
Bei russischen Angriffen in der Ukraine wurden zahlreiche Schulen zerstört.
(Foto: REUTERS)
Um seinen Einfluss auf die Bevölkerung der besetzten Gebiete zu vergrößern, rekrutiert der Kreml Lehrer in Russland und schickt sie in die Ukraine. Die Pädagogen werden mit hohen Gehältern gelockt. Doch sicher ist der Job nicht: Kiew sieht darin "ein Verbrechen gegen den Staat" und verhängt hohe Haftstrafen.
In den befreiten Gebieten der Ukraine sind nach Angaben der Regierung in Kiew Lehrer aus Russland festgenommen worden, die in den örtlichen Schulen russische Lehrpläne unterrichtet haben. Ihnen drohen lange Haftstrafen. "Sie haben ein Verbrechen gegen unseren Staat begangen", erklärte die Vize-Ministerpräsidentin des Landes, Iryna Wereschtschuk, der Online-Zeitung "Strana.ua". Wie viele Lehrer festgenommen wurden, sagte die Politikerin nicht.
"Wir haben russische Bürger, die sich bereit erklärten, in die Ukraine zu kommen, um hier gesetzlich verbotenen Tätigkeiten nachzugehen, wiederholt gewarnt", fuhr Wereschtschuk fort. Sie würden nun nach Artikel 438 des Strafgesetzbuchs der Ukraine - Verletzung der Gesetze und Gebräuche des Krieges - verurteilt, erklärte die Regierungsvertreterin. Dieser Artikel sieht eine Haftstrafe von bis zu zwölf Jahren vor.
Außerdem betonte Wereschtschuk, die russischen Lehrer kämen nicht als Gefangene für einen Austausch in Frage, da sie nicht als direkte Teilnehmer der Kampfhandlungen betrachtet würden. "Die Genfer Konventionen sehen keinen Austausch von Nicht-Kriegsgefangenen vor", sagte sie.
Russland dementiert die Festnahmen
Auch ukrainischen Lehrern, die in den besetzten Gebieten russische Lehrpläne unterrichten, drohen harte Strafen von ebenfalls bis zu zwölf Jahren. Angeklagt werden sie wegen Kollaboration. Wereschtschuk forderte die Lehrer dort auf, nicht mit dem russischen Militär zu kooperieren.
Am Samstag hatte der ukrainische Fernsehsender "24 Kanal" berichtet, in den befreiten Gebieten in der Region Charkiw seien mehrere russische Lehrer festgenommen worden. Im Beitrag hieß es, das russische Militär habe die Lehrer, die vor kurzem erst aus Russland gebracht worden waren, bei ihrem Rückzug einfach zurückgelassen. Auch ein Abgeordneter des ukrainischen Parlaments, Oleksiy Honcharenko, berichtete am vergangenen Wochenende in seinem Telegram-Kanal von Festnahmen russischer Lehrkräfte in der Stadt Kupjansk in der Region Charkiw, die zuvor von den ukrainischen Streitkräften zurückerobert wurde. Er nannte keine weiteren Einzelheiten.
Das russische Bildungsministerium bezeichnete die Berichte über die Festnahmen von Lehrern in der Region Charkiw als "provokativ" und "unwahr". Alle russischen Lehrer in der Ukraine würden "unter Schutz" stehen, zitierte die kremltreue Nachrichtenagentur "Interfax" die Behörde. Nach Angaben des Ministeriums befinden sich alle russischen Lehrer derzeit in Gebieten, die vom russischen Militär kontrolliert werden.
Russland lockt mit bis zu 257 Euro pro Tag
Bei einem Besuch in Kaliningrad zum landesweiten Schulbeginn hatte der russische Präsident Wladimir Putin Anfang September betont, dass Schulen sowohl in Russland als auch in den besetzten Gebieten der Ukraine künftig Geschichte nach Kremlauffassung unterrichten sollen. In seiner "Unterrichtsstunde" für ausgewählte Schüler bekräftigte Putin unter anderem seine Behauptung, Russland sei gezwungen gewesen, in die Ukraine einzumarschieren, um die russischsprachige Bevölkerung im östlichen Teil des Landes zu verteidigen.
Russische Medien berichten immer wieder davon, dass Pädagogen aus Russland aufgerufen werden, auf "Dienstreise" in die besetzten Gebiete der Ukraine zu gehen. Die Lehrer werden demnach mit hohen Gehältern gelockt. So ist in einem Bericht des Nachrichtenportals "Ura.ru" von einem Tageslohn von insgesamt 8.480 Rubeln (umgerechnet ca. 140 Euro) die Rede. Das Medium beruft sich nach eigenen Angaben auf einen Aufruf des Bildungsministeriums, der in den Schulen der sibirischen Stadt Kurgan verteilt worden sein soll. Außerdem würden Unterkunftskosten in Höhe von bis zu 7.210 Rubeln pro Tag (circa 117 Euro) übernommen, heißt es im Artikel. Zum Vergleich: Nach offiziellen Angaben verdient man in Russland als Lehrer im Schnitt rund 46.000 Rubel (750 Euro) - pro Monat.
Quelle: ntv.de