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Denkzettel bei Landtagswahlen Wer nicht hören will, muss fühlen

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Nancy Faeser war in der Doppelrolle als SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin im Lichte der Migrationsdebatte vollkommen überfordert.

Nancy Faeser war in der Doppelrolle als SPD-Spitzenkandidatin und Bundesinnenministerin im Lichte der Migrationsdebatte vollkommen überfordert.

(Foto: dpa)

Der gemeinsame Nenner der Landtagswahlen heißt: Wer glaubt, es besser zu wissen als die Wähler, kriegt bei Wahlen eins drüber.

Es gibt viele Politiker, die stimmen häufig und von Herzen ein in den Seufzer: "Der Wähler, das unbekannte, rätselhafte Wesen". Das ist allerdings in aller Regel eine faule Entschuldigung und geht an der Sache weit vorbei. Die beiden Landtagswahlen in Bayern und Hessen deuten wieder einmal auf das Gegenteil hin: Die Wähler reagieren berechenbar allergisch auf Besserwisserei und Ablenkungsmanöver. So einfach ist das und überhaupt nicht rätselhaft.

Die Bundesregierung hat über Monate das Problem der Zuwanderungs- und Flüchtlingszahlen besserwisserisch kleingeredet. Zwei "Flüchtlingsgipfel" wurden veranstaltet, um den Leuten vorzumachen, die Sache sei in Wahrheit gar nicht so groß und man habe sie im Griff. Nichts da. Erst als der Alarm aus Städten und Gemeinden beim besten Willen nicht mehr zu überhören war, rückte das Thema ins politische Zentrum, wo prompt hektische Betriebsamkeit ausbrach. Darüber haben sich zwischen 15 und 18 Prozent der Wähler in den beiden Bundesländern dermaßen geärgert, dass sie eine in weiten Teilen rechtsextreme Partei gewählt haben, die zur jeweiligen Landespolitik exakt gar nichts beizutragen hatte. Das muss eine amtierende Bundesregierung erst einmal hinkriegen. Wer nicht hören will, muss fühlen. In diesem Fall muss die Ampel-Regierung die AfD fühlen und wir leider alle mit.

Das gilt auch für die SPD-Spitzenkandidatin in Hessen, Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Sie und Teile der SPD-Führung wollten gegen jeden Rat nicht wahrhaben, dass die Migrationsprobleme Deutschlands eine ganze Innenministerin fordern und ein Landtagswahlkampf aus der Opposition heraus eine in Hessen ganze Spitzenkandidatin. Am Ende blieben es Stückwerk und Überforderung auf beiden Feldern. Auch das haben die Wähler durchschaut, sie sind bei Weitem nicht so blöd, wie smarte Wahlkampfmanager gern glauben. Blindheit kommt vor dem Fall.

FDP verschärfte Ton und Gangart immer wieder

Selbst die Kleinpartei FDP täuscht sich weiter in ihrer eigenen (potenziellen) Wählerschaft, dabei ist sie doch gar nicht so groß. Wenn Wahnsinn ist, immer wieder dasselbe zu tun, aber trotzdem ein anderes Ergebnis zu erwarten, dann muss man die FDP-Spitze um Parteichef Christian Lindner wahnsinnig nennen. Nach jeder Wahlpleite der letzten 18 Monate verschärfte die Partei Ton und Gangart in der Berliner Regierungskoalition – und musste daraufhin die nächste Klatsche einstecken, am gestrigen Sonntag sogar gleich zwei. Wird sie ein weiteres Mal erklären, nunmehr die eigene Position in der Ampel-Regierung viel deutlicher zur Geltung zu bringen? Wenn sie so weitermacht, werden bald keine Landtage mehr übrig sein, aus denen sie fliegen kann. Die FDP droht an der eigenen Besserwisserei zugrunde zu gehen.

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Die einzige strategische Frage, die die bayrischen und hessischen Landtagswähler ohne klare Antwort gelassen haben, ist diese: Wie siegt man als CDU am ehesten? Indem man die Grünen verteufelt wie Markus Söder, dem es immerhin ein Ergebnis halbwegs auf Niveau und mit sicherer Fortführung seiner Regierung eintrug. Oder indem man die Grünen umarmt wie Boris Rhein, der damit ein spektakuläres Ergebnis holte und sich den Partner nun aussuchen kann.

Kurzum: Asyl, Flüchtlinge und Zuwanderung waren ein beherrschendes Thema in Bayern wie in Hessen. Die AfD hat in beiden Ländern gewonnen, und die drei Ampel-Parteien haben durchweg verloren. Wer sich darauf nicht schnell einen Reim macht, sondern in seiner selbstgewissen Trägheit verharrt, der braucht sich über den Ausgang der nächsten Wahlen nicht zu wundern. Der Schaden, der entstanden und dessen Gradmesser die AfD nun einmal ist - er sollte groß genug sein, dass selbst ein Bundeskanzler daraus lernt, der von sich selber denkt, nun wirklich alles besser zu wissen.

Quelle: ntv.de

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