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Das Grand-Prix-Tagebuch, Tag 3 Germany 12 Points

Mit einem Club-Konzert bedankte sich Lena bei allen Unterstützern in Oslo.

Mit einem Club-Konzert bedankte sich Lena bei allen Unterstützern in Oslo.

(Foto: picture alliance / dpa)

Montag, 9. Mai, 20.00 Uhr: Germany 12 Points
Keine Atempause, Geschichte wird gemacht – und so steht bereits die nächste Party an. Die deutsche Delegation hat alle ESC-Abordnungen, die Lena im vergangenen Jahr zwölf Punkte gegeben haben, zu einer Feier eingeladen. Der Moderator preist den Club, in dem diese stattfindet, als den – hihi - besten Liveschuppen Deutschlands, doch für uns ist klar, dass wir unter normalen Umständen nie einen Fuß in diesen Laden setzen würden. Hey, hier findet am 14. Mai eine Grand-Prix-Aftershowparty statt mit DJ Marc Terenzi – das sagt ja wohl mal alles. Und auch wenn hier heute Lena und die diesjährigen Teilnehmer der eingeladenen Delegationen auftreten, entpuppt sich das Ganze schon bald als ziemlich krude Veranstaltung. Anwesend sind scheinbar vor allem dutzende Journalisten und Kamerateams, die nach Bildern irgendwelcher Backgroundtänzerinnen der Song-Contest-Teilnehmer auf der Tanzfläche mindestens genauso hecheln wie die Backgroundtänzerinnen nach den Kameras. Im Nebenraum sitzt ein nach russischem Mafiosi aussehender Typ eingerahmt von zwei leicht bekleideten Mädels und quatscht, von den beiden dabei angehimmelt, irgendetwas von "Pussys". Lena macht während des Abends von dem Club aus eine Schalte zur TV-Total-Sendung, die zeitgleich ausgestrahlt wird – und so ganz werden wir das Gefühl nicht los, dass die Veranstaltung vor allem genau dafür als Kulisse dienen sollte. Insgesamt vier Songs – darunter natürlich "Satellite" und eine seltsame Cocktail-Version von "Taken By A Stranger" – gibt Lena live zum Besten, vermeidet es sonst aber tunlichst, sich unters Volk zu mischen. Wer will es ihr verdenken? Die Interpreten der anderen Länder, darunter etwa die Estnin Getter Jaani ("Rockefeller Street"), die Norwegerin Stella Mwagni  ("Haba Haba") und – olé olé – die Twiins aus der Slowakei ("I’m Still Alive") müssen sich mit ein bis zwei Songs begnügen. Zum Schluss gibt es ein Gruppenfoto, auf dem Lena die Zunge rausstreckt. Das machen wir gegenüber dem Moderator, der uns nach Abschluss des Live-Programms, auffordert, auf jeden Fall noch länger in seinem heißen Club zu bleiben, auch und machen die Biege.

Nicht so harmonisch, wie es scheint: Judith Rakers, Stefan Raab, Anke Engelke.

Nicht so harmonisch, wie es scheint: Judith Rakers, Stefan Raab, Anke Engelke.

(Foto: picture alliance / dpa)

Montag, 9. Mai, 18.00 Uhr: PK der Moderatoren
Au weia, Judith Rakers hat gerade keinen Spaß. Stefan Raab präsentiert sich auf der Pressekonferenz in Bestform – und disst ohne Rücksicht auf Verluste jeden nach Lust und Laune. Obwohl Frau Rakers uns gegenüber im Interview doch versichert hat, dass sie grundsätzlich keine Angst – jedenfalls vor Männern - habe, bescheinigt ihr Raab vor versammelter Medienmeute fortwährend das Gegenteil. Und als Judith Rakers sichtlich irritiert und eingeschnappt erklärt, er wolle ihr offenbar regelrecht Angst einjagen, und nach dem Grund fragt, quittiert Raab das mit den Worten: "Hast du mich etwas gefragt? Ich kann dich nicht verstehen." Das hat gesessen – ebenso wie bei dem Journalisten von Antenne Unna, den der 44-Jährige mit dem Satz "Ach, Antennen habt ihr da schon" genauso auflaufen lässt wie einen Kollegen, der dummerweise mit Nachnamen "Bedürftig" heißt. Schnell ist klar, wer bei dem Moderatorentrio beim diesjährigen ESC der Chef im Ring ist oder zumindest gern sein möchte, denn nicht nur Rakers, sondern auch Anke Engelke kommt kaum zu Wort. Im Auge der Gefahr, von Raab eins übergebraten zu bekommen, hat logischerweise kaum noch einer die Lust, sich für eine Frage zu melden. Ein paar Wagemutige gibt es aber dennoch, zum Beispiel einen Journalisten aus Australien, bei dem Engelke zu jubeln beginnt: "Ich bin so froh, Sie zu sehen!" Stefan Raab droht an, im kommenden Jahr mit "Wadde Hadde Dudde Da – Part 2" beim ESC anzutreten, doch bevor es soweit kommt, stimmen er und Anke Engelke jetzt erst einmal "Mein Vater war ein Wandersmann" für die Journalisten an. Judith Rakers, deren Vorschlag, doch was von ABBA zu singen, Raab zuvor abgebügelt hat, kann leider den Text nicht und steigt erst bei "Faleri" mit ein, obwohl sie gerade wahrscheinlich lieber zum Halali blasen würde. Auch der von der ARD mit auf dem Podium sitzende Thomas Schreiber rutscht schon ganz nervös auf seinem Stuhl rum und bereut vermutlich in diesem Moment, dass die Zusammenarbeit mit Raab beim ESC auch im kommenden Jahr schon besiegelt wurde. Wenn das bei den Live-Shows auch so ein Gemetzel wird, dann endet es im Eklat. Faleri!

Montag, 9. Mai, 17.00 Uhr: Mal sammeln
Puuh, das waren nun wirklich viele Eindrücke von der Stadt, die in wenigen Tagen in der Hand von Grand-Prix-Fans aus ganz Europa sein wird. Im Vergleich dazu wirkt das Pressecenter hier außen am Stadion wie eine andere Welt. Apropos: Was passiert denn auf der Welt sonst noch gerade so? Nicht, dass das wichtig wäre, aber falls am Wochenende etwa der Hauptstadtbeschluss zu Berlin gekippt worden sein sollte, würden wir das natürlich schon gerne wissen. Also surfen wir doch mal in der wenigen Zeit, die uns bleibt, auf die Nachrichtenseite unseres Vertrauens. Siehe da: Berlin steht noch.

Montag, 9. Mai, 14.30 Uhr: Einlauf in den Hafen
Vom Essen gestärkt, machen wir uns auf den Weg, uns auch noch das moderne Düsseldorf zeigen zu lassen. Wir fahren auf den Rheinturm und genießen den Blick von oben. Anschließend durchqueren wir das Gebiet des MedienHafens mit all seinen mehr oder weniger hochmodernen Bauten – vom Landtagsgebäude über das die Staatskanzlei beheimatende "Stadttor" bis hin zum "Colorium" und den wirklich beeindruckenden "tanzenden" Bauten von Stararchitekt Frank O. Gehry. Wir trinken ein Kölsch, nachdem uns unsere Führerin versichert hat, dass man dafür in Düsseldorf nicht gesteinigt wird. Ja, daran hatten wir eigentlich nie Zweifel: Düsseldorf ist ein wirklich hübsches Städtchen. Pardon, wir meinen natürlich eine wirklich hübsche Stadt. Zum Schluss fahren wir mit dem Taxi zurück in Richtung Altstadt-Zentrum. Über die "Kö", denn auch wenn diese Stadt natürlich mehr zu bieten hat als nur Schicki-Micki, gehört das natürlich dazu. Jetzt müssen wir aber wirklich dringend los, denn draußen vor dem Stadion gibt es eine wichtige Pressekonferenz.

Moderne Architektur am Rhein: Der Düsseldorfer MedienHafen.

Moderne Architektur am Rhein: Der Düsseldorfer MedienHafen.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Montag, 9. Mai, 13:30 Uhr: Mal was essen
Das Monkey’s muss ein hipper Laden sein, sonst hätte man uns wohl kaum die Einkehr hier empfohlen. Und tatsächlich: Vor uns tut sich eine mondäne Plaza auf, die gleich drei Restaurants für jeden Geschmack beherbergt. Ab morgen jedenfalls. Dann nämlich wird pünktlich zum ESC das dritte Restaurant mit asiatischer Küche eröffnet. Auch sonst hat man sich hier zum Song Contest etwas einfallen lassen, zum Beispiel eine Ausstellung mit Dirndls, die ein Hersteller den wichtigsten Grand-Prix-Nationen quasi auf den Leib geschneidert hat. Vom Geschäftsführer des Gastro-Unternehmens erfahren wir, dass die Restaurant-Meile hier entstanden ist, weil Düsseldorf auf dem einstmals mitten im MedienHafen gelegenen Stadtstrand namens "Monkey Island" lieber ein Hotel bauen wollte. Glückwunsch! Ach ja: Das Essen ist echt lecker.

Montag, 9. Mai, 12:00 Uhr: Eine Rheinfahrt, die ist lustig
Natürlich muss man in Düsseldorf auch eine Rheinfahrt machen. Und so betrachten wir die Stadt auch noch mal vom Wasser aus. Wir lauschen den Erklärungen über die Lautsprecher, die geschickterweise sowohl in Deutsch als auch in Englisch gegeben werden, unterqueren einige der sieben Brücken, die es in Düsseldorf über den Rhein gibt, entdecken unter anderem die Tonhalle wieder und fahren in den relativ neuen MedienHafen. Aber den schauen wir uns am Nachmittag ja eh nochmal aus der Nähe an. Vorher müssen wir aber was essen.

Frühlingsgefühle: "Säulenheilige" in Düsseldorf.

Frühlingsgefühle: "Säulenheilige" in Düsseldorf.

(Foto: picture alliance / dpa)

Montag, 9. Mai, 10.30 Uhr: So schön ist Düsseldorf
Oh, heute ist unser ESC-Fast-Ruhetag. Ein wenig ungünstig, da auf dem Song-Contest-Gelände die Generalprobe für das erste Halbfinale stattfindet, bei der alle Teilnehmer wie in der Show am Dienstagabend nacheinander auftreten. Aber wo gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne. Und wir haben bei der Stadt Düsseldorf wohl etwas gut zu machen. Jedenfalls meinte Düsseldorf offenbar, unser verblendetes Berliner Bild von der Stadt mal revidieren zu müssen und hat uns deshalb zu einem Rundgang eingeladen. Da sagen wir natürlich nicht Nein – auch wenn unsere Meinung über Düsseldorf an sich nie schlecht oder anders als die über Städte wie Frankfurt, Nürnberg oder Stuttgart war. Eine äußerst eloquente und gebildete Führerin erwartet uns am Marktplatz. Mit ihr ziehen wir los. Wir schlendern durch die Altstadt, lassen uns Radschläger-Skulpturen zeigen, die traditionsreiche Altbier-Gaststätte "Zum Uerige",  den Killepitsch-Ausschank "Et Kabüffke", das Geburtshaus von Heinrich Heine, die St.-Lambertus-Kirche, den Schlossturm und vieles, vieles mehr. Auf unserem Weg begegnen wir mitten im Stadtgebiet Gänsen am Wegesrand, für Berliner Verhältnisse ungewöhnlich freundlichen Verkäufern von Obdachlosenzeitungen und Menschen, die auf Litfaßsäulen stehen. Ach nee, das sind ja Skulpturen. "Säulenheilige" werden die genannt und sie stammen von dem Künstler Christoph Pöggeler. Ach so.

Das Grand-Prix-Tagebuch, Tag 1 - Lena, Party und viel Stress
Das Grand-Prix-Tagebuch, Tag 2 - Die irren Iren

Quelle: ntv.de

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