahr nicht wirklich romantisch. Die Anschläge in Oslo und auf der Ferieninsel Utøya waren so entsetzlich, dass sie das ganze Land gelähmt haben.
Oh ja, das ist richtig, die Auswirkungen sind bis heute spürbar. Die Leute denken die ganze Zeit daran, jeder hat jemanden verloren oder kennt jemanden, der einen Menschen betrauert. Es hat sich alles geändert, und gerade jetzt vor Weihnachten kommt die Erinnerung besonders hoch. Und dann wieder, wenn das Verfahren in ein paar Monaten eröffnet wird, das wird die Gemüter besonders aufwühlen. Obwohl die Norweger ein friedliches Volk sind. Ich bin sehr stolz auf die Leute in meinem Land. Wir wollen auf diese Gewalt nicht mit Gegengewalt reagieren, weil wir besser sind. Ich habe das Gefühl, dass wir alle besser aufeinander aufpassen und mehr Mitgefühl für den einzelnen haben. Aber es wird nie wieder so sein wie davor.
Und was machst du zu Weihnachten?
Da fahre ich nach Hause zu meiner Mutter, nach Lørenskog. Da ist ungefähr 20 Minuten von Oslo entfernt. Da ist dann die ganze Familie versammelt, und ich würde sagen, wir werden wie immer die ganze Zeit essen und die selben Lieder singen wie jedes Jahr. Es wird dieses spezielle Lammgericht geben und eine Menge Fisch.
Wenn du einen Wunsch frei hättest für nächstes Jahr, was wäre das?
Oh, ich würde gerne ein Duett singen mit Rufus Wainwright! Und ich freue mich auf meine Tour, die im Frühjahr beginnt.
Mit Marit Larsen sprach Sabine Oelmann
Quelle: ntv.de