Mobbing für Fortgeschrittene Der Kölner "Tatort" im Schnellcheck
12.01.2020, 21:45 Uhr
Verlieren bei ihren Ermittlugnen die Kontrolle: Schenk (Dietmar Bär, 3.v.r.) und Ballauf (Klaus J. Behrendt, 2.v.r.).
(Foto: WDR/Thomas Kost)
An einem Kölner Gymnasium gilt das Recht des Stärkeren: Schwule Schüler werden gemobbt, einer sogar ermordet. Und Kommissar Schenk erfährt bei den Ermittlungen am eigenen Leib, wie schnell ein Rufmord begangen ist - und wie wenig man dagegen tun kann.
Das Szenario
Auf dem Gelände einer leerstehenden Villa wird die nackte Leiche eines Schülers gefunden, die Polizei vermutet ein Sexualdelikt. Die Ermittlungen führen die Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) an ein Kölner Gymnasium, an dem das Recht des Stärkeren gilt: Der Ermordete war offen schwul und wurde deswegen genau wie sein bester und einziger Freund Paul (Thomas Prenn) gemobbt. Ganz vorne mit dabei war die aufreizende Nadine (Emma Drogunova), die zusammen mit dem reichen Lennart (Moritz Jahn) und Sportskanone Robin (Justus Johanssen) ein unheiliges Dreiergespann mit unklaren Motiven bildet.
Wie gefährlich die drei sein können, findet Kommissar Schenk bald am eigenen Leib heraus: Nadine, die selbst zum Kreis der Verdächtigen gehört, dreht während einer Befragung den Spieß kurzerhand um und beschuldigt den Ermittler der sexuellen Belästigung. Schenk ist zwar unschuldig, nur will ihm das bis auf Kollege Ballauf kaum jemand glauben. Umso energischer arbeiten die beiden Kommissare daraufhin daran, die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Die eigentliche Botschaft
"Kein Mitleid, keine Gnade" dreht sich um Mobbing, Homophobie und gesellschaftliche Stigmata - und was man alles anrichten kann, wenn man nicht sensibel genug miteinander umgeht.
Darüber wird in der Mittagspause geredet
"Der wird ihm schon nicht den Kopf abreißen", sagt Ballauf zu Kollege Schenk über den Vater eines arabischstämmigen Rettungssanitäter, der seinen schwulen Sohn nach der Befragung durch die Polizisten vom Revier abholt. Das macht der homophobe Vater tatsächlich nicht - und fährt stattdessen seinen Mercedes mit voller Wucht und voller Absicht gegen eine Wand.
Der Plausibilitätsfaktor
Höher als zunächst gedacht. Oder um es mit Regisseur Felix Herzogenrath zu sagen: "Ich wunderte mich erstmal über das Thema des Drehbuches, da ich eigentlich davon ausging, in der heutigen […] liberalen Gesellschaft, die ich kenne, ein solches Phänomen nicht wieder zu finden. Doch die Lage an den Schulen spricht eine drastisch andere Sprache und beweist, wie falsch ich mit meiner Annahme lag."
Die Bewertung
7,5 von 10 Punkten. Homophobie und Mobbing an Schulen, das ist eine ziemlich plakative Ausgangslage für diesen Krimi - aber die gekonnte Charakterzeichnung der jugendlichen Hauptdarsteller und der ästhetische Gesamteindruck des Films wissen zu überzeugen.
Quelle: ntv.de