"Für niemanden positive Folgen" Altmaier warnt vor Handelskrieg
06.05.2019, 16:05 Uhr
Große Runde mit Peter Altmaier: Der Minister spricht vor Spitzenvertretern aus der deutschen Unternehmenslandschaft im Bundeswirtschaftsministerium.
(Foto: dpa)
Bei einer Konferenz in Berlin tritt Deutschlands Wirtschaftsminister an, um Spitzenvertretern von Konzernen, Unternehmen und Gewerkschaften seine Ideen zur neuen deutschen Industriestrategie zu erklären. Jedoch drängt sich Trumps Zolldrohung auf die Agenda.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat am Rande einer Konferenz zu seinen industriepolitischen Vorschlägen vor einer Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China gewarnt. "Wir hoffen alle miteinander, dass der Handelskonflikt zwischen den USA und China gelöst werden kann, weil er für niemanden in der Weltwirtschaft positive Folgen bereithält", sagte der CDU-Politiker.
Europa betreibe Handel mit den USA und China in ungefähr gleich großem Umfang, betonte er. "Wir haben ein Interesse daran, dass von der Weltwirtschaft positive Impulse für die wirtschaftliche Entwicklung ausgehen." Die Bundesregierung setze sich dafür ein, dass es zu einer chinesisch-amerikanischen Vereinbarung komme. "Deshalb glauben wir, dass einseitige Maßnahmen sehr genau überlegt sein wollen." Nötig seien regelbasierte Handelssysteme, offene Weltmärkte, Fairness und gleiche Rechte für die Unternehmen. Deshalb hoffe er auch, dass es gelinge, die Welthandelsorganisation (WTO) zu stärken.
Trump hatte am Vortag überraschend angekündigt, von Freitag an die bereits geltenden Sonderzölle auf Wareneinfuhren aus China im Wert von 200 Milliarden Euro von bisher 10 auf 25 Prozent zu erhöhen. Er drohte zudem mit einer Ausweitung 25-prozentiger Sonderzölle auf alle Einfuhren aus China. Die Ankündigungen des US-Präsidenten lösten an den Börsen in Asien und Europa teils massive Kursverluste aus und weckten auch in Deutschland Sorgen vor einer Eskalation des Handelsstreits. Trumps konfrontativer Kurs gilt mittlerweile als einer der größten Unsicherheitsfaktoren für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft.
"Brauchen eine aktive Industriepolitik"
Zur industriepolitischen Konferenz in Berlin kamen zu Wochenbeginn auf Einladung Altmaiers rund 70 Spitzenvertreter aus Wirtschaft, Gewerkschaften und Politik zusammen, um die neuen industriepolitischen Ansätze des Wirtschaftsministers zu beraten. Seine Ideen zur "Industriestrategie 2030" hatte er bereits im Februar vorgestellt. Das endgültige Konzept will Altmaier im Herbst vorlegen.
Beifall für seine Ansätze bekam der CDU-Politiker von Gewerkschaftsseite. Im Gegensatz zu Stimmen aus der deutschen Wirtschaft betonte der Chef der IG Metall, dass die Politik in der sich gegenwärtig stark wandelnden Wirtschaft Impulse geben müsse und eine lenkende Industriepolitik nötig sei. "Wir brauchen eine aktive Industriepolitik, um wirtschaftlich und gesellschaftlich den Wandel zu gestalten, so dass nachhaltiger Wohlstand und gesellschaftlicher Zusammenhalt gestärkt werden", erklärte Jörg Hofmann, Vorsitzender der Industriegewerkschaft IG Metall.
"Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen ist eine klug koordinierte Industriepolitik mit einer klar erkennbaren Orientierung als Planungsumfeld wichtig", so Hofmann. Es gelte zu diskutieren, wie sich die soziale Marktwirtschaft weiter entwickeln müsse, wenn die Balance zwischen Arbeit und Kapital auch in einer Digital- und Globalökonomie gewahrt werden solle. Kritisch merkte er an, dass das Bundeswirtschaftsministerium bei der anstehenden Mobilitäts- und Energiewende etwas einsilbig geblieben sei.
Industrie fordert andere Maßnahmen
Aus den Reihen der großen Industrieverbände war bereits im Vorfeld des Treffens in Berlin Kritik an Altmaiers Ideen zur neuen industriepolitischen Strategie laut geworden. Die Industrie wandte sich unter anderem gegen Überlegungen, dass der Staat notfalls mit Steuergeldern bei Großkonzernen einsteigen solle, um den Ausverkauf der deutschen Industrie beispielsweise nach China oder in die USA zu verhindern. Unternehmer aus dem Mittelstand kritisierten zudem, dass sich die Vorschläge schwerpunktmäßig mit der Stärkung von großen Unternehmen zur Schaffung von Großunternehmen befasse. Eine eigene "Mittelstandsstrategie" sei Altmaier hingegen bislang schuldig geblieben.
Bei Altmaiers Konferenz in Berlin bekräftigte BDI-Chef Dieter Kempf die Kernpunkte der Kritik. Das Standortproblem in Deutschland müsse umfassend angegangen werden, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Dazu zählten seiner Ansicht nach die überzogenen Strompreise, eine ausufernde Bürokratie, "schädliche" Steuerpolitik sowie der unzureichende Ausbau der Infrastruktur. Protektionismus nehme weltweit zu, betonte Kempf. Deutschland wäre falsch beraten, diese fehlgeleitete Politik zu kopieren und ausländische Investitionen zu verhindern. "Die staatliche Investitionskontrolle darf kein Mittel der Industriepolitik sein", sagte er. Die "explizite politische Förderung von europäischen Champions" sehe der BDI kritisch, so Kempf.
Altmaier betonte auf der Konferenz dagegen, dass es hier offenbar ein "Missverständnis" gäbe, denn er sehe sehr wohl den Mittelstand und Familienunternehmen als den Kern des wirtschaftlichen Erfolges Deutschlands an. Er räumte allerdings ein, dass er dieser Position in seiner Industriestrategie größeren Raum hätte einräumen können. "Das war in gar keiner Weise gegen Mittelständler und Familienunternehmen gerichtet", betonte Altmaier.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa