Kino

2 Frauen, 1 Zimmer, 1 Sommernacht "Room in Rome" - ein Fest für die Sinne

Alba (Elena Anaya) und Natascha (Natasha Yarovenko): erst das Vergnügen, dann die Gespräche - und umgekehrt.

Alba (Elena Anaya) und Natascha (Natasha Yarovenko): erst das Vergnügen, dann die Gespräche - und umgekehrt.

Zwei junge attraktive Frauen, eine schicksalhafte Begegnung in Rom, der Ewigen Stadt, und fertig ist ein Film voller Leidenschaft, Poesie und prickelnder Erotik. Regisseur Julio Medem macht’s möglich.

Es gibt zwei Arten von Filmen, an denen Männer in der Regel nicht vorbei können: Actionknaller wie beispielsweise "The Expendables“ oder Erotikfilme. Auf den ersten Blick gehört “Room in Rome” zu den letzteren.

Der Inhalt klingt wie ein wahrgewordener Männertraum: Zwei junge Frauen begegnen sich zufällig an ihrem letzten Urlaubsabend in einer Bar in Rom. Die brünette, braungebrannte Spanierin Alba versteht sich prima mit der blonden, langbeinigen Russin Natascha und lädt sie nach ein paar Drinks auf ihr Hotelzimmer ein. Natascha sträubt sich zunächst. Ihre Neugier siegt aber und … schon springt das Männerhirn an und hat vorgefertigte Bilder im Kopf. Ganze Sequenzen ziehen am inneren Auge vorbei. Erotikfilm halt.

Genuss fürs Auge

Das Hotelzimmer besticht durch ein verführerisches Ambiente.

Das Hotelzimmer besticht durch ein verführerisches Ambiente.

Aber so einfach ist es dann doch nicht. Denn bei "Room in Rome" führt Julio Medem Regie. Der Baske ist neben Pedro Almodovar der bekannteste Regisseur Spaniens. Dank seiner Detailversessenheit und seinem außergewöhnlich guten Auge hat er sich einen eigenen Stil erarbeitet. Hinzu kommt die brillante Kameraführung, die allein bei "Room in Rome" die Bilder als wunderschöne Postkartenpanoramen erscheinen lässt, die für immer im Gedächtnis haften zu bleiben scheinen.

Reden macht schläfrig.

Reden macht schläfrig.

Medems Werke sind - das mag abgedroschen klingen, ist aber so - einzigartig. Filme wie "Die Liebenden vom Polarkreis" und "Lucia und der Sex" werden von Kritikern und Zuschauern gleichermaßen geliebt, was unter anderem mehrere Auszeichnungen mit dem spanischen Filmpreis Goya beweisen.

Ausdrucksstarke Darstellerinnen

Medems Stil ist es aber nicht allein, der "Room in Rome" nicht zu einem billigen Erotikfilmchen verkommen lässt. Die beiden Hauptdarstellerinnen des Films haben daran einen nicht unerheblichen Anteil. Da wäre zuallererst Elena Anaya. Die spanische Schauspielerin wurde unter anderem für ihre Rolle in "Lucia und der Sex" für den Goya nominiert. Sie spielte aber auch schon in diversen Hollywoodfilmen mit zusammen mit verschiedenen Stars mit. In "Van Helsing" versucht sie als Vampirsfrau Hugh Jackman zu töten. In "Dead Fish" spielt sie an der Seite Gary Oldmans.

Die Nacht ist vorbei. Der römische Morgen begrüßt Alba und Natascha.

Die Nacht ist vorbei. Der römische Morgen begrüßt Alba und Natascha.

In "Room in Rome" ist sie die auf den ersten Blick weltoffene, unangreifbar wirkende Spanierin Alba, die zunächst den Part der Verführerin übernimmt. Die schüchterne Russin Natascha, auf die es Alba abgesehen hat, wird gespielt von der Ukrainerin Natasha Yarovenko. Schauspielerisch noch ein nahezu unbeschriebenes Blatt, erinnert ihr Gesicht mit den vollen, runden Lippen an die junge Kim Wilde. Was beide Darstellerinnen vereint, ist ihre unglaubliche Ausdruckskraft, die den Zuschauer sofort in den Bann zieht.

Gespräche und Sex

"Room in Rome" ist im Capelight Verleih erschienen.

"Room in Rome" ist im Capelight Verleih erschienen.

Im Hotelzimmer angekommen, passiert erst einmal nicht viel. Es wird ein wenig geredet. Es klingt belanglos. Beide schlafen ein. Als sich Natascha dann wenig später aus dem Zimmer stehlen will, vergisst sie ihr Handy. Sie muss zurück. Und nun kommt der Film so richtig in Schwung. Alba und Natascha lernen sich körperlich - und seelisch näher kennen. Beide Frauen erzählen nach und nach ihre Geschichte. Ob diese wahr sind, erfährt der Zuschauer ebenfalls nur bruchstückhaft, das sorgt für unvorhergesehene Wendungen und anhaltende Spannung.

Das so schöne Äußere der beiden, das immer wieder und in verschiedenen Stellungen gekonnt durch das Kameraauge eingefangen wird, wird konfrontiert mit zum Teil hässlichen seelischen Narben, die sich bei den beiden Frauen offenbaren: Alba fühlt sich für den Tod eines Kindes verantwortlich. Natascha war als Kind Zeuge von Kindesmissbrauch - oder stimmt beides doch nicht?

Am Ende gehen Alba und Natascha getrennte Wege. Oder doch nicht?

Am Ende gehen Alba und Natascha getrennte Wege. Oder doch nicht?

So pendelt "Room in Rome" zwischen philosophisch-anmutenden Gesprächen und wunderschön inszenierten Liebesszenen in einem geschichtsträchtigen Hotelzimmer in der Ewigen Stadt hin und her, ummalt von einem fantastischen Soundtrack. Das Titelthema "Loving Strangers" erklingt mehrere Male und verdeutlicht die Zerrissenheit der beiden Hauptprotagonisten, die im offenen Ende des 104-minütigen Films gipfelt.

"Room in Rome" ist zwar voll prickelnder Leidenschaft und Erotik, ein reiner Männerfilm ist er aber nicht. Und genau das macht ihn am Ende so besonders.

Quelle: ntv.de

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