Politik

Dauert es noch länger? Jamaika-Akteure ringen um Lösungen

Den Spitzen der Jamaika-Parteien steht offenbar eine lange Nacht bevor.

Den Spitzen der Jamaika-Parteien steht offenbar eine lange Nacht bevor.

(Foto: dpa)

Zeitdruck kann nützlich sein. Bei der Koalitionssondierung nähern sich CDU, CSU, FDP und Grüne an. Aber kommt es wirklich zu einer Einigung? Möglicherweise ist die aktuelle Verhandlungsrunde doch noch nicht die letzte im Ringen um Jamaika.

Trotz viel Zuversicht ist die entscheidende Runde der Jamaika-Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen ins Stocken geraten. Die größten Schwierigkeiten bestanden beim Klimaschutz, beim Familiennachzug von Flüchtlingen und bei den Finanzen. Nach Informationen aus Teilnehmerkreisen haben die Verhandlungsführer um CDU-Chefin Angela Merkel lange mit dem geschäftsführenden Finanzminister Peter Altmaier über die Finanzierung verschiedener Projekte beraten.

Im Anschluss an die Beratungen mit Altmaier wurden die Sondierungen unterbrochen. Die verschiedenen Seiten kamen wieder zu getrennten Beratungen zusammen. Die große Runde der mehr als 50 Unterhändler hatte bis zum späten Abend noch gar nicht getagt. Die Mitglieder hielten sich bereit, um über mögliche Vorschläge der Verhandlungsspitzen zu entscheiden.

Aus anderen Teilnehmerkreisen hieß es am Abend, noch habe sich bei den Gesprächen nichts Entscheidendes bewegt. Teile der Unterhändler setzten demnach offensichtlich auf eine Nervenprobe. Vieles hänge am Flüchtlingsthema und dabei besonders an der Unionsforderung, den bis März 2018 befristeten Stopp des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus zu verlängern. Die Grünen wollen die Regelung auslaufen lassen und den Nachzug wieder ermöglichen.

Kubicki bringt Verhandlungsverlängerung ins Gespräch

Dies nährte erneut die Befürchtung, dass die Sondierungen doch noch in einer Verlängerung müssten. Angesichts der offenen Fragen brachte FDP-Vize Wolfgang Kubicki eine Verlängerung ins Gespräch. Dem "Spiegel" sagte er, es müssten Formelkompromisse vermieden werden, die später für Streit in einer gemeinsamen Regierung sorgen könnten.

Trotz aller Gegensätze kamen die Unterhändler bei einigen Themen voran etwa beim Kindergeld und beim Solidaritätszuschlag. Im Streit um Kohlekraftwerke und Klimaschutz hatte Merkel den Grünen ein Kompromissangebot gemacht. Nach Angaben aus Verhandlungskreisen bot sie eine Reduzierung der Kohlestromproduktion um sieben Gigawatt an. Union und FDP hatten drei bis maximal fünf Gigawatt zugestehen wollen, die Grünen wollten acht bis zehn Gigawatt. Dem Vernehmen nach sollte es dabei um Strom aus Braunkohle gehen. Die Produktion sollte im Einvernehmen mit den Kraftwerksbetreibern reduziert werden.

61 Seiten starker Einigungsentwurf

Am Vormittag hatten die Unterhändler noch einen freundlicheren Ton angeschlagen als an den Tagen zuvor. Merkel bekräftigte: "Ich glaube, es kann gelingen." Es gebe zwar noch "gravierende Unterschiede" zwischen den Parteien, eine Einigung sei aber möglich. Aber die Kanzlerin betonte auch, aus einem Erfolg der Jamaika-Verhandlungen könne "etwas sehr Wichtiges für unser Land in einer Zeit großer Polarisierung entstehen". Sie forderte alle Beteiligten auf, jetzt die entscheidenden Kompromisse zu machen.

Die Verhandlungsgruppen gingen am Abend mit einem 61 Seiten starken Einigungsentwurf in die Gespräche. In der Präambel des Papiers heißt es: "Uns eint die Verantwortung für die Menschen und die Zukunft unseres Landes." Das Wahlergebnis habe die vier Parteien vor die Aufgabe gestellt, eine handlungsfähige und erfolgreiche Bundesregierung zu bilden. "Wir wollen aus unterschiedlichen Auffassungen neue und überzeugende Antworten gewinnen."

Soli soll schrittweise abgebaut werden

Bei dem für den finanziellen Spielraum der künftigen Regierung mitentscheidenden, umstrittenen Abbau des Solidaritätszuschlags rückte ein Kompromiss näher, wie aus den Verhandlungsunterlagen hervorgeht. Konkret heißt es darin: "Der Solidaritätszuschlag wird schrittweise abgebaut." Allerdings waren die Details der vorgesehenen drei Etappen weiter umstritten.

Die Grünen unterstrichen vor den finalen Gesprächen, es müsse vor allem vorangehen bei der Rettung des Klimas, für eine menschliche und geordnete Asylpolitik, für mehr Gerechtigkeit und ein gemeinsames Europa. "Wir wollen dafür sorgen, dass alle gemeinsam darüber nachdenken, was ist das Beste für unser Land", sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Grünen-Bundestagsvize Claudia Roth meinte aber auch, ihre Partei werde "mit aller Kraft" auf dem Familiennachzug auch für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus bestehen.

Schwierige Verhandlungen wurden auch deshalb erwartet, weil die Wünsche der vier potenziellen Partner deutlich mehr kosten, als Geld in der Kasse ist. Die Unterhändler von CDU, CSU, FDP und Grünen gehen bisher von einem Finanzspielraum für die kommenden vier Jahre von 35 bis 40 Milliarden Euro aus. Je nach Rechnung ist auch von 45 Milliarden Euro die Rede. Die komplette Abschaffung des Soli, wie ihn die FDP forderte, würden den Bund rund 20 Milliarden Euro pro Jahr kosten.

Quelle: ntv.de, wne/cri/dpa

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