Rechtsextreme im EU-Parlament Le Pen hat nach wie vor keinen Bock auf die AfD


Die AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel - im EU-Parlament gründet die AfD jetzt die Fraktion "Europa Souveräner Nationen".
(Foto: picture alliance / dts-Agentur)
Die AfD muss draußen bleiben. Zuerst schmissen sie die Rechtspopulisten von Le Pens RN aus der ID-Fraktion im Europaparlament. Jetzt dürfen die Deutschen auch bei Le Pens neuer Fraktion "Patrioten für Europa" nicht mitmachen - und gründen ihre eigene Gruppierung.
Es ist ihre letzte Option, nachdem die anderen sie nicht mitspielen lassen wollen: Die AfD gründet im Europaparlament ihre eigene Fraktion. "Europa Souveräner Nationen" soll sie heißen und 28 Abgeordnete aus neun Ländern beheimaten - darunter 14 AfD-Politiker. Erst am Montag hatten sich andere Rechtsradikale zu der Fraktion "Patrioten für Europa" zusammengeschlossen, die mit 84 Abgeordneten aus 12 Ländern die drittgrößte Fraktion im EU-Parlament darstellt. Die AfD blieb dabei außen vor.
Initiator der "Patrioten" ist Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban. Mitglieder sind neben Orbans Fidesz etwa die österreichische FPÖ, Marine Le Pens Partei Rassemblement National (RN) und die an Italiens Regierung beteiligte Lega unter der Leitung von Matteo Salvini. Insbesondere der RN und die Lega sollen darauf gedrungen haben, die AfD nicht in die "Patrioten" aufzunehmen.
Ohne Teil einer Fraktion zu sein, hätte die AfD fraktionslos bleiben müssen. Dies hätte für die Partei weniger Geld, Posten und Sprechzeit im Parlament bedeutet. Noch bis Ende Mai dieses Jahres gehörte die AfD zur Fraktion "Identität und Demokratie". Sie wurde rausgeworfen, nachdem Maximilian Krah, ihr Spitzenkandidat für die Europawahl, die SS in einem Interview verharmlost hatte. Das war sogar den Rechtsextremen vom RN zu viel. Denn Le Pen, die Strippenzieherin des RN, fürchtete um das Image ihrer Partei. Le Pen bemühte sich während der Europawahlen, möglichst handzahm aufzutreten, um gemäßigte Wähler nicht zu vergrätzen. Nazi-Symbole hatte sie in ihrer Partei schon vor vielen Jahren verboten.
"Die AfD würde sicher bestens in diese Gruppierung passen"
Kurz nach Krahs Aussage erklärte der RN-Vorsitzende Jordan Bardella dann auch, für ihn habe das SS-Geschwurbel "rote Linien" überschritten. Der Ausschlussantrag für die AfD folgte prompt. Er soll von RN und Lega vorbereitet worden sein. Die AfD versuchte sich daraufhin in Schadensbegrenzung: Krah zog sich aus dem Parteivorstand zurück, ihm wurde ein Auftrittsverbot erteilt, nach der Europawahl schloss die AfD-Gruppe ihn sogar aus. Das alles half nichts. Le Pens Brandmauer gegen die AfD stand.
In den vergangenen Wochen wurde spekuliert, ob die AfD nach einer Art Schamfrist den "Patrioten für Europa" beitreten könnte. Der Partei selbst hat die Idee gefallen. "Die AfD würde sicher bestens in diese Gruppierung passen", hieß es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur noch Anfang Juli aus Kreisen des AfD-Bundesvorstandes. Ein Sprecher von AfD-Chefin Alice Weidel sagte ntv am Rande des Parteitags in Essen, die AfD könne "zu diesem Zeitpunkt noch nicht in eine gemeinsame Fraktion mit Fidesz gehen". Dennoch eröffne die neue Fraktion von Fidesz und FPÖ "für die AfD neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen Parteien".
Überschneidungspunkte zwischen Orban, Le Pen und den deutschen Rechtsradikalen gibt es genug: Sie hassen die EU, lehnen die militärische Unterstützung der Ukraine ab und pflegen gute Verbindungen nach Russland. Doch Le Pen hat der AfD erneut eine Abfuhr erteilt. Anders lässt sich die Gründung von "Europa Souveräner Nationen" nicht deuten - die Fraktion hat 56 Abgeordnete weniger als die "Patrioten für Europa" und somit kaum Macht.
Orban riss Brücken zur Bundesregierung größtenteils ab
Die AfD versucht jedoch, in der Öffentlichkeit andere Gründe anzuführen. AfD-Chefin Weidel sagte, die Partner in diesem Bündnis unterlägen "politischen und auch außenpolitischen und außenwirtschaftlichen Zwängen, auf die wir momentan Rücksicht nehmen müssen", ohne konkreter zu werden.
Die AfD-Spitze verbreitete laut dpa außerdem die Theorie, die deutsche Regierung halte Orban in seiner Rolle als ungarischer Regierungschef von einer Zusammenarbeit mit der AfD ab. Dies wiederum halten Beobachter für eine Verschwörungstheorie.
Orban hatte die Brücken zur Bundesregierung größtenteils abgerissen - spätestens durch seine "Friedensmission" in Kiew, Peking und Moskau, wo Orban dem ihm nahestehenden Präsidenten Wladimir Putin einen Überraschungsbesuch abstattete. Brisant war die Reise vor allem, weil Orban sie gleich zu Beginn seiner EU-Ratspräsidentschaft antrat. Da die "Friedensmission" nicht abgesprochen war, brachte Orban die anderen europäischen Regierungschefs gegen sich auf. Dass die Bundesregierung nun Druck auf Orban ausübt und ausüben könnte, obwohl sie kaum noch Verbindungen zu ihm hat, ist äußerst unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher ist: Die AfD zog bei den rechten Ränkespielen in der EU den Kürzeren, weil sie für den Geschmack von Le Pens Partei zu offen rechtsradikal ist.
Quelle: ntv.de