Das ultimative Autofahrer-Album 40 Jahre Springsteens "Born To Run"
25.08.2015, 12:28 Uhr
Legendäres Cover, legendäres Album: "Born To Run" von Bruce Springsteen.
(Foto: Sony Music)
Kein Album eignet sich so gut, um aufs Gaspedal zu drücken und die Welt hinter sich zu lassen wie "Born To Run" von Bruce Springsteen. Mit diesem Album legte der "Boss" vor 40 Jahren den Grundstein für seine Heldenverehrung.
Zugegeben, Springsteen war damals nicht der Erste, der von Autofahrten durch die Provinzstädte erzählte. Aber was "Born To Run" ausmacht, ist der satte Sound - das Saxofon von Clarence Clemons, das Klavier von Roy Bittan und die Schrammelgitarre des Meisters.
Diese musikalische Stimmung muss allerdings erst mal entwickelt werden. Es wird eine schwere Geburt, Musiker verlassen die Band, Produzenten kommen hinzu. Der US-Amerikaner steht schwer unter Druck - seine beiden ersten Alben waren freundlich aufgenommen worden, aber der ganz große Bringer fehlt noch. Die Plattenfirma nimmt jetzt noch einmal viel Geld in die Hand und wirft es auf den leicht abgerockten New-Jersey-Jungen, den der Journalist Jon Landau ein bisschen bombastisch als "die Zukunft des Rock'n'Roll" beschrieben hatte.
Der "Boss" als Kontrollfreak
Die "Zukunft" bekommt also Zeit im Studio, aber sie soll gefälligst abliefern, sonst ist es aus mit der großen Karriere. Das schafft Druck und nicht zu knapp. Springsteen verschanzt sich mit seiner damals noch nicht so genannten E Street Band und bastelt an seiner Vision.
Es sind frustrierende Monate für alle Beteiligten, denn der Sänger bestimmt jede Kleinigkeit - der Spitzname "Boss" kommt wohl nicht von ungefähr. Allein für den Titelsong "Born To Run" braucht er sechs Monate, bis er endgültig zufrieden ist. Springsteen will die "Wall of Sound", wie sie vorher schon Phil Spector erschaffen hat, und das ist ihm bei dem Klassiker auch gelungen: Trommelwirbel, Saxofon, Glockenspiel, akustische Gitarren, E-Gitarren, Klavier, Bass - alles wird reingeworfen, um die romantischen Träumereien dieses jungen Mannes, der mit seiner Wendy dem Provinzkaff entkommen will, in einen passenden Klangteppich zu weben.
Träumen mit Wendy & Co
Episch soll es werden. Und episch wird es auch. Besonders der mittlerweile legendäre Mittelteil von "Born To Run", wenn Springsteen anzählt und es heißt: "The highway's jammed with broken heroes on a last chance power drive, everybody is on the run tonight but there's no place to left behind". Da tritt man im Kopf oder auch wirklich im Auto das Gaspedal durch und möchte mit - weg aus dem Langeweile-Job, weg von einer Existenz, die eingeübt ist und nichts Neues mehr verspricht.
Dieses Gefühl kennt doch fast jeder. So träumt man sich für viereinhalb Minuten mit Wendy & Co weg und ist ebenfalls ein "Tramp", geboren um wegzurennen. Und nicht zu vergessen - die Stimme zu erheben: Schreie aus der Tiefe kann Springsteen gut. Was "Born To Run" so dafür prädestiniert, im Auto gehört zu werden: Wo sonst kann man denn ungehört von den Mitmenschen "Ho-Hooooo" mitschreien, ohne dass es peinlich wirkt? Doch nur in diesen Blechkästen auf Rädern.
Aber es gibt ja noch mehr "Mitschreier" auf "Born To Run" wie etwa das funkige "Tenth Avenue Freeze-Out" oder das dynamische "She's the One". Sämtliche Songs von "Born To Run" wurden auf dem Klavier komponiert.
Das merkt man auch, alles wirkt epischer. Wie beim ersten Song: "Thunder Road" beginnt mit einer sehnsüchtigen Mundharmonika, die von einem sehr energiegeladenen Klavier begleitet wird. Roy Bittan haut hier in die Tasten. Er ersetzt David Sancious, der nach sechs Monaten aufreibenden Plattenaufnahmen sein eigenes Ding machen will. Schlagzeuger Vini Lopez wird dagegen nahegelegt, zu gehen und Max Weinberg drückt fortan der Springsteen-Band seinen Stempel auf. Landau, der Mann, der in Springsteen die Zukunft gesehen hat, wird als Produzent herangeholt und bringt die Visionen seines Schützlings in richtige Bahnen.
Herz und Seele: Clarence Clemons
Jeder der E Street Band spielt bei den Aufnahmen seinen wichtigen Part, aber nur einer von ihnen findet sich auf dem Cover wieder: Ohne das großartige Saxofon-Spiel des 2011 verstorbenen Clarence Clemons würde die Romantik der Straße gar nicht aufkommen, er verleiht ihr Herz und Seele. Und er ist willig, sich tagelang von seinem Kumpel quälen zu lassen, der ihm Ton für Ton vorgibt, der alles aus ihm heraus kitzelt, bis es sich in den großartigen Soli von "Jungleland" ergießt.
An den über 1,90 Meter großen US-Amerikaner lässt es sich auch gut anlehnen, wie das legendäre Cover von "Born To Run" beweist. Springsteen ist es wichtig, mit seinem guten Freund auf dem Cover zu erscheinen, denn sein Album handelt von Freundschaften, mit denen man dunkle Stunden überstehen kann. Alles ist besser, wenn man nicht allein durch die Welt laufen muss und jemanden an seiner Seite weiß, der einem ewige Treue geschworen hat. Und mit der oder dem man dann wunderbar während der Autofahrt lauthals singen kann: "Baby we were born to run!" Es wirkt. Auch nach 40 Jahren.
Quelle: ntv.de