Musik

Muss man gehört haben Robert Plants heißer Solo-Ritt

Auch als Solokünstler braucht man eine Band ...

Auch als Solokünstler braucht man eine Band ...

Es ist das Jahr der Legende Led Zeppelin. Auch wenn Fans es sich etwas anders vorgestellt hätten. Während Jimmy Page das Erbe modernisiert, veröffentlicht Robert Plant jetzt statt Reunion ein exquisites Solo-Album.

Plötzlich steht er da mit seiner wallenden Mähne und diesem musternden Blick. Der Meister trinkt Rotwein, lässt es entspannt angehen und mischt sich unter die parlierenden Journalisten. In der stimmungsvollen Theater Bar "Ham Yard"-Hotel im Londoner Stadtteil Soho stellte Robert Plant im Sommer sein neues Album vor. Die Lage ist damit weiter eindeutig: Während LedZep-Weggefährte Jimmy Page sich anno 2014 als akribischer Kurator um die Remasters der Zep-Alben kümmert, geht Plant schnurstracks, ungeachtet aller verzweifelten Rufe nach einer Reunion, seinen Weg als Solist weiter.

Der Mann mit der Wallemähne - fast, als wäre die Zeit stehengeblieben.

Der Mann mit der Wallemähne - fast, als wäre die Zeit stehengeblieben.

Ohne Band geht das jedoch auch bei ihm nicht und so wird Plant nicht müde, vom unvergleichlichen Vibe seiner Band The Sensational Spaceshifters zu schwärmen. Klingendes Zeugnis davon legt nun "lullaby … and the Ceaseless Roar", so der Titel des Werks, ab. Dieses Mal ist Justin Adams Plants musikalischer Kollaborateur. Der war schon auf dem 2005er "The Mighty Rearranger" mit an Bord und hat als Produzent der Wüstenblues-Combo Tinariwen, als Mitstreiter von Bass-Gigant Jah Wobble und Koops mit Brian Eno und einigen mehr von sich reden gemacht. Das Spektrum auf "lullaby …" ist  entsprechend weit gesteckt.

Von Pop bis Weltmusik

Während Songs wie "House of Love" waschechter Pop in Cinemascope-Breite sind, verortet sich Plant via "A Stolen Kiss" als Crooner im Geiste von Elvis Presley, "Turn it Up" dagegen durchzieht der ewige Strom des Blues. So traditionell westlich diese Soundverweise sind, so weltmusikalisch ist das Fundament, das dem Großteil der Songs hier unterbaut ist. Afrikanische Beats, sirrende Gitarren, Djembé-Trommeln und arabische Tablahs, Glöckchen und Schellen. Schon in den 90ern hatten Page und Plant afrikanisches Territorium erkundet und auf zwei Alben ("No Quarter" und "Walking into Clarksdale") eine musikalische Vision davon entfaltet. Zwei Dekaden später klingt das noch einmal ein gutes Stück moderner.

Alphatiere unter sich.

Alphatiere unter sich.

Die Beats sind unglaublich bauchig und dick, der Bass scheint direkt die Hände auf den Brustkorb zu legen. Das klingt hier mal nach Massive Attack goes Africa, dort da nn wieder, als hätten Portishead ihr Herz für Wüstensöhne entdeckt. Zusammengehalten wird das von Plants unverkennbarer Stimme, die er über das ganze gesamte Album variiert - von Flüstern bis Schreien, vom charakteristischen Kreischen bis zum säuselnden Leisetöner. Ob ein neues Album von Led Zeppelin heute so klingen würde? Natürlich ist da Plants Organ, das unausweichlich an Zep denken lässt. Wo aber die Altvorderen ihren Sound luftiger, ihre Songs in sich stilistisch abgeschlossener entwickelten, ist hier Crossover die Basis, geht hier alles neben-, über- und untereinander. Kein einfacher Ritt, diese elf Songs, aber ein schillerndes, vielschichtiges, im besten Sinne kompromissloses Werk des Meisters mit den Korkenzieher-Locken.

Bevor es zu mehr kam ...

Der Mann aus dem Black Country Großbritanniens, genauer gesagt West Bromwich in Staffordshire, hatte in den 60ern zunächst auf Bluesstandards gesetzt, machte mit der Band Listen erste Aufnahmen und formierte später die Band of Joy. Auf dem Drumhocker damals bereits: John Bonham. Es existieren nur ein paar Demos. Bevor es zu mehr kam, war die Band 1968 schon wieder passé. Kurze Zeit später nahm die Geschichte mit Led Zeppelin ihren Lauf.

robertplant.jpg

Nach dem Split der Band konzentrierte Plant sich wieder mit Beginn der 80er auf seine Solokarriere. "Big Log" geriet 1983 zum Top-20- Hit, mit Page und Jeff Beck hatte er im Jahr darauf unter dem Namen The Honeydrippers einen Hit mit "Sea of Love". "Now and Zen" knackte 1988 auf beiden Seiten des Atlantiks die Top 10, "Manic Nirvana" (1990) knüpfte dickhosig an Zep-Zeiten, während "Fate of  Nations" drei Jahre später einen Gang zurückschaltete und mit "29 Palms" noch einmal die Singlecharts enterte. Waren die 90er geprägt von den Unternehmungen unter dem Banner Page & Plant, prägte die Nuller-Jahre erneut Plant, der Solist.

"Dreamland" (2002) geriet zur Fingerübung des traditionellen Bluesers mit Klassikern vom Schlage "Morning Dew", damals auch bereits mit Justin Adams an Bord, der Nachfolger "Mighty Arranger" holte soundtechnisch den Rest der Welt ins Boot. Zusammen mit Alison Krauss verbuchte Plant 2007, dem Jahr der LedZep-Show in der Londoner O2-Arena, mit "Raising Sands" einen Grammy-belohnten Erfolg. Und nach dem 2010er "Band of Joy", das an die seligen 60er gemahnte, landet Plant mit "lullaby and … and the Ceaseless Roar" bei einem fulminaten, waghalsigen und spektakulären Querschnitt durch seine ganze Karriere.

Welche Rolle Led Zeppelin dabei immer noch spielen, lässt Plant selbst durchblicken. Ob auf der Tour der Sensational Space Shifters bereits neue Songs auf der Setlist stehen, wollen wir von ihm wissen. Ja, so Plant fast ein wenig beiläufig, ein paar davon würde man spielen: "Aber gestern bei den Probe haben wir eine Version von 'Black Dog' gespielt. Mann, die hättet ihr hören sollen."

"lullaby and ... The Ceaseless Roar" von Robert Plant erscheint am 5. September bei "Nonesuch/Warner Bros. Records" auf CD / Vinyl / digital - bei Amazon bestellen

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen