Musik

Gloria und die deutsche Geschichte Klaas "wollte immer Musik machen"

Klaas Heufer-Umlauf und Mark Tavassol sind "Gloria".

Klaas Heufer-Umlauf und Mark Tavassol sind "Gloria".

(Foto: K. Hintze)

Als Band Gloria stehen TV-Spaßvogel Klaas Heufer-Umlauf und "Wir sind Helden"-Bassist Mark Tavassol für melancholische Songs. Nach schmeichelhaften Kritiken für ihr Debüt wagen sie sich auf "Geister" jetzt an schwere Themen - darunter die deutsche Vergangenheit.

Ihr zweites Album haben Gloria "unbeschwerter" geschrieben, wie Bassist Mark Tavassol sagt. Und scheinbar auch mutiger. Falsche Ideale, blinder Gehorsam, Leugnen und Vergessen – TV-Moderator Klaas Heufer-Umlauf ("Joko gegen Klaas", "Circus HalliGalli")und Tavassol schrecken vor keinem Thema zurück und vertonen auch die düsteren Seiten deutscher Geschichte. "Es ist kein Konzeptalbum, auf dem sich alle Lieder darum bewegen. Es ist aber tatsächlich ein präsentes Thema auf der Platte", sagt Tavassol. Über ihren Blick auf die Gesellschaft, Melancholie und Courage sprachen Goria mit n-tv.de.

n-tv.de: Klaas, war das zweite Album einfacher für dich, weil du mögliche Jetzt-singt-der-auch-noch-Kommentare schon hinter dir hattest?

Klaas Heufer-Umlauf: Beweisen muss man sich mit jedem neuen Projekt, das finde ich auch gut so. Aber tatsächlich haben wir die Arbeit am zweiten Album als etwas einfacher wahrgenommen, weil wir ein besseres Verständnis für diese Band hatten. Wir hatten am Anfang ja viel damit zu tun, Gloria auch für uns selbst zu definieren.

Was hat sich für euch verändert, nachdem die Definition stand?

Mark Tavassol: Dieses Gefühl, angekommen zu sein, spiegelt sich auf indirekte Art in der Musik wider. Wir haben auf eine leichtfüßigere Art weitergemacht. Man nimmt Sachen mit rein, die vorher gar nicht auf dem Zettel waren - zum Beispiel taucht jetzt in fast allen Liedern ein Klavier auf.

Wenn man hauptberuflich den Spaßvogel gibt wie du, Klaas, wie wichtig ist es dann, auch einen Kanal fürs Melancholische zu haben?

Heufer-Umlauf: Ich habe nicht das Gefühl, diese Melancholie in mir zu tragen und jetzt mal rauslassen zu müssen. Ich wollte immer Musik machen und wenn Mark und ich zusammen Musik machen, dann kommt eben das dabei raus. Melancholie ist auch nicht Traurigkeit, sondern etwas, in das man sich gern begibt. Wenn ich Musik höre, finde ich es auch schön, wenn sie bei mir so etwas auslöst.

"Geister" von Gloria ist ab 7. August 2015 erhältlich.

"Geister" von Gloria ist ab 7. August 2015 erhältlich.

Bei eurer ersten Platte hast du, Mark, neben dem Melancholischen das Persönliche als euren "zweiten roten Faden" definiert.

Tavassol: Auf dem neuen Album geht es jetzt eher um gesellschaftliche Phänomene, die uns bewegen. Bei "Geister" zum Beispiel ist das Thema, einem falschen Messias hinterherzulaufen, politisch oder religiös, und Teil einer Herde zu werden.

Für mich klang das Album eher individuell – nach dem Blick zurück und dieser Habe-ich-bisher-alles-richtig gemacht-Frage?

Tavassol: Wir haben nicht nur gesellschaftliche Lieder wie "Geister" oder "Heilige und Hunde" auf der Platte, sondern auch Songs, die aus eigenen Ängsten erwachsen. In "Schwaches Gift" geht es darum, dass wir mit dem Alter Gefahr laufen, weniger couragiert zu sein. Da sind wir mit dabei und müssen auch aufpassen, nicht unser Feuer zu verlieren. Und "Neu beginnen" handelt davon, dass man vielleicht spät im Leben erkennt, dass man Dinge hätte anders machen sollen.

Könntet ihr da mal etwas konkreter werden und über euch selbst sprechen?

Tavassol: Ich frage mich beispielsweise schon, ob ich am Ende meines Lebens bereue, zu viele Jahre in einem Tonstudio verbracht zu haben.

Ihr habt "Geister" und "Schwaches Gift" hervorgehoben: Sind das die wichtigsten Songs der Platte?

Heufer-Umlauf: Es gibt eine Menge Songs auf dem Album, die eine klare Haltung haben. Ob man Lust drauf hat, die zu Hause für sich zu dechiffrieren oder nicht, ist eine andere Sache. Ich höre mir auch oft Songs an, bei denen ich weiß, die behandeln ein ganz anderes Thema, aber das ignoriere ich dann, weil ich sie mir passend zu meiner Stimmung anhören will.

"Stolpersteine" klingt nach einem dunklen Kapitel deutscher Geschichte …

Tavassol: Das sind diese Steine, die vor Häusern eingelassen wurden, aus denen Menschen deportiert wurden. Wir wollten diese Traurigkeit beschreiben: Wir wohnen in diesen Häusern, wir sehen das, was die Menschen gesehen haben, die aus diesen Häusern gezerrt wurden. Du stehst vor einem Haus und siehst die Stolpersteine, den Nachnamen, das Geburtsjahr: Das waren Mutter, Vater, Kind und Großvater. Du kannst richtig eine Geschichte daraus lesen.

Warum war es euch ein Anliegen, ein solches Thema zu vertonen?

Heufer-Umlauf: Wenn man Musik macht, schreibt man über Dinge, die einen bewegen oder bei einem zu Hause stattfinden. Und bei mir um die Ecke gibt es ein Haus, da steht auf einem Riesenschild "Hier wohnte Hans Rosenthal". Das sieht jeder, da stehen die Touristen davor. Aber genau zwei Meter weiter sind diese goldenen Steine eingelassen, und die meisten Leute laufen einfach so drüber. Ich habe dann irgendwann mal angefangen, mir die alle anzugucken.

Ihr seid beide sehr politisch und sozial engagiert, kehrt das aber nicht besonders an die Öffentlichkeit. Betrachtet ihr so etwas bescheiden als Privatangelegenheit?

Heufer-Umlauf: Ja, in gewisser Weise schon. Ich kann mich natürlich ganz anders engagieren als mein bester Freund, der nicht prominent ist. Aber ich habe auch schon Sachen abgesagt, die ich eigentlich gut fand, als es hieß, "da kommt dann aber das Boulevardblatt XY mit und macht einen Bericht über dich und die armen Kinder". Für derartigen Voyeurismus stehe ich nicht zur Verfügung. Das hilft niemandem.

Mit Klaas Heufer-Umlauf und Mark Tavassol sprach Nadine Emmerich.

"Geister" erscheint am 7. August - bei Amazon bestellen.

Quelle: ntv.de

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