Und, wie war Ihre Woche so? Laschets Fröhlichkeit, Baerbocks Fußnoten
03.07.2021, 08:09 Uhr
Drei Kandidaten, drei unterschiedlichen Ausgangslagen. Gewählt wird am 26. September.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Fröhlichkeit im Wahlkampf ist derzeit einseitig verteilt: Während Armin Laschet bei Bier und Würstchen feiert, wird Annalena Baerbock bei "Brigitte" gegrillt. Olaf Scholz setzt derweil auf "Sie kennen mich".
Fröhlich und ausgeschlafen an die Macht
Von Christian Wilp
"Mit Söder wäre die Post ganz anders abgegangen", sagen Leute aus der CSU. Die Frage ist, ob Laschets Schlafwagenwahlkampf wirklich zum Schaden der Union beiträgt. Oder ob sie davon nicht sogar profitiert? Laschets Taktik, ein Wohlfühlprogramm zu präsentieren und danach weitgehend abzutauchen, scheint jedenfalls zu funktionieren. Jüngste Umfragen sehen die Union mit Abstand an der Spitze.
Bislang kann sich der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen auf Schnitzer Annalena Baerbocks verlassen. Mit Attacken hält sich Laschet, ganz alte Merkel-Schule, zurück, zumal er der Kanzlerkandidatin der Grünen nach deren Kür einen fairen und sogar fröhlichen Wahlkampf versprochen hatte. Die Fröhlichkeit ist momentan einseitig verteilt, aber vielleicht sieht man sich bald wieder - gemeinsam in der nächsten Koalition.
Dabei heißt Laschets Wunschpartner Christian Lindner. Das vierjährige Bestehen des schwarz-gelben Koalitionsvertrages in NRW begingen die beiden mit Bier und Würstchen in Düsseldorf am Rhein. Ein Bündnis aus Union und FDP könne er sich, so Laschet, auch im Bund "sehr gut vorstellen".
Die CSU kann sich inzwischen vorstellen, nicht nur ihren Ministerpräsidenten Markus Söder zu plakatieren, sondern auch "den Armin". Nach einer "Phase des Sortierens" (CSU-Kreise) will man das Herzschmerzfinale bei der Kandidatenauswahl abhaken und den Blick nach vorn richten. Gibt's auch gemeinsame Auftritte von Söder und Laschet? "Wir wollen es nicht übertreiben", heißt es aus Bayern.
Baerbock spricht mit Fußnote
Von Clara Suchy
Im legendären "Brigitte Live"-Format zeigte die grüne Kanzlerkandidatin in dieser Woche eine Seite von sich, die Politikerinnen und Politiker der Öffentlichkeit sonst lieber vorenthalten - eine private. Auf die Frage, wer ihr wichtigster Gesprächspartner sei, antwortet sie: "Spontan mein Mann." Vor allem während der Corona-Zeit hätten sich Ehepartner ja wieder häufiger gesehen, fügt sie hinzu. "Das war nicht für alle zum Besten", witzelt eine der Moderatorinnen. "Das stimmt, die Geburtenraten und die Scheidungsraten sind, glaube ich, hochgegangen", lacht Baerbock.
In dem einstündigen Gespräch war es natürlich auch um die Plagiatsvorwürfe gegen die 40-Jährige gegangen, die Baerbock zurückweist. Sie habe "kein Sachbuch oder so geschrieben", sagt sie, "sondern das, was ich mit diesem Land machen will". Offiziell sind die Grünen in dieser Frage im Kampfmodus - ein Parteisprecher hatte die Vorwürfe den "Versuch von Rufmord" genannt. Ganz so offensiv wirkt Baerbock auf der Bühne der Astor Film Lounge nicht. Ihrer Bemerkung über Geburten und Scheidungen schiebt sie eine Fußnote hinterher: "Aber ich weiß es nicht - nicht, dass ich jetzt was Falsches sage." Offenbar ist sie doch etwas verunsichert.
Nur nebenbei: Baerbock hatte recht, zumindest zur Hälfte. Die Scheidungsrate ist während der Corona-Krise tatsächlich gestiegen, die Geburtenrate jedoch nicht. Ihre verbale Fußnote hatte also ihre Berechtigung - sonst hätte Baerbock wahrscheinlich jetzt schon den nächsten Shitstorm am Hals.
Scholz setzt auf "Sie kennen mich"
Von Heike Boese
Olaf Scholz ist nicht nur Kanzlerkandidat der SPD, er ist bis zur Amtsübergabe an eine*n Nachfolger*in auch und vor allem Bundesfinanzminister. Und als solcher in dieser Woche zu politischen Gesprächen nach Washington gereist. Dass er dabei von seiner amerikanischen Amtskollegin Janet Yellen empfangen wird, dürfte als selbstverständlich betrachtet werden. Aber der wahre Ritterschlag wäre ein noch so kurzer Termin bei Präsident Joe Biden oder wenigstens Vizepräsidentin Kamala Harris gewesen.
Dass es dazu nicht gekommen ist, sollte das Scholz-Lager nicht allzu sehr grämen. Ein solches Treffen würde in Deutschland als Sympathiebekundung für einen der Kandidaten bewertet werden und in den anderen Wahlkampfzentralen nicht gut ankommen. Daran hat das Weiße Haus kein Interesse. Und vermutlich auch keine Zeit, alle potenziellen Merkel-Nachfolger*innen zu empfangen, wenn sie denn den Weg über den großen Teich finden. Also lässt man es lieber ganz.
Für Olaf Scholz wäre das allenfalls die Kirsche auf der Sahnetorte gewesen, aber auch so ist diese Reise eine gute Gelegenheit, sich als Macher zu präsentieren, der im internationalen Geschäft mitspielt. Während eine andere Kandidatin ihre fehlende Erfahrung im Regieren als Vorteil und quasi Alleinstellungsmerkmal verkauft, signalisiert Scholz das genaue Gegenteil: Sie kennen mich und ich weiß, was ich tue. Zu Hause und in aller Welt.
Das ist die siebte Folge der Wahlkampf-Kolumne "Und, wie war Ihre Woche so?". Folge sechs lesen Sie hier.
Quelle: ntv.de