Politik

Plan B im Irak und in Syrien Obama muss sein Versprechen brechen

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Barack Obama will gerade vor den bevorstehenden Kongresswahlen Stärke zeigen.

(Foto: REUTERS)

Die USA werden den Islamischen Staat nicht auslöschen, obwohl der Präsident das versprochen hat. Er wird bald eine neue Strategie finden müssen, dem Terrorstaat zu begegnen.

"Wer Amerika bedroht, wird keinen sicheren Hafen finden", hatte der US-Präsident Anfang September der Terrormiliz Islamischer Staat entgegen geschleudert. Natürlich werde es Zeit brauchen, den IS "auszulöschen". Aber mit Luftschlägen und der Unterstützung von "verbündeten Kämpfern am Boden" könnten die Terroristen außer Gefecht gesetzt werden, wo immer sie existierten.

Das war Obamas Kriegserklärung an den Terrorstaat, der sich im Norden Syriens und des Iraks ausgebreitet hat. Es war außerdem ein doppeltes Versprechen: Erstens werden wir die Islamisten besiegen und zweitens muss dazu kein amerikanischer Soldat am Boden kämpfen. Fünf Wochen nach Beginn der Bombardements wird aber immer deutlicher, wie unrealistisch dieses Versprechen ist. Denn der IS hat zwar hohe Verluste rund um Kobane und die USA zerstören mit ihren Verbündeten nach und nach die Ölquellen, durch die sich die Terroristen finanzieren. Doch noch immer verliert die reguläre irakische Armee an Boden. Von einer Befreiung der besetzten Städte kann bisher keine Rede sein.

In Syrien fehlt es zur gleichen Zeit an Streitkräften, die Städte erobern und halten könnten. Die Hoffnungen lagen lange auf der Freien Syrischen Armee (FSA). Doch der Name führt in die Irre: Eine Armee gibt es nicht. Was es gibt, ist eine Reihe von Milizen, von denen einige im Süden des Landes rund um Damaskus gegen die Regierung kämpfen und andere im Norden einige Städte kontrollieren, von denen praktisch nur Aleppo eine wichtige Rolle spielt. "Der Begriff 'Freie Syrische Armee' bezieht sich nicht auf organisierte Kommando- und Kontrollstrukturen mit nationaler Reichweite" heißt es in einer Studie des US-Kongresses.

Kooperation mit "Terrororganisation"

Zudem ist nicht sicher, welche Absichten die einzelnen Milizen überhaupt haben. Einige von ihnen seien säkular, heißt es in der Studie. Andere seien sunnitische Islamisten, die aber im Gegensatz zum IS dazu bereit sind, mit säkularen Gruppen zusammenzuarbeiten. Die Übergänge von pro-westlichen Kämpfern zu Dschihadisten sind fließend. Einige Milizen kämpften zuerst für die FSA, dann für den IS oder die Al-Nusra-Front, die im Nordwesten Syriens mehrere Städte unter ihrer Kontrolle hat und als Al-Kaida-Verbündeter ein Todfeind der USA ist.

Ähnlich verworren ist die Situation bei den Kurden. Es gibt unter ihnen sehr friedfertige, die sich schlicht gegen die Islamisten verteidigen. Andere gelten im Westen als Terroristen, weil sie seit Jahrzehnten für einen eigenen Staat kämpfen und dabei zum Beispiel das Nato-Land Türkei angreifen. Das gilt für die türkische Partei PKK, deren Schwesterorganisation YPG gerade den Grenzort Kobane gegen den IS verteidigt – und dabei von den USA durch Luftschläge unterstützt wird. Zwar tauschen die YPG und die USA mittlerweile Informationen aus, doch viel mehr Kooperation ist kaum denkbar, solange die Gruppe weiterhin als Terrororganisation eingestuft wird.

Im Irak könnte es langfristig gelingen, die Regierungsarmee so weit auszurüsten, dass sie den Norden des Landes zurückerobern kann. In Syrien gibt es diese Option praktisch nicht. Die "verbündeten Kämpfer am Boden", von denen Obama sprach, sind eine Illusion.

Containment mit China und Russland?

Wenn Obama also sein Versprechen halten will, keine Amerikaner in Bodengefechte zu schicken, muss er das andere Versprechen brechen, den Islamischen Staat auszulöschen. Bis nach den US-Kongresswahlen am 4. November könnte er sich Zeit lassen, um keine Schwäche zu zeigen. Doch dann könnte er auf eine "Containment"-Strategie umschwenken, wie es auf Englisch heißt, also den Schaden eingrenzen.

Der US-Journalist Fareed Zakaria schreibt in seinem Blog bei der "Washington Post", was das bedeuten würde: Die Nachbarstaaten des IS, die gewillt sind, sich militärisch und politisch gegen die Terroristen zu stellen, müssten gestärkt werden. Kämpfer des IS müssten davon abgehalten werden, im Westen Anschläge zu begehen, indem man sie an Grenzüberquerungen hindert und ihre Konten einfriert. Und man müsste weiterhin einige Ziele des IS aus der Luft bombardieren.

Helfen könnte beim "Containment", wenn es dafür eine noch breitere Allianz gäbe – zum Beispiel durch einen Beschluss des UN-Sicherheitsrates. Der "Spiegel" weist darauf hin, dass die Chancen für ein Mandat höher sein könnten, als allgemein angenommen wird. Als Hindernis gelten China und Russland. Ein Grund dafür ist, dass der syrische Machthaber Baschar al-Assad mit Moskau verbündet ist. Doch die USA haben es geschafft, in den Krieg einzugreifen, ohne auf Konfrontation mit Assad zu gehen. China und Russland haben außerdem auch in ihren eigenen Ländern Probleme mit Islamisten. Der IS könnte für diese Kämpfer Drehkreuz und Rückzugsraum sein. Das wäre ein guter Grund für Peking und Moskau, eine UN-Resolution zumindest nicht zu blockieren.

Quelle: ntv.de

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