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Joe Biden trifft Xi Jinping Diese Harmonie ist nur eine Momentaufnahme, mehr nicht

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Xi Jinping und Joe Biden im Park der Villa Filoli in Woodside, Kalifornien.

Xi Jinping und Joe Biden im Park der Villa Filoli in Woodside, Kalifornien.

(Foto: IMAGO/UPI Photo)

Nach rund einem Jahr begegnen sich die Staatschefs der rivalisierenden Supermächte erstmals wieder persönlich. Xi ist um Harmonie bemüht. Doch um das Vertrauen der USA zu gewinnen, fehlt es an echten Zugeständnissen.

Die Rückkehr von Xi Jinping nach San Francisco nutzte der chinesische Staatschef zu einer Charme-Offensive in Richtung Gastgeber. In San Francisco hatte er 1985 erstmals einen Fuß auf US-amerikanischen Boden gesetzt. Bis heute, sagt Xi beim Willkommens-Dinner am Mittwochabend, bewahre er ein Foto von sich vor der Golden Gate Bridge auf.

Es war ein gelungener rhetorischer Einstieg in seine Rede, in der Xi die Bedeutung der Beziehungen beider Staaten herausstrich, ihre Chancen und seine Bedingungen formulierte, um die Zukunft der Welt vermeintlich friedlicher und mit wachsendem Wohlstand für alle zu gestalten. Stunden zuvor war Xi erstmals nach rund einem Jahr wieder persönlich mit US-Präsident Joe Biden zusammengetroffen - am Rande des APEC-Gipfels in dieser Woche.

Gespräche, Essen, Spaziergang

Xi lag viel daran zu vermitteln, dass es ein harmonisches Treffen gewesen sein muss. Vier Stunden verbrachten Biden und er miteinander. Zunächst im Kreise von Beratern für Handel, Wirtschaft, nationale Sicherheit und regionale Diplomatie. Später beim Essen mit Regierungsmitgliedern beider Seiten und schließlich bei einem gemeinsamen Spaziergang über das Anwesen des Landhauses Filoli, etwas südlich von San Francisco.

Zweifellos geschah all dies in harmonischer Atmosphäre. Doch Harmonie ist allenfalls eine Momentaufnahme in den Beziehungen zwischen Washington und Peking. Das haben die letzten Jahre immer wieder bewiesen. Zu sehr kollidieren sicherheitspolitische und wirtschaftliche Interessen der beiden größten Volkswirtschaften miteinander. China betont zwar, es sei Platz für zwei Supermächte auf der Welt. Aber das mögen dem Land in den USA immer weniger Akteure abnehmen.

Chinas Ambitionen, die Vorherrschaft der USA zu brechen, haben sich in den vergangenen Jahren nicht nur intensiviert, sondern vor allem auch institutionalisiert. Argwöhnisch beobachten Amerikaner, aber auch Europäer Chinas Versuche, über eine Stärkung des BRICS-Forums einen globalen, wirtschaftsstarken Block zu bauen, in dem Peking das Sagen hat, seine Landeswährung zur Alternative zum US-Dollar aufbaut und demokratische Werte wie Menschen- und Bürgerrechte in seinem Sinne umdeutet.

Taiwan bleibt der Knackpunkt

Doch nirgendwo spitzte sich der Konflikt beider Staaten zuletzt so zu wie in der Straße von Taiwan. Der Inselstaat ist der demokratische Gegenbeweis für die Behauptung, Chinesen müssten autoritär regiert werden, um Chaos zu verhindern. Er ist aber auch vorgelagerter Stützpunkt der US-Präsenz im Indo-Pazifik, nur wenige Hundert Kilometer von der chinesischen Küste entfernt und als solcher Peking ein Dorn im Auge.

Trotz aller Harmonie-Gesänge machte Xi seine feste Entschlossenheit gegenüber Biden deutlich, sich Taiwan einzuverleiben - ohne einen Zeitplan zu nennen. Laut offizieller chinesischer Mitteilung forderte Xi die US-Regierung auf, die Bewaffnung Taiwans zu unterlassen und mögliche Unabhängigkeitsbestrebungen nicht zu unterstützen. Derart eindeutige Handlungsanweisungen erteilte Xi bei keinem anderen Thema.

Taiwan schwebt über den Beziehungen beider Staaten wie ein Damoklesschwert. Biden und Xi verabredeten zwar größeren Austausch in Sachen Tourismus, Erleichterungen bei der Visa-Vergabe, um Kontakte zwischen den Gesellschaften beider Staaten leichter zu ermöglichen. Sogar die Wiederaufnahme der Kommunikation zwischen ihren Militärs sagten beide Politiker zu. Den Kernkonflikt um Taiwan lösen diese Vereinbarungen jedoch nicht.

Operative Kontakte sind gute Nachrichten

Nicht nur zwischen Ministerien, sondern auch auf niederen Ebenen sollen Gespräche aufgenommen werden. Von operativen Kontakten zwischen Schiffsführern und anderen Offizieren war die Rede. Was das im Detail bedeutet, blieb noch schwammig. Doch diese Vereinbarung soll wohl unerwartete militärische Zusammenstöße in der Straße von Taiwan oder dem Südchinesischen Meer verhindern. Zuletzt hatten solche Zwischenfälle immer häufiger die Sorge vor einer Eskalation befeuert. Joe Biden äußerte sich erleichtert, dass es diese Absichtserklärung gegeben hat.

Für den Rest der Welt sind das dennoch die besten Nachrichten, die das Treffen hervorbrachte. Dass China dagegen an anderen Brandherden seinen Einfluss geltend machen sollte, kam offiziell dagegen wohl nicht prominent zur Sprache zwischen Biden und Xi. Sicherlich auch, weil die Positionen zu verfahren sind, um sie in einem als harmonisch inszenierten Treffen zu diskutieren. Denn auch in Zukunft wird die Volksrepublik zu den guten Freunden Putins und zu den guten Kunden des Iran beim Ölkauf zählen. So wird Peking weder in der Ukraine noch in Gaza als Friedensstifter in Frage kommen.

Fentanyl-Exporte sollen eingedämmt werden

Seinen guten Willen wollte Xi mit Zugeständnissen auf anderer Ebene demonstrieren. Er versprach, die Ausfuhren von Chemikalien zur Herstellung des synthetischen Opiats Fentanyl besser zu kontrollieren. Die Droge hat sich in den USA rasend schnell verbreitet und bereits für Zehntausende Todesopfer gesorgt. Manche unken, es sei Chinas Rache für das Opium, das im 19. Jahrhundert von den Briten ins Land gebracht wurde und die Chinesen über Jahre betäubte wie einst das Feuerwasser die Ureinwohner Nordamerikas.

Xi dürfte aber auch daran gelegen sein, die Amerikaner zu mehr Investitionen in der Volksrepublik, einem besseren Marktzugang für chinesische Firmen in den USA und weniger Skepsis bei chinesischen Waren aus Xinjiang zu bewegen. Sein Land steckt wirtschaftlich in Schwierigkeiten, seit es mit seiner Corona-Politik jahrelang die eigene Produktion und Wertschöpfung lahmlegte.

Das "Wall Street Journal" glaubt jedenfalls nicht mehr daran, dass Xi Jinping aufrichtig an einer Verbesserung der Beziehungen zu den USA interessiert ist. "Chinesische Führer lächeln und stoßen auf die Freundschaft zwischen unseren beiden Völkern an, während sie die Interessen der USA untergraben, wo immer sie können", schreibt das Blatt.

Quelle: ntv.de

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