Nicht nur Kontrollen schwierig Verband tritt bei 3G im ÖPNV auf die Bremse
15.11.2021, 13:11 Uhr
Gibt es in der Bahn bald neben der Ticket- auch eine 3G-Kontrolle?
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Die Ampel-Parteien wollen beim Infektionsschutzgesetz nachschärfen, unter anderem mit 3G-Regeln in Bussen und Zügen. Ein Verband mahnt schon jetzt: Gerade im öffentlichen Nahverkehr sei das nicht so leicht umsetzbar. Das Problem sei die Beförderungspflicht. Zudem ist unklar, wer das kontrollieren soll.
Die Betreiber von Bussen und Bahnen halten eine schnelle Einführung der 3G-Regel (geimpft, genesen oder getestet) für kaum möglich. Im öffentlichen Nahverkehr bestehe eine Beförderungspflicht, die nur unter ganz bestimmten Kriterien ausgesetzt werden dürfe, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Oliver Wolff.
Eine Kontrolle von täglich Millionen Passagieren sei zudem unrealistisch. "Gerade im Nahverkehr mit häufigem Fahrgastwechsel und Haltestellen in kurzen Abstände ist dies, wenn überhaupt, nur stichprobenartig umsetzbar." Der VDV vertritt die Unternehmen der Nahverkehrsbranche, einschließlich DB Regio.
3G müsste nach Experten-Angaben aus der Verkehrsbranche über die Beförderungsbedingungen der einzelnen Verkehrsunternehmen umgesetzt werden. Diese wurden schon im Zuge der Pandemie so angepasst, dass sie nun Bezug auf die Corona-Schutzverordnungen in den jeweiligen Bundesländern nehmen. Das würde aber bedeuten, dass alle Verordnungen geändert werden müssten. Dass dies noch in diesem Jahr flächendeckend umgesetzt werden kann, gilt als wenig wahrscheinlich.
Merkel begrüßt Maßnahme, Scheuer ist skeptisch
Die Lage im Fernverkehr (IC, ICE) der Deutschen Bahn oder auch von Flixtrain liegt etwas anders. Hier ist die - gleichlautende - Beförderungspflicht im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) verankert. Dies ist ein Bundesgesetz und müsste entsprechend angepasst werden.
Auch die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die geplante 3G-Regel im Nah- und Fernverkehr im Grundsatz begrüßt. Das machte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin deutlich. An der Grundhaltung der Kanzlerin, dass diese Regel im Nah- und Fernverkehr wünschenswert wäre, habe sich nichts geändert, sagte er. Dagegen zeigte sich der geschäftsführende Verkehrsminister Andreas Scheuer skeptisch. Er verwies in der "Bild"-Zeitung darauf, dass eine regierungsinterne Prüfung bereits ergeben habe, dass eine 3G-Regel in Fernverkehrszügen und im öffentlichen Nahverkehr nicht praktikabel und unverhältnismäßig sei - vor allem auch die Frage der Kontrolle.
In der weiteren Pandemiebekämpfung hatten sich SPD, Grüne und FPD darauf geeinigt, beim Infektionsschutzgesetz nachzulegen. Darunter ist auch eine 3G-Regel in Bussen und Bahnen vorgesehen. Sie soll ebenso wie die Maskenpflicht bundesweit für den "öffentlichen Personennah- oder Fernverkehr einschließlich Schülerbeförderung und Taxen" gelten, wie es in einer Vereinbarung der Ampel-Parteien heißt, die ntv vorliegt. Damit müssen sich Ungeimpfte künftig testen lassen, bevor sie ein öffentliches Verkehrsmittel besteigen.
Anfang Oktober hatte die Bundesregierung einer 3G-Regel in Bussen und Bahnen sowie Fernzügen noch eine Absage erteilt. Das Verkehrsministerium hatte erklärt, nach regierungsinterner Prüfung sei übereinstimmend festgestellt worden, dass eine solche Auflage "weder rechtlich möglich noch praktikabel" sei. Seibert sagte nun, die "Dringlichkeit der Lage" habe sich geändert.
Unklar, wer 3G kontrollieren soll
Bei der Deutschen Bahn zeigt sich Unterstützung für die geplante Einführung der 3G-Regel im öffentlichen Nah- und Fernverkehr. Die Bahn werde alles unternehmen, um in der sich zunehmend zuspitzenden Corona-Lage bei der Eindämmung der Pandemie konstruktiv mitzuwirken, hieß es am Montag aus Unternehmenskreisen.
Die deutschen Polizeibehörden haben unterdessen schon angekündigt, dass sie sich nicht an den Nachweiskontrollen über den Corona-Status beteiligen wollen. "Wir sind keine Gesundheitspolizei", sagte der Vorsitzende des Bezirks Bundespolizei der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). "3G in Bus und Bahn müssen die DB und die anderen Verkehrsunternehmen mit ihren eigenen Sicherheitsdiensten und Zugbegleitern kontrollieren."
Auch der Vorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft in der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Heiko Teggatz, sieht keine Verantwortung für entsprechende Unterstützungsmaßnahmen. "Eine Kontrolle der Einhaltung der Beförderungsbedingungen ist definitiv keine polizeiliche Aufgabe, sondern Aufgabe des Unternehmens DB AG", teilte er dem RND mit. "Die Bundespolizei kontrolliert ja auch keine Fahrkarten, sondern wird erst ins Spiel gebracht, wenn jemand keine Fahrkarte hat. Entweder zur Personalienfeststellung oder zur Anzeigenaufnahme." Auch Rosskopf betonte: "Erst wenn sich ein Fahrgast weigert, trotz Aufforderung den Zug oder den Bus zu verlassen, sind wir zuständig und setzen das Hausrecht durch."
Das Bahnpersonal bestreitet diese Sicht und sieht die Kontrollaufgabe von 3G-Regeln im ÖPNV durchaus bei der Bundespolizei. "Es kann höchstens stichprobenartige Kontrollen von 3G während der Fahrt geben, diese muss die Bundespolizei durchführen", sagte der Vize-Vorsitzende der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Martin Burkert, dem RND. "Es ist nachvollziehbar, dass es in der sich verschärfenden Corona-Lage solche Maßnahmen gibt. Aber die Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter sind keine Hilfspolizisten." Schon jetzt stiegen die Übergriffe in den Zügen wegen der Maskenpflicht massiv an und würden immer aggressiver, so Burkert. "Das mag mit der wieder eingeführten FFP2-Pflicht in einigen Bundesländern zusammenhängen. Es gehört zu den Aufgaben der Bundespolizei, in den Zügen mitzufahren und für Sicherheit zu sorgen. Dass sie das nicht leisten kann, liegt daran, dass sie von Bundesinnenminister Seehofer kaputtgespart wurde."
Quelle: ntv.de, ses/rts/AFP/dpa