Musik

Hip Hop lebt Kendrick Lamar verteilt schallende Ohrfeigen

Die Hood brennt und ihr neuer König namens Kendrick Lamar sagt Stumpfsinn und diskriminierendem Gedankengut den Kampf an. Schwirrt aus, ihr Schmetterlinge. Schwirrt aus. Und berichtet von der Wiederauferstehung des "Protest-Albums".

Rassendiskriminierung in den USA: Kendrick Lamar will nicht mehr wegschauen.

Rassendiskriminierung in den USA: Kendrick Lamar will nicht mehr wegschauen.

(Foto: Christian San Jose/CMS )

Ein wild mit Geldscheinen wedelndes Knäuel aus schwarzer Haut und schwarzen Haaren kniet zu Füßen des Weißen Hauses über einem am Boden liegenden hellhäutigen Richter. Bereits das Cover des neuen Albums von Kendrick Lamar sendet eine klare Botschaft an die Öffentlichkeit. Keine Waffen, keine Drogen, keine Muckis, keine Frauen und kein Bling-Bling: Hier geht es um Wut, um Zorn, um Leid und um den flächendeckenden Spiegel, der den USA die wiederauferstandene Fratze der Rassendiskriminierung vor Augen hält.

Spätestens seit Ferguson klebt wieder öffentlich sichtbares Blut an der US-amerikanischen Flagge. Von rassistisch motivierter Polizeigewalt ist die Rede. Immer wieder auftauchende Videos von zum Teil tödlich ausgehenden Konfrontationen zwischen weißen Polizisten und schwarzen Zivilisten halten die Welt dieser Tage in Atem. Kendrick Lamar ist es leid, wegzuschauen. Dabei geht es dem kalifornischen Rapper gar nicht so sehr um Detailliertes. Vielmehr erzürnt sich Lamar auf seinem neuen Album "To Pimp A Butterfly" über die grundsätzliche Verkümmerung einer Essenz, die vor allem im Hip Hop, zumindest in den Anfangstagen, eine ausschlaggebende Rolle spielte: der Protest.

Musikgewordener Schmetterling

Sieht sanfter aus, als er ist: "Kendrick Lamar verteilt 16 schallende Ohrfeigen."

Sieht sanfter aus, als er ist: "Kendrick Lamar verteilt 16 schallende Ohrfeigen."

(Foto: Christian San Jose)

Lamars musikgewordener Schmetterling fegt im Windschatten von Eckpfeilern der Branche wie Public Enemys "It Takes A Nation To Hold Us Back" und "Straight Outta Compton" von N.W.A wie Schmirgelpapier über die Narben einer Nation hinweg, und reißt dabei so manche Wunde wieder auf. Der Rapper aus Kalifornien scheut sich nicht. Er teilt aus, hebt den Zeigefinger und zieht dabei ein musikalisches Gerüst hinter sich her, das Freunden des Meilensteins "Good Kid, M.a.a.d. City" zunächst die Haare zu Berge stehen lässt. Statt auf Eingängigkeit setzt Lamar auf vertrackte, bisweilen fast schon verworrene Sounds.

Free-Jazz, Funk, urbane Rhythmen

Das regierende Diskriminierungs-Heer wird mit verschrobenem Free-Jazz, außer Kontrolle geratenem Funk und urbanen Rhythmen bekämpft. Anspruchsvolles Storytelling verschmilzt mit intelligent verpackter Fakten-Lyrik. Es entsteht ein großes Ganzes, das wie ein Bulldozer über alles hinwegrollt, das sich ihm in den Weg stellt. Übrig bleibt ein plattgewalztes Häufchen Elend aus fremdenfeindlichem Gedankengut und auf dicke Hose machendem Restmüll.

Mit "To Pimp A Butterfly" schickt Kendrick Lamar ein musikalisches und inhaltliches Hip-Hop-Juwel ins Rennen, das nicht nur glänzt, sondern auch über genug ungeschliffene Ecken und Kanten verfügt, um genau dort Risse und Kratzer zu hinterlassen, wo derzeit die dicksten Mullbinden aufgetragen werden. Wütend schreiend, geduckt flüsternd, und selbstbewusst redend verteilt Kendrick Lamar 16 schallende Ohrfeigen. Wer getroffen wird, bleibt liegen; egal, ob weiß oder schwarz. Und das ist auch gut so. Hip Hop lebt! Danke, Mister Duckworth!

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Quelle: ntv.de

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