Politik

Treffen mit US-Finanzministerin Beim Elefanten im Raum muss Habeck in Washington klug sein

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Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und der Biden-Administration sind sehr gut, das demonstrierten auch Habeck und US-Finanzministerin Yellen bei ihrem Treffen in Washington. Das heißt aber nicht, dass alles eitel Sonnenschein ist.

Die Beziehungen zwischen der Bundesregierung und der Biden-Administration sind sehr gut, das demonstrierten auch Habeck und US-Finanzministerin Yellen bei ihrem Treffen in Washington. Das heißt aber nicht, dass alles eitel Sonnenschein ist.

(Foto: dpa)

Für die Amerikaner ist China mittlerweile eher Gegner und Rivale als Partner. Sie sähen es gern, wenn Deutschland ebenfalls stärker von Peking abrückt. Aber wie viel Distanz zu China kann sich die deutsche Wirtschaft leisten? Keine leichte Ausgangslange für Wirtschaftsminister Habeck in Washington.

Robert Habeck muss warten - die Finanzministerin der Vereinigten Staaten, Janet Yellen, kommt ein paar Minuten zu spät. Aber der deutsche Vizekanzler ist in diesen Tagen besonders gut gelaunt, posiert für die Kameras und ist zu Scherzen aufgelegt. Auch die Begrüßung in den goldenen Hallen des Washingtoner Finanzministeriums fällt herzlich aus. Bei den Amerikanern ist es nicht üblich, dass die Presse den Auftakt eines solchen Treffens filmt, wohl deshalb wirkt sie kurz unsicher. Davon ist bei Eröffnung des Gesprächs im Konferenzraum dann nichts mehr zu spüren.

Die 77-Jährige beginnt gleich mit deutlichen Worten zu dem in ihren Augen drängendsten Thema: den Ukrainehilfen. Es müsse sichergestellt werden, dass die Ukraine genug bekommt, um sich gegen Russland zu wehren. Und dass die Sanktionen gegen Russland nicht umgangen werden. Mehr noch: Die Amerikaner drängen darauf, die seit 2022 eingefrorenen russischen Vermögenswerte zu nutzen, um die Ukraine finanziell zu unterstützen. Es geht um 262 Milliarden Euro. Janet Yellen hatte schon beim G20 Finanzministertreffen gefordert, diese Gelder direkt für die Ukraine zu nutzen. Den Europäern geht das zu weit. Es gebe keine gesetzliche Grundlage dafür. Die EU hat aber gerade die Grundlage dafür geschaffen, die Gewinne aus dem Vermögen, also die Zinsen, für die Ukraine zu nutzen.

Ein Mittelweg, den auch Habeck unterstützt. Europa sei ganz anders betroffen als die USA, vor allem mit Blick auf die Stabilität der Währung und den Rechtsraum Europa. Denn der weitaus größte Teil der Vermögenswerte sind Euros, nicht Dollar. Würde geltendes Recht gebrochen, könnte das auch generell das Vertrauen in den Euro schwächen.

Der große Elefant im Raum heißt China

Auch was die Sanktionen angeht, kann der Vizekanzler der Finanzministerin wenig anbieten. Er spricht davon, den Zoll zu stärken. Dafür bräuchte es aber das entsprechende Personal. Außerdem wolle Deutschland intensiver mit den Nationen sprechen, die von der aktuellen Sanktionspolitik profitieren. Es sei zwar eine Frage der Ehre, die erlassenen Sanktionen auch umzusetzen - wie genau das aber passieren soll, kann Habeck auch nicht wirklich beantworten. Auch hier wünschen sich die Amerikaner ein deutlich energischeres Auftreten.

So wie gegenüber China. Der große Elefant im Raum bei der dritten Reise des Wirtschaftsministers in die USA. Das Verhältnis zu China ist auch das, was die deutschen Wirtschaftsvertreter und Unternehmen vor Ort am meisten beschäftigt. Vor gut anderthalb Jahren hat der demokratische Präsident Joe Biden den Inflation Reduction Act unterzeichnet - ein Hunderte Milliarden Dollar schweres Subventionspaket für klimafreundliche Unternehmen. Mit der wichtigen Bedingung: Nur wer in den USA produziert, profitiert.

Damit wollten die Amerikaner sich eigentlich gegen China wehren. Aber auch viele deutsche Unternehmen verlagern seitdem ihre Produktion lieber auf die andere Seite des Atlantiks. "Das ist schon teilweise unfreundlich gewesen", gibt Habeck zu. Aber sie hätten immer darüber sprechen können und jetzt gehe es konkret darum, für bestimmte Bereiche, kritische Rohstoffe, Batterien, den Hochlauf von Wasserstoff, gemeinsame Regeln zu definieren. Dabei hat sich in den vergangenen anderthalb Jahren allerdings wenig getan.

Bisher gibt es kaum Ausnahmen für die engsten Verbündeten. Die USA fahren einen protektionistischen Kurs. Es scheint das Einzige, in dem sich Demokraten und Republikaner im Moment sogar einig sind. Immerhin gibt es einige Foren und Gesprächsrunden - der sogenannte EU-US-Handels- und Technologierat (TTC) soll ein gemeinsames Vorgehen bei wichtigen Handels-, Wirtschafts- und Technologiefragen koordinieren. Jetzt geht es für Habeck darum, den TTC über die Wahlen in der EU und den USA hinaus als dauerhaftes und breit systematisch arbeitendes Gremium zu etablieren. Denn unter einem Präsidenten Donald Trump könnte es auch damit schnell vorbei sein.

Aber was kann Deutschland den USA im Gegenzug anbieten? "Wir profitieren voneinander, wenn unsere Volkswirtschaften stark dastehen", argumentiert Habeck. Auch gegenüber anderen Ländern seien wir darauf angewiesen, beide Wirtschaftsräume zu stärken. Das sei auch den Amerikanern klar. Und trotzdem hätten die vor allem eines gerne: eine deutliche Distanzierung Deutschlands gegenüber China. Die USA selbst wollen China beispielsweise von Hochtechnologien wie wichtigen Halbleitern abschneiden. Für Deutschland bleibt China allerdings ein wirtschaftlich unverzichtbarer Partner - gerade in einer Phase, in der die Wirtschaft sowieso schon schwächelt.

Noch sind die Beziehungen bestens

Habeck versucht es so: "Ich will dafür arbeiten, dass China Teil einer Win-win-Situation bleibt. Es muss immer risikoreicher für Länder sein, sich gegen andere Länder zu wenden, gegen andere Wirtschaftsräume zu wenden, als mit ihnen zu kooperieren." Damit will er sagen, dass die Hürde Chinas, sich auch militärisch gegen den Westen und seine Verbündeten zu richten, größer ist, solange auf der anderen Seite wirtschaftlich viel zu verlieren ist. Gibt es schon vorher keine Wirtschaftsbeziehungen mehr, gibt es auch weniger zu verlieren. Trotzdem dürfe man nach den Erfahrungen mit Russland nicht naiv sein. Deswegen habe das Wirtschaftsministerium seine Haltung gegenüber China deutlich geändert. "Wir haben eine Chinastrategie erarbeitet", so Habeck. All das werde durchaus auch in den USA gesehen und führe dazu, dass das Vertrauen insgesamt besser sei denn je.

Auch das gilt allerdings nur unter einem Präsidenten Joe Biden. Donald Trump hat mehrfach angekündigt, dass er bei China keine Ausnahmen machen will. Was also, wenn die USA Europa zwingen, sich zu entscheiden? "Wenn Sie mich zwingen zu wählen, dann würde ich sagen, das Verhältnis zu den USA ist dominant, auch militärisch, wirtschaftlich", so Habeck. Aber man dürfe es eben nicht einseitig interpretieren. Alle hätten ein Interesse daran, dass China Teil der Lösung ist. Dafür will Habeck hier in den USA selbstbewusst auftreten. Daran erinnern, dass deutsche Unternehmen in den USA rund eine Million Jobs geschaffen haben. Damit sind sie der drittgrößte ausländische Arbeitgeber in den Vereinigten Staaten.

Auch Janet Yellen sagt zum Abschluss ihres Statements, dass die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland wohl nie so gut und vertrauensvoll waren wie heute. Dieses Moment möchte der Vizekanzler nutzen - denn schon in acht Monaten könnte sich das Blatt wieder wenden.

Quelle: ntv.de

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