
CDU-Chef Friedrich Merz hält sich bei Markus Lanz nicht zurück.
(Foto: ZDF und Markus Hertrich)
Friedrich Merz gibt sich keine Mühe, zu verbergen, wen er als die Schuldigen der Silvester-Krawalle ausmacht: "Kleine Paschas" aus dem "arabischen Raum", die "in Deutschland eigentlich nichts zu suchen haben". Abgesehen davon, dass seine Aussagen rassistisch sind, sind sie auch noch falsch.
Nein, es überrascht nicht, wie abfällig sich Friedrich Merz bei Markus Lanz über Menschen mit Migrationshintergrund geäußert hat. Es ist typische Merz-Manier, sich über Bürger "aus dem arabischen Raum" zu echauffieren. Der Jargon ist längst in der Mitte der Gesellschaft, wo sich die CDU gerne sieht, angekommen. "Ich habe ja nichts gegen Ausländer, aber …" ist da nur eine von vielen gängigen Floskeln. Dass damit nicht Menschen aus Frankreich oder Parteifreunde gemeint sind - geschenkt. Die "kleinen Paschas"-Aussage setzt der öffentlich vorgetragenen Rassismus-Tirade dabei nur noch das i-Tüpfelchen auf: "Und dann wollen sie diese Kinder zur Ordnung rufen und die Folge ist, dass die Väter in den Schulen erscheinen und sich das verbitten, dass die Lehrerinnen die Söhne, die kleinen Paschas, mal etwas zurechtweisen."
Doch Merz' Auftritt bei Lanz hat noch andere Probleme: Zum einen waren einige der Aussagen faktisch falsch, zum anderen lenkt der Populismus vom eigentlichen Problem ab. Im Zusammenhang mit den Angriffen auf Beamte an Silvester spricht Merz wiederholt von Jugendlichen, von denen Zweidrittel keinen deutschen Pass haben. Merz' Aussagen beziehen sich jedoch auf erste Zahlen, nach denen 145 Personen mit 18 verschiedenen Nationalitäten festgenommen wurden. Diese galten für ganz Berlin, die Verantwortlichen für die Attacken auf Beamte hatte die Polizei später auf 38 Männer korrigiert, von denen zwei Drittel Deutsche waren.
Dazu wettert Merz wiederholt gegen Migranten aus dem "mehrheitlich arabischem Raum", die für Probleme sorgen. Richtig ist, dass zu der größten Gruppe der festgenommenen Migranten laut Polizei Afghanen und Syrer gehörten. "Afghanen sind schon mal keine Arabischstämmigen", stellt Soziologe Aladin El-Mafaalani bei Lanz daraufhin klar. Dazu gehörten neben Deutschen noch eine ganze Reihe anderer Nationalitäten zu den Festgenommenen. Dass in Sachsen ebenfalls Beamte von Männern angegriffen wurden, die Parolen wie "Sieg Heil" gerufen hatten, lässt Merz unerwähnt.
Integrations-Politik geht anders
Das entlarvt auch gleich das zweite Problem der umstrittenen Aussagen des CDU-Chefs. Nicht die Nationalität ist der gemeinsame Nenner der Täter am Silvesterabend, sondern junge Männer aus einem weniger privilegierten Umfeld. Eine schwere Kindheit als Ausrede lasse er nicht gelten, sagt Merz. Stattdessen behauptet er, dass jeder in Deutschland eine Chance habe, die "selten so gut waren, wie gegenwärtig". Dass alle Kinder in die Deutschland die gleichen Chancen haben, ist jedoch eine Illusion. Schülerinnen und Schüler aus bildungsfernen und armen Verhältnissen haben erwiesenermaßen einen Nachteil gegenüber Kindern aus wohlhabenden Familien. Das belegen Studien seit Jahren. Der Migrationshintergrund spielt dabei ebenfalls eine Rolle. Schon wer mit nicht-deutschem Namen eine Wohnung oder einen Job sucht, hat es schwerer und wird diskriminiert.
Niemand beweist das besser, als die CDU selbst: In einem Fragenkatalog zur Silvesternacht an Berlins Regierung erkundigte sich die Berliner Christdemokraten nach den Vornamen der Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit. Das Signal: wer "Mohammed" mit Vornamen heißt, ist auch mit deutschem Pass kein "echter Deutscher". Bei Lanz darauf angesprochen, erwidert Merz, er habe die Anfrage nicht gestellt. Doch eine Partei, die nach Vornamen entscheiden will, wer Deutscher ist und wer nicht, macht das Gegenteil von erfolgreicher Integrations-Politik: Sie stigmatisiert und schürt Vorurteile gegen alle Menschen mit Migrationshintergrund. Integration muss eben von beiden Seiten gewollt und gefördert werden.
Stattdessen deutet Merz an, mit Abschiebung gegen die Täter vorgehen zu wollen. Es seien "Menschen, die in Deutschland nichts zu suchen haben". Dabei spricht er nicht nur von Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan, sondern auch über Festgenommene mit deutschem Pass. Eine ernsthafte Lösung bietet Merz damit nicht. Deutsche abschieben zu wollen, ist albern, und nach Syrien und Afghanistan schiebt Deutschland bekanntermaßen auch nicht ab. Stattdessen spielen solche Aussagen der AfD in die Hände, die sich seit Jahren bemühen, gegen Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund zu hetzen.
Quelle: ntv.de