Politik

Gedenken an Massaker in Babi Jar Gauck mahnt zu Mitgefühl mit Opfern

Menorah-Mahnmal von Babi Jar.

Menorah-Mahnmal von Babi Jar.

(Foto: REUTERS)

Vor 75 Jahren ermordeten SS-Kommandos gemeinsam mit ukrainischen Kollaborateuren in der Schlucht Babi Jar bei Kiew 33.771 Juden. Bei einer Gedenkveranstaltung wird der Opfer gedacht. Auch Bundespräsident Gauck ist zugegen.

Erinnerung an eines der schlimmsten NS-Massaker im Zweiten Weltkrieg: Die Ukraine hat der ermordeten Juden in der Schlucht Babi Jar bei Kiew gedacht. "Der Holocaust ist die tragischste Seite der Geschichte des jüdischen Volks", sagte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko. Am Abend fand dann die offizielle Gedenkveranstaltung statt, an der auch Bundespräsident Joachim Gauck teilnahm.

Petro Poroschenko trauert um die vielen ermordeten Juden.

Petro Poroschenko trauert um die vielen ermordeten Juden.

(Foto: REUTERS)

Vor 75 Jahren, am 29. und 30. September 1941, ermordeten SS-Kommandos zusammen mit ukrainischen Kollaborateuren in der Schlucht bei Kiew 33.771 Kinder, Frauen und Männer. Wenige Wochen zuvor hatte die deutsche Wehrmacht die Sowjetunion angegriffen.

Es wurde eine Vereinbarung zum Bau eines Ortes der Erinnerung an das Massaker unterzeichnet. "Zusammen bauen wir eine Ukraine, in der Antisemitismus keinen Platz hat", sagte Poroschenko im Beisein des Großrabbiners von Kiew und der Ukraine, Jaakov Dov Bleich. Die Organisatoren des Erinnerungsortes, zu denen auch der ehemalige Boxweltmeister und heutige Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, gehört, streben die Eröffnung des Zentrums für 2021 an, dem 80. Jahrestag des Massakers.

Klitschko sagte dem Magazin "Focus": "Das Massaker war eine Tragödie globalen Ausmaßes." Viele Ukrainer wüssten jedoch nichts von den Ereignissen dort vor 75 Jahren, weil die "sowjetische Propaganda" diese "viele Jahre totgeschwiegen" habe.

"Tiefste Abgründe der Unmenschlichkeit"

Ein 1976 errichtetes Mahnmal in Babi Jar erinnert an die Kriegsopfer, erwähnt aber die ermordeten Juden mit keinem Wort. Erst 1991, wenige Monate nach dem Ende der Sowjetunion, ließ die jüdische Gemeinde in der Nähe ein Mahnmal in der Form einer Menora, des siebenarmigen Leuchters, aufstellen.

Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, erklärte, Babi Jar stehe "für die tiefsten Abgründe der Unmenschlichkeit". Es sei wie Auschwitz ein "Inbegriff des Schreckens".

75 Jahre nach dem Massenmord und 25 Jahre nach der ukrainischen Unabhängigkeit fand die Gedenkzeremonie, an der neben Poroschenko und Gauck auch EU-Ratspräsident Donald Tusk und eine Delegation des Jüdischen Weltkongresses aus New York teilnahmen, in krisenhaften Zeiten für die Ukraine statt. Im Osten des Landes kämpfen seit 2014 prorussische Separatisten gegen ukrainische Regierungstruppen; ein im Februar 2015 in Minsk geschlossenes Friedensabkommen ist bis heute nicht umgesetzt.

Gauck: Ukraine Teil der europäischen Wertegemeinschaft

Auf die heutige Ukraine nahm Gauck in seiner Rede zum Gedenken an die Opfer Bezug. "Sich der eigenen Geschichte zu stellen, den genauen Blick auf die Fakten zu wagen, eigener Schuld, eigenem Versagen nicht auszuweichen, ist ein generationsübergreifender Prozess", sagte er.

Diese Auseinandersetzung habe Deutschland geprägt, dieser Prozess sei auch heute nicht abgeschlossen. "Im Bewusstsein dessen wenden wir uns immer wieder Opfern zu, die hilflos dem Unrecht, der Not und Verfolgung ausgesetzt waren oder sind." Es sei ihm daher wichtig, "den Blick auch auf die heutige Ukraine zu richten".

Den Ukrainern stehe es auch künftig zu, "souveräne Nation in einem Staat" zu sein, "dessen territoriale Integrität zu achten ist", sagte Gauck weiter. Mit ihrem Einsatz für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hätten die Ukrainer sich "als Teil unserer europäischen Wertegemeinschaft" gezeigt. Die Europäer hätten "viel über die Ukraine als Nation und dabei manches über unsere eigene Rolle und Verantwortung erfahren", sagte Gauck.

Quelle: ntv.de, wne/AFP

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