
"Zwei Spermien auf Abwegen: Schmitz (Florence Kasumba, l.) und Lindholm (Maria Furtwängler)."
(Foto: NDR/Christine Schroeder)
Vergewaltigungen, Flüchtlinge, Vorurteile: Kommissarin Lindholm und Kollegin Schmitz müssen sich mal wieder mit einem rassistisch motivierten Mord herumschlagen. Oder dem Gegenteil davon. Oder doch mit etwas ganz anderem? Nur eines ist bei diesem Fall sicher: Er ist wirklich, wirklich schlecht erzählt.
Was passiert?
Ein Serien-Triebtäter sorgt rund um Göttingen für Angst und Schrecken: Der von der Presse "Wikinger" getaufte Mann bedroht Frauen mit einem Dolch und zwingt sie dann zu sexuellen Handlungen. Bislang ließ der Triebtäter seine Opfer am Leben, doch dann findet ein Spaziergänger in einem Waldstück die Leiche einer jungen Joggerin. Sie wurde vergewaltigt und ermordet, war es der Wikinger? Oder doch einer der Flüchtlinge, die auf einem nahen Sportplatz einen Weltrekord im Dauerfußballspielen aufstellen wollen, wie es die unverhohlen rassistisch gefärbte Täterbeschreibung des Passanten andeutet?

"Lindholm und eines der vielen wandelnden Klischees in diesem 'Tatort'."
(Foto: NDR/Christine Schroeder)
Die Göttinger Kommissarinnen Schmitz (Florence Kasumba) und Lindholm (Maria Furtwängler) sind sich bei ihren Ermittlungen schon bald uneinig: Während Schmitz an die Schuld des Wikingers glaubt, veranlasst die frühere LKA-Beamtin sogar eine Herkunftsanalyse der DNA – eine bei deutschen Behörden eigentlich verbotene Vorgehensweise. Die beiden Ermittlerinnen drohen, im Sumpf ihrer eigenen Vorurteile den Überblick zu verlieren.
Worum geht es wirklich?
Wie weit dürfen Ermittlungen gehen? Wie schafft man es, eigene Vorurteile im Guten wie im Schlechten voneinander zu unterscheiden? Wie gehen (männliche) Flüchtlinge in Deutschland mit Frauen um? Und was dürfen Frauen überhaupt sagen? "Die Rache an der Welt" will eine unglaubliche Menge an gesellschaftsrelevanten und wichtigen Zeitthemen verhandeln. Was ein Geflüchteter aus Syrien im Verlauf sagt, gilt aber leider für den ganzen Film: "Ich bin ein Klischee, Entschuldigung."
Wegzapp-Moment?
Es ist fast egal, wann man reinzappt: Man findet eigentlich fast immer einen. Zum Beispiel die Szene, in der eine Gruppe schwarzer Fußballer in ihrer Spielpause vor ihren Zelten (!) tanzt. Mehr Klischee geht nun wirklich nicht. Könnte man zumindest denken. Wer nicht wegzappt, wird eines Schlechteren belehrt.
Wow-Faktor?
Überwältigend ist an diesem "Tatort" maximal die Erkenntnis, dass im Jahr 2022 mit jeder Menge öffentlichen Mitteln dermaßen eindimensionale Filmchen produziert werden.
Wie ist es?
3 von 10 Punkten. "Die Rache an der Welt" ist ein heillos überfrachteter und dabei unterirdisch erzählter Film. Das ist besonders angesichts des sehr sensiblen Themas schade: Die aufgeworfenen Fragen sind richtig und wichtig. Wer sie aber so holzschnittartig ausrollt, wie dieser "Tatort", unterminiert die hehre Absicht.
Quelle: ntv.de