Steinmeier in Bagdad Erste deutsche Hilfsgüter landen im Irak
16.08.2014, 08:15 Uhr
Frank-Walter Steinmeier lotet im Irak aus, wie Deutschland beim Kampf gegen die militanten Islamisten helfen kann. Die Lage vor Ort nennt der Bundesaußenminister erschütternd. Einen kleinen Lichtblick gebe es aber dennoch.
Zum Auftakt seines Irak-Besuchs hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier den Kurden im Norden des Landes Unterstützung im Kampf gegen die islamistische Terrormiliz IS zugesichert. "Die täglichen Bilder aus dem Irak mit ermordeten, abgeschlachteten Menschen lösen in der ganzen Welt - auch in Deutschland - Erschütterung und Entsetzen aus", sagte er nach seiner Ankunft in der irakischen Hauptstadt Bagdad. "Eine terroristische Mörderbande versucht sich das Land Untertan zu machen."

Die fünf Transall-Maschinen, die rund sechs Tonnen Lebensmittel transportieren, während ihrer Zwischenlandung in der Türkei.
(Foto: picture alliance / dpa)
Mit dem Präsidenten des kurdischen Autonomiegebiets, Masud Barsani, wolle er in Erbil über mögliche weitere Hilfsleistungen Deutschlands sprechen. Die Bundesregierung hat sich zur Lieferung militärischer Ausrüstung bereiterklärt und schließt auch Waffenexporte nicht aus. Kurz vor Steinmeiers Ankunft war ein erstes Transportflugzeug der Bundeswehr - eine Maschine vom Typ C-160 "Transall" mit deutschen Hilfsgütern an Bord in Erbil gelandet.
Um möglichen Angriffen mit handgestützten Waffen zu entgehen, näherte sich die Transall in einem sogenannten taktischen Anflug. Dabei gingen die Piloten aus großer Höhe zur Landung abrupt in einen steilen Sinkflug über. Die Transall sollte nach dem Entladen der 6,6 Tonnen Hilfsgüter wie etwa Lebensmitteln umgehend wieder starten. Weitere Hilfsflüge der Bundeswehr vom türkischen Incirlik aus soll es voraussichtlich am Samstagabend geben. Insgesamt transportieren fünf Transall-Maschinen Hilfsgüter für die in Not geratenen Menschen im Nordirak. Die mit insgesamt rund 30 Tonnen Lebensmitteln und sechs Tonnen medizinischem Material beladenen Hilfsflieger waren am Freitagmorgen vom schleswig-holsteinischen Hohn aus gestartet.
"Keinen Mangel an tapferen Kämpfern"
Die Kurden benötigen Barsani zufolge jedoch keine ausländischen Truppen benötigten. "Wir haben wirklich keinen Mangel an tapferen Kämpfern, wir haben einen Mangel an modernen und effektiven Waffen", sagte Barsani. Der Sunniten-Miliz sei es gelungen, schwere Geschütze und Munition von fünf irakischen Divisionen zu erbeuten, die ihre Stützpunkte und Waffenarsenale im Juni kampflos zurückgelassen hätten.
Barsani fordert die internationale Staatengemeinschaft auf, die Finanzquellen der IS umgehend trockenzulegen. Durch Erpressung und den Diebstahl von Öl nehme die Terrormiliz jeden Tag drei Millionen US-Dollar ein, sagte Barsani dem "Focus". Bei Überfällen auf die irakische Nationalbank in Mosul und Tikrit habe die sunnitische Extremistentruppe zudem mehr als eine Milliarde US-Dollar erbeutet.
Steinmeier will während seines Besuchs in Bagdad auch mit der irakischen Führung sprechen, unter anderen mit dem designierten Ministerpräsidenten Haider al-Abadi. "Wir müssen befürchten, dass auch die letzten Stabilitätsanker hier im Irak fallen könnten", sagte der SPD-Politiker. Den Verzicht des bisherigen Regierungschefs Nuri al-Maliki auf eine dritte Amtzeit nannte er "einen kleinen Lichtblick". Nach Wochen des Stillstandes komme endlich der Prozess einer Regierungsbildung in Gang.
UN sanktionieren Terror-Unterstützer
Mit dem designierten Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi "ist große Hoffnung verknüpft, dass er derjenige ist, der die unterschiedlichen Regionen und Religionen in einer gemeinsamen Regierung verkörpert". Nur so könne der Terrormiliz Islamischer Staat die Unterstützung der vielen Unzufriedenen in dem Land entzogen werden, sagte Steinmeier.
Al-Maliki hatte sich am Donnerstag zugunsten Al-Abadis zum Rückzug bereit erklärt und damit die politische Blockade in dem Land gelöst. Die Terrormiliz IS nutzte das Machtvakuum in Bagdad für ihren Vormarsch, trieb Zehntausende in die Flucht und machte so internationale Hilfseinsätze nötig. Al-Maliki wurde als Hemmnis für eine Aussöhnung der Volksgruppen gesehen. Insbesondere die sunnitische Minderheit war unter seiner Führung lange systematisch benachteiligt worden. Al-Abadi hat eine Politik der nationalen Einheit angekündigt.
Der UN-Sicherheitsrat beschloss derweil in New York Sanktionen gegen sechs Unterstützer islamistischer Terrorgruppen im Irak und im Nahen Osten. Damit sollen deren Geldströme unterbrochen werden. Zudem werden alle 193 UN-Staaten verpflichtet, die Finanzierung und Rekrutierung für Terrorgruppen zu unterbinden.
Quelle: ntv.de, cro/dpa